Hat Massimo Rizzo das Zeug, eine Dauerlösung als FCZ-Trainer zu werden? Ist der FC Basel nach interessanten Transfers wieder der ernsthafte Titelanwärter, der er bis 2017 jahrelang gewesen ist? Diese beiden Fragen brennen den Fans und den Experten vor dem Klassiker auf den Nägeln, der elf Tage zuvor wegen Coronafällen beim FCB kurzfristig verlegt worden ist. Als die 95 unterhaltsamen, nicht aber hochklassigen Minuten vorbei sind, lautet die eine Antwort Ja, die andere Nein.
Nach drei 0:4-Niederlagen in der letzten Saison gegen diesen Gegner lässt der FCZ dieses Mal nur einmal etwas zu; als der junge Basler Joker Tician Tushi in der 94. Minute mit einem Kopfball das Tor knapp verfehlt. So bleibt es beim 1:0, das Antonio Marchesano 24 Sekunden nach der Pause nach einer Flanke von Assan Ceesay erzielt hat und die Zürcher zum FCB aufschliessen lassen.
Gut hörbar im leeren Letzigrundstadion ist, wie Ciriaco Sforza zum vierten Offiziellen sagt: «Das war doch klar die Hand!» Tatsächlich: Mit dem Kopf ist der Tessiner nicht am Ball gewesen und der Torschütze sagt denn auch: «Ich habe den Treffer mit der Schulter erzielt.» Marchesano spricht von der diszipliniertesten Leistung des FCZ seit Ewigkeiten.
Vor der Partie hat der mit einem 4:1-Sieg in Vaduz gestartete Interimstrainer Massimo Rizzo die klare Direktive herausgegeben: «Safety First.» Und seine in unveränderter Besetzung angetretene Mannschaft setzt seine Vorgabe fast in Perfektion um. Die Basler haben zwar deutlich mehr Ballbesitz, 63:37 Prozent, aber gefährlich tauchen sie mangels Tempo bis in die Nachspielzeit kein einziges Mal vor dem FCZ-Tor auf.
Auffallend ist, wie die beiden Zürcher Offensivspieler Aiyegun Tosin und Benjamin Kololli im 4-4-1-1-System die Korridore auf den Flügeln schliessen; ein Bild, das unter Rizzo-Vorgänger Ludovic Magnin nicht zu sehen gewesen ist.
Der beste Spieler auf dem Platz ist aber Ceesay, der «Mann mit den Spaghettibeinen», wie sie ihn in seiner Heimat Gambia nennen. Erstaunlich, wie sich der bereits als Flop abgeschriebene schlaksige Stürmer nach seiner Ausleihe zu Osnabrück (bereits auch unter Magnin) entwickelt hat und die 2018 an den FC Lugano überwiesene Ablösesumme von 2 Millionen Franken wohl doch nicht in den Sand gesetzt worden sind.
Nachdem die Zürcher sieben der letzten acht Partien gegen Rotblau verloren hatten, ist dieses 1:0 natürlich ein optimales Bewerbungsschreiben Rizzos für die Position des Cheftrainers. Als Präsident Ancillo Canepa den 46-Jährigen kurz umarmt hat, sagt er: «Sicher hat Massimo seine Chance. Aber wir sind nicht unter Druck, warten noch etwas ab und entscheiden uns zum gegebenen Zeitpunkt.»
Das könnte dann der Montag sein, falls Rizzo mit seinem FCZ im Heimspiel gegen den FC Luzern am Samstag den dritten Sieg im dritten Spiel feiert. Und noch etwas hat Canepa gesagt: «Ja, wir können uns gut vorstellen, dass Blerim Dzemaili künftig wieder für den FCZ spielen wird. Wenn er aus seinen Ferien zurück ist, werden wir mit ihm sprechen.»
Und der FC Basel? Gemessen an den gestrigen 95 Minuten mit einem mässigen Pajtim Kasami ist er noch kein ganz heisser Meisteranwärter. Aber das kann sich schnell ändern, das Potenzial dafür ist vorhanden. Aber weniger behäbig spielen muss er dann schon.