Real Madrid, Bayern München. Juventus Turin, Barcelona, Manchester City. Cristiano Ronaldo, Lionel Messi und so weiter: Jetzt winken die ganz grossen Klubs und die ganz grossen Stars. Ein, zwei, vielleicht sogar drei klingende Namen werden ab Mitte September in der Gruppenphase der Champions League den Young Boys gegenüberstehen.
Die Duelle mit der europäischen Elite könnten umworbene Spieler wie Kevin Mbabu zum Verbleib für eine weitere Saison bewegen. Diesbezüglich sei nach wie vor nichts beschlossen, bekräftigte Sportchef Christoph Spycher. Zugleich ist die Teilnahme an der Königsklasse der Lohn für die langjährige Aufbauarbeit im Klub, die sich die Rihs-Familie inoffiziellen Angaben zufolge mehr als 50 Millionen Franken kosten liess. Nun fliesst ein beträchtlicher Teil davon schlagartig zurück. Um 30 Millionen Franken wird YB heuer in der Champions League einnehmen. Hinzu kommen Wertgewinne von Spielern, die im Erfolgsfall absurde Züge annehmen können.
Zu verdanken hat YB die erstmalige Champions-League-Qualifikation ein wenig dem Glück angesichts der zwischenzeitlich prekären Lage im Playoff gegen Dinamo Zagreb, aber nicht dem Zufall.
Dem Erfolg ging ein langer Weg über 15 Jahre voraus. Im Sommer 2017 löste sich der Knopf endgültig. In der um die routinierte Achse Von Bergen-Sanogo-Hoarau mit Talenten klug aufgepeppten Mannschaft setzte eine Eigendynamik ein, die nun im überlegenen Meistertitel und der Champions-League-Qualifikation gipfelte. An den missglückten Qualifikations-Kampagnen der letzten Jahre ist nicht der Komplex, sondern die Mannschaft gewachsen.
Inzwischen ist YB auf dem für die erfolgreiche Qualifikation nötigen Niveau, im Gegensatz zu den letzten drei Jahren war der Playoff-Gegner diesmal indes auch nicht übermächtig. Vor allem aber, hier sehen die Protagonisten die grössten Unterschiede, ist YB mental gefestigt. Zum erneuten Scheitern fehlte nach dem ungenügenden 1:1 im Hinspiel und dem 0:1-Rückstand im Rückspiel nicht viel. Aber es ist bezeichnend, dass sich dieses YB im Hexenkessel von Zagreb aus der prekären Lage befreite.
Es entspricht dem neuen Charakter dieser Mannschaft. In diese Richtung zielten auch die Aussagen der Hauptdarsteller nach dem Triumph in Zagreb. Ausschlaggebend für den Erfolg sei die besondere Mentalität, die in dieser Mannschaft und den Spielern stecke, sagte Trainer Gerardo Seoane. «Diese Mannschaft macht mich stolz», befand er.
Mit der Ernennung des unerfahrenen Seoane zum Nachfolger von Meistertrainer Adi Hütter hat Christoph Spycher erneut ein vorzügliches Gespür gehabt. Auch die Erkenntnis nach der Schmach im Cup-Viertelfinal gegen Winterthur im März 2017, dass das Gerüst stimme, das Drumherum aber mit hungrigen, aber auch zum Klub passenden Talenten optimiert werden soll, lag Spycher richtig.
Der vorzügliche, aber Unruhe stiftende Stürmer Michael Frey passte nicht in dieses Schema und musste gehen. Die Engagements der im Ausland in eine Sackgasse geratenen Djibril Sow und Kevin Mbabu erwiesen sich als Glücksfälle für YB.
Auch dank den beiden umworbenen Nationalmannschafts-Kandidaten ist aus dem notorischen Zweiten ein Champion geworden, der auch dann gewinnt, wenn es nicht richtig läuft. So wie in Zagreb. Nach wie vor bewegt sich der FC Basel finanziell in höheren Sphären, doch zuletzt entschied YB klüger. Die Mannschaft funktioniert, ist gut ausbalanciert und ergänzt sich ausgezeichnet – und sie verzeichnet bislang nur einen gewichtigen Abgang (jenen von Kasim Nuhu zu Hoffenheim). Das ist eine gute Voraussetzung, um es dem FCB in der Champions League mit magischen Nächten gleichzutun. (zap/sda)