Sport
Fussball

Formt das Eishockey die besseren Macher? Das Meisterstück des GC-Präsidenten 

Stephan Anliker (r.) hat im Fall von Michael Skibbe (l.) und Vero Salatic wohl vieles richtig gemacht.
Stephan Anliker (r.) hat im Fall von Michael Skibbe (l.) und Vero Salatic wohl vieles richtig gemacht.Bild: Daniela Frutiger/freshfocus
Nach Salatic-Wechsel

Formt das Eishockey die besseren Macher? Das Meisterstück des GC-Präsidenten 

Ralph Krueger vollbringt in der wichtigsten Fussball-Liga der Welt Wunder und Stephan Anliker hat soeben zum ersten Mal aufblitzen lassen, dass er GC als Präsident doch führen kann. Beide kommen aus dem Eishockey. Das kann kein Zufall sein. 
11.02.2015, 06:5611.02.2015, 16:06
Folge mir
Mehr «Sport»

Der «Fall Salatic» ist das erste Meisterstück des GC-Präsidenten. Über Wochen hinweg hat Stephan Anliker beharrlich gearbeitet ein Problem gelöst, an dem die meisten Fussballmanager gescheitert wären. Er hat einen Spieler, der in seinem Unternehmen schon lange nicht mehr tragbar war, nicht einfach entlassen – er hat ihn verkauft. Darüber hinaus ist er auch noch einen Trainer kostenlos los geworden, den er bald hätte feuern müssen.

Nach dem ersten Konflikt mit Trainer Michael Skibbe weiss Stephan Anliker, dass Vero Salatic bei GC nicht mehr tragbar ist. Und er ahnt auch, dass sein Trainer in eine unhaltbare Situation geraten wird. Aber beide, der aufmüpfige Spieler und der Trainer, sind vertraglich langfristig an GC gebunden. Eine Trennung würde eine siebenstellige Summe kosten. 

Stephan Anliker weiss, wie man den kleinen Unterschied ausmachen kann.
Stephan Anliker weiss, wie man den kleinen Unterschied ausmachen kann.Bild: KEYSTONE

Constantin geschickt provoziert

Zuerst folgt die Suspendierung des Spielers um die Autorität des Trainers vorläufig zu retten. Aber dann hat Stephan Anliker im Alleingang (ja, es war ein Alleingang) den Trainer gezwungen, Vero Salatic wieder einzusetzen. Weil es nur so möglich ist, den Transferwert dieses Spielers zu erhalten. Die Untergrabung der Autorität des Trainers nimmt er bewusst in Kauf und die mediale Kritik aus der Medienhauptstadt Zürich ignoriert er cool. Es fällt einem GC-Präsidenten wahrscheinlich leichter, kühlen Kopf zu bewahren, wenn er seinen Lebensmittelpunkt nicht in Zürich sondern in Langenthal hat. 

Christian Constantin gab sich an der Sion-Gala als Napoleon, aber Anliker hat ihn ausgetrickst.
Christian Constantin gab sich an der Sion-Gala als Napoleon, aber Anliker hat ihn ausgetrickst.Bild: KEYSTONE

Die Rechnung ist aufgegangen. Trainer Michael Skibbe, dessen Entlassung unabdingbar gewesen wäre, ist unter Ausdruck höchsten Bedauerns für einen neuen Arbeitgeber in der Türkei aus dem laufenden Vertrag freigegeben worden – und dafür hat es auch noch Geld gegeben. Seinem Architekten-Kollegen Christian Constantin hat Stephan Anliker nun Vero Salatic verkauft. Der GC-Präsident hatte den Sion-Zampano mit einer Forderung von vier Millionen provoziert um am Ende, wie kalkuliert, rund eine Million zu bekommen. 

Kennst du schon die watson-App?

Über 100'000 Menschen nutzen bereits watson für die Hosentasche. Unsere App hat den «Best of Swiss Apps»-Award gewonnen und wird von Apple als «Beste Apps 2014» gelistet. Willst auch du mit watson auf frische Weise informiert sein? Hol dir jetzt die kostenlose App für iPhone/iPad und Android.

Wird der GC-Präsident in diesen Wochen gestürzt?

Wir wissen jetzt: GC-Präsident Stephan Anliker ist krisenfest. Wenn es ihm nun auch noch gelingt, den GC-Verwaltungsrat in nützlicher Frist mit «seinen» Männern auf fünf Mitglieder aufzustocken, dann ist seine Machtbasis gefestigt. Er steht in diesen Wochen in der kritischsten Phase seiner Präsidentschaft – entweder setzt er sich innerhalb des GC-Fuchsbaus durch und degradiert seine internen Kritiker als Maulhelden. Oder er wird gestürzt. 

Ralph Kruegers wundersamer Erfolg in Southampton – er hat als General Manager und Präsident das Ambri der Premier League zum Spitzenklub gemacht – und Stephan Anlikers Krisenmanagement provozieren die Frage: Sind die Männer des Eishockeys die besseren Krisenmanager? 

Ralph Krueger führt Southampton als Quereinsteiger an die Spitze der Premier League.
Ralph Krueger führt Southampton als Quereinsteiger an die Spitze der Premier League.Bild: Getty Images Europe

Hockey-Bosse sind weniger vom persönlichen Ego getrieben

Ja, mit ziemlicher Sicherheit. Eishockey ist als Spiel noch emotionaler als Fussball und die Auseinandersetzungen zwischen den Bossen rund um Spiel und Business sind in der «Hitze des Gefechtes» oft heftiger, aber ehrlicher und weniger gekünstelt als im Fussball. Hockey-Bosse sind weniger vom persönlichen Ego getrieben und geknechtet als Fussball-Generäle und halten sich viel mehr im Hintergrund. Das Eishockey kennt keinen Ancillo Canepa und keinen Christian Constantin. Auch keinen Marc Roger, Bulat Tschagajew oder Helios Jermini. Selbst Präsidenten, die bei ihrem Hockeyunternehmen die Aktien-Mehrheit haben (wie Walter Frey) und sich gebärden könnten wie Canepa und Constantin, halten sich vornehm zurück.

Die einzigen präsidialen Hockey-Selbstdarsteller in der Neuzeit sind Jeannot Martinet (er war in Fribourg in den 1990er Jahren sehr erfolgreich und steht heute noch in höchstem Ansehen), Langnaus BDP-Gründer Hans Grunder (2009 an der Ilfis zum Rücktritt gezwungen) und Ambris Filippo Lombardi (noch im Amt). Aber Grunder und Lombardi sind Politiker und als «animal politique» gilt für beide: «Ich stehe im Rampenlicht, also bin ich und werde gewählt.»

Selbst Sepp Blatter wurde im Eishockey «geformt»

Der ehemalige Eishockey-Nationalcoach und NHL-Cheftrainer Ralph Krueger und der langjährige Langenthal-Präsident Stephan Anliker sind neben Servette-Retter Hugh Quennec die wichtigsten «Eishockey-Generäle», die auch im Fussball eine führende Position im Tagesgeschäft übernommen haben. Oder fast die einzigen.  

Auch Sepp Blatters Funktionärs-Laufbahn fing im Eishockey an.
Auch Sepp Blatters Funktionärs-Laufbahn fing im Eishockey an.Bild: STEVE CHRISTO/REUTERS

Es gibt noch einen ehemaligen Eishockey-Kadermann, der eine grandiose Fussball-Karriere hingelegt hat. Sepp Blatter. Er startete seine Funktionärs-Laufbahn durch ein Beziehungsdelikt. Verbandspräsident Josef Kuonen aus Visp macht den ehrgeizigen jungen, noch nicht einmal 30-jährigen Sepp Blatter aus seinem Dorf während seiner Amtszeit (1962 bis 1966) zum Generalsekretär des Schweizerischen Eishockeyverbandes: Was Seppli im Eishockey lernt, vergisst Sepp nimmermehr. Heute ist schon fast vergessen, dass der mächtigste Schweizer Sportfunktionär aller Zeiten ist im Eishockey «geformt» worden ist. Der Sonnenkönig des Fussballs ist der Mann, der aus der Kälte der Kunsteisbahnen gekommen ist. 

Wegen Stephan Anliker zu behaupten, dass aus dem Eishockey die besseren Fussball-Führungskräfte kommen, wäre schon etwas vermessen. Auch Ralph Krueger reicht noch nicht für diese Behauptung. Aber wer wagt es im Wissen um Sepp Blatter, diese These anzuzweifeln?

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
6 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Grigor
11.02.2015 09:43registriert Februar 2014
Sepp Blatter als Beispiel um den positiven Einfluss von Eishockey auf den Fussball zu belegen. Habe ich jetzt wirklich richtig gelesen?
244
Melden
Zum Kommentar
avatar
grunderhans
11.02.2015 11:12registriert Oktober 2014
Barack Obama wurde anscheinend auch bei den Langnau Tigern geformt! Krass diese Emmenthaler!
247
Melden
Zum Kommentar
6
Was Paris macht, damit Präsident Macron in der Seine baden kann (und alle anderen auch)
Im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Paris im Sommer hat sich die Bürgermeisterin zum Ziel gesetzt, die Seine «bebadbar» zu machen. Sollte das Unterfangen gelingen, will auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in Paris schwimmen.

«Wir werden im Juli in der Seine baden», sagte Paris' Bürgermeisterin Anne Hidalgo Anfang Jahr. Nun bleiben der französischen Hauptstadt noch knapp 100 Tage für ihr tollkühnes Unterfangen, die Seine für die Olympischen Spiele herzurichten. Das erklärte Ziel ist es, den Fluss so sauber zu bekommen, dass Triathlon-Wettkämpfe darin ausgetragen werden können.

Zur Story