Am Wochenende hat mit der italienischen Serie A die letzte der fünf europäischen Topligen ihre Saison beendet. Dabei kam es zu einer Premiere: Atalanta Bergamo unterlag am letzten Spieltag Inter Mailand mit 0:2 und beendete so als erstes Team der Serie-A-Geschichte die Saison ohne einen italienischen Torschützen.
Dass ausgerechnet den Bergamasken diese Premiere geglückt ist, erstaunt etwas. Mit 98 Toren stellte Atalanta die mit Abstand beste Offensive der Serie A, zudem beendete man die Saison auf Rang 3. Wie ungewöhnlich ist es tatsächlich, dass ein Team ohne «einheimische» Tore derart erfolgreich ist? So sieht die Situation im internationalen Vergleich aus.
0 - @Atalanta_BC in 2019/20 are the first team ever not to have a single Italian scorer in a single Serie A campaign (owngoals excluded). Foreign.#SerieATIM pic.twitter.com/Wt4VgPQ1qR
— OptaPaolo (@OptaPaolo) August 5, 2020
In Italien fällt sofort auf: Atalanta ist bei weitem nicht das einzige Topteam, das stark von ausländischen Torschützen abhängig ist. Auch bei Meister Juventus, der AC Milan und der AS Roma spielen Italiener in der Offensive eine ziemlich kleine Rolle. Von den sieben grossen Teams der Liga hat nur gerade Lazio Rom mehr als 50 Prozent «italienische» Tore. Dies in erster Linie dank Goalgetter Ciro Immobile, welcher 36 der 79 Saisontreffer seines Teams erzielte.
Ganz anders sieht die Situation in der unteren Tabellenhälfte aus. Nur Cagliari kommt auf weniger als 44 Prozent Tore durch Italiener. Zudem fällt auf: Ausgerechnet die drei Absteiger Lecce, Brescia und SPAL erreichen die Höchstwerte der Liga.
Wie in Italien stellen auch in Deutschland die Kellerteams klar die meisten einheimischen Torschützen – mit Paderborn kommt erneut das Schlusslicht der Liga auf den Höchstwert. Im Gegensatz zu Italien spielen in der Bundesliga aber auch bei den Spitzenteams die einheimischen Torschützen eine wichtigere Rolle.
Den tiefsten Wert der Bundesliga hat die TSG Hoffenheim. Von den 53 Toren wurden nur zwei durch Deutsche erzielt – Captain Benjamin Hübner und Ex-Nationalspieler Sebastian Rudy waren je einmal erfolgreich.
Auch die Premier League hat ihr Atalanta: Die Wolverhampton Wanderers beendeten die Saison mit 51 Toren, aber mit keinem durch einen Engländer. Dies überrascht nicht: Mit Innenverteidiger Conor Coady haben die «Wolves» nur gerade einen Einheimischen in Team, der regelmässig eingesetzt wird.
Allgemein gibt es in der Premier League viel weniger Teams, die stark von englischen Torschützen abhängig sind. Auch die drei Absteiger kommen im Gegensatz zur Serie A und der Bundesliga nicht über 50 Prozent. Den klaren Spitzenwert stellt der FC Southampton, bei dem Stürmer Danny Ings mit 22 Saisontreffern brillierte.
Ganz anders sieht die Situation in Spanien aus. In der Primera Division hängt überdurchschnittlich viel von den einheimischen Torschützen ab: Bei zwölf der 20 Teams sind mehr als die Hälfte der Tore durch Spanier erzielt worden, nur gerade bei den beiden Spitzenteams Real Madrid und Barcelona liegt der Wert unter 30 Prozent. Zudem schafft es Atlético als einziges Team mit über 50 Prozent einheimischen Torschützen auf das Podest einer Topliga.
Besonders eindrücklich ist die Situation bei Athlétic Bilbao: Beim Team aus dem Norden Spaniens, bei dem traditionell nur Spieler mit Wurzeln im Baskenland eingesetzt werden, wurden 95 Prozent der Tore durch Spanier erzielt. Nur gerade zwei Treffer gehen auf das Konto eines Nicht-Spaniers – für beide ist der ehemalige GC-Stürmer Kenan Kodro verantwortlich, der zwar gebürtiger Baske ist, aber für die bosnische Nationalmannschaft aufläuft.
Auch in der Schweiz lassen sich ähnliche Trends wie in den grossen Ligen feststellen: Bei Meister YB ist der Anteil Treffer der einheimischen Spieler verhältnismässig gering, während bei den beiden letztplatzierten Teams Thun und Xamax Schweizer Torschützen den grössten Anteil haben.
Aussergewöhnlich viele «einheimische» Tore für ein Team in den vorderen Tabellenregionen hat der FC Basel auf dem Konto. Beim einstigen Serienmeister erzielt nur jedes dritte Tor ein Ausländer – mit Kemal Ademi, Fabian Frei, Valentin Stocker und Samuele Campo hat Basel gleich vier Schweizer im Kader, die in der vergangenen Super-League-Saison mehr als fünf Treffer erzielten.
Schaut man alle Tore der vergangenen Saison in den grossen Ligen an, fällt sofort auf: In Spanien spielen einheimische Spieler, zumindest was das Toreschiessen angeht, eine um einiges grössere Rolle als in den anderen drei grossen Ligen. In Italien, Deutschland und England wird etwa jedes dritte Tor durch einen Einheimischen erzielt, am tiefsten ist der Wert der Deutschen in der Bundesliga.
Ziemlich genau zwischen Spanien und den restlichen Topligen befindet sich die Schweiz. In der Super League geht knapp die Hälfte der insgesamt 541 Tore auf das Konto der Schweizer Spieler.
Dass in der spanischen Liga besonders viele Einheimische treffen überrascht nicht – schliesslich setzen die Teams der La Liga auch deutlich die meisten einheimischen Spieler ein.
Grundsätzlich liegen der prozentuale Anteil an eingesetzten einheimischen Spielern und einheimischen Torschützen nahe beieinander. Nur in der Bundesliga und vor allem in der Super League treffen verhältnismässig etwas weniger Einheimische, als dass es die Anzahl eingesetzte Spieler erahnen lassen dürfte.