Die Bühne war klein, doch die Botschaft klar. Vor dem 3:0-Auswärtssieg beim Fussballzwerg Gibraltar äusserten Norwegens Spieler und der Trainerstab Kritik an Katar, dem WM-Ausrichter 2022. Dieser steht unter anderem deshalb im Fokus, weil auf Baustellen in den vergangenen Jahren mehr als 6500 Gastarbeiter gestorben sein sollen.
Norwegens Spieler trugen zwei verschiedene T-Shirts. Beim Aufwärmen forderten sie «Respekt – auf und neben dem Platz», während der Nationalhymne wiesen sie auf die Bedeutung von Menschenrechten hin.
Das Spiel bestritten der Kapitän, Arsenal-Star Martin Ödegaard, BVB-Torjäger Erling Haaland und Co. dann aber in gewöhnlichen Trikots.
«Es geht bei der Aktion ein wenig um das, worüber wir gesprochen haben, dass wir einen Fokus auf das legen wollen, was ausserhalb des Feldes diskutiert worden ist.» Auch der Coach trug ein entsprechendes Shirt: «Ich gehe mit gutem Beispiel voran.»
«Wir möchten die FIFA unter Druck setzen, die Behörden in Katar direkter und strenger zu behandeln.» Der Weltverband, sagte Solbakken, habe die nötige Stellung, um «kristallklare Anforderungen an das stellen, was erforderlich ist, damit diese Veranstaltung gut genug ist.»
«Wir hatten eine lange Sitzung zum Thema. Wir Spieler durften die Fragen stellen, die wir wollten, dann waren sich alle hundertprozentig einig, dass wir eine ‹Erklärung› abgeben wollen. Alle standen hinter der Botschaft, die wir heute überbrachten. Jeder in der Mannschaft hält das Thema für wichtig.»
«Ich bin sicher, dass es in der grossen Fussballfamilie registriert wird, was die Nationalmannschaft getan hat. Ich denke, es ist eine gute und nette Initiative, die Engagement zeigt. Wir haben eine Nationalmannschaftsleitung und Spieler, die Stellung beziehen. Sie zeigen, dass ihnen die Situation am Herzen liegt.»
Gegenüber der norwegischen Radio- und Fernsehgesellschaft NRK schrieb die Medienabteilung des Weltfussballverbands gestern Abend zur Protestaktion:
Sanktionen der FIFA muss der norwegische Verband nicht befürchten. Man verzichte darauf, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, hiess es gegenüber der Agentur DPA.
Norwegens Fussballverband hat vor wenigen Tagen einen Ausschuss eingesetzt, der sich mit der WM in Katar und einem möglichen Boykott auseinandersetzt. Dessen Leiter, der frühere «Rotes Kreuz»-Chef Sven Mollekleiv, freute sich bei «Verdens Gang» über die Aktion: «Die Initiative, die die Spieler ergriffen haben, um zu zeigen, für welche Werte Norwegen steht und auf welcher Grundlage es Fussball spielt, hat meinen Respekt. Es ist wichtig und grossartig, dass sich die Fussballwelt jetzt darauf konzentriert, wie die Menschenrechte sowohl in Katar als auch in anderen Teilen der Welt gestärkt werden können.»
Mollekleivs Ausschuss will bis Mitte Juni arbeiten. Auf Grundlage des Abschlussberichts will der Verband dann eine Entscheidung in der Katar-Frage fällen.
Nationaltrainer Solbakken liess offen, ob es beim nächsten Länderspiel zu einer weiteren Protestaktion seines Teams kommt. Am Samstag treffen die Skandinavier auf die Türkei, die gestern zum Auftakt überraschend die Niederlande 4:2 besiegte.