Sport
Fussball

Bundesliga drängt auf Wiederanpfiff – die wichtigsten Fragen und Antworten

ARCHIV - 11.03.2020, Nordrhein-Westfalen, Mönchengladbach: Fußball: Bundesliga, Borussia Mönchengladbach - 1. FC Köln 21. Spieltag im Borussia Park. Der Mönchengladbacher Patrick Herrmann bei einem Ec ...
Gladbach und Köln bestritten am 11. März das erste Geisterspiel der Bundesliga-Geschichte.Bild: DPA

Die Bundesliga drängt auf Wiederanpfiff – die 9 wichtigsten Fragen und Antworten dazu

Trotz Kontaktbeschränkung soll der Ball in der Bundesliga schon im Mai wieder rollen. Doch die Pläne stossen auf Kritik – selbst bei den Fans. Eine Übersicht.
28.04.2020, 08:26
christoph reichmuth / ch media
Mehr «Sport»

Wird die Bundesliga im Mai wieder gestartet?

Die Deutsche Fussball Liga (DFL) hat ein Konzept vorgelegt, damit die verbleibenden neun Spieltage der Saison2019/2020 in der 1. und 2. Bundesliga bis Ende Juni doch noch zu Ende gespielt werden kann. Demnach plant die Liga ausschliesslich Geisterspiele, maximal 300 Personen wären pro Spiel im Stadion zugelassen.

Wann würde gestartet?

Unter Einhaltung der vom DFL vorgelegten Massnahmen solle der Ball in der 1. und 2. Bundesliga bereits am 9. Mai wieder rollen. Natürlich geht es dabei auch um das wirtschaftliche Überleben der Profi-Klubs. Laut Berichten verschiedener Medien geraten 13 der 36 Erst- und Zweitligisten in ernsthafte wirtschaftliche Nöte, sollte die Saison abgebrochen werden. Bei einem Abbruch bliebe die vierte TV-Gelder-Tranche in der Höhe von 300 Millionen Euro für die Vereine aus.

Wie viele Tests sind nötig?

Mindestens einmal pro Woche, so die Pläne der DFL, sollen die Profikicker auf Corona getestet werden. Die DFL rechnet bis Saisonende mit etwa 25'000 notwendigen Corona-Tests für die Profifussballer. Sollte ein Kicker positiv auf Covid-19 getestet werden, soll nicht das gesamte Kader in Quarantäne geschickt werden. Die infizierte Person soll isoliert und beobachtet werden, unter Beobachtung stünden Kontaktpersonen, die aber nicht isoliert werden müssten. Eine Quarantäne für das gesamte Team wäre nicht möglich, da dann der Spielbetrieb nicht mehr weitergeführt werden könnte.

epa08379384 An view of corona tests inside the Laboratory at Bioscientia Healthcare GmbH in Ingelheim, Germany, 23 April 2020. The largest medical laboratory in Rhineland-Palatinate, Bioscientia Healt ...
Die Kosten für die Bundesliga-Tests würden sich auf rund 2,5 Millionen Euro belaufen.Bild: EPA

Wer unterstützt die DFL – und was sagen die Kritiker?

Die Ministerpräsidenten von Bayern (Markus Söder, CSU), Nordrhein-Westfalen (Armin Laschet, CDU) oder auch Sachsen (Michael Kretschmer, CDU) halten eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs durchaus für möglich und wünschenswert. Die Grünen-Co-Vorsitzende Annalena Baerbock hält einen Sonderstatus für die Bundesliga allerdings für «zutiefst ungerecht» – angesichts der Tatsache, dass in einigen Bundesländern «ein Kind noch nicht einmal auf die einsame Schaukel darf».

Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach – selbst Arzt – hält das Konzept der DFL für widersprüchlich. Allen voran die Pläne, bei einem Covid-19-Fall in der Mannschaft nicht das gesamte Team in Quarantäne zu schicken. Die Gewerkschaft der Polizei befürchtet bei einer Wiederaufnahme des Spielbetriebs Fan-Ansammlungen vor Stadien und in privaten Räumen.

Security with face masks stand in front of the Signal Iduna Park, Germany's biggest stadium of Bundesliga soccer club Borussia Dortmund, where a temporary coronavirus treatment center opened toda ...
Erhält der Fussball einen Sonderstatus? Das würde vielen sauer aufstossen.Bild: AP

Was wollen die Fans?

Selbst Fan-Organisationen gehen auf Distanz zu den Plänen der DFL. Sie schreiben: «Wenn der Fussball Teil der Gesellschaft sein will, kann er nicht losgelöst von der gesamtgesellschaftlichen Situation handeln.»

Der Umstand, dass der seit Mitte März ruhende Spielbetrieb ein Drittel aller Klubs in wirtschaftliche Turbulenzen bringe, sei Indiz dafür, dass der Fussball eine falsche Entwicklung genommen habe. Selbst DFL-Präsident Christian Seifert erkennt die Fehlentwicklung im Profi-Geschäft. Wenn Klubs nach zwei Monaten Spielpause in finanziell schwierige Gewässer gerieten, sei es Zeit, «dass man da einiges korrigieren muss». Skeptisch reagiert nicht zuletzt die Bevölkerung: In einer repräsentativen Umfrage der ARD spricht sich eine Mehrheit gegen eine Sonderregelung für den Fussball aus – etwa, was die Regeln für die Quarantäne betrifft.

Was sagen die Virologen?

Merkels Chef-Virologe Christian Drosten deutete bereits im März an, dass er Fussballspiele in vollen Stadien nicht vor Ende Jahr für realistisch hält. Zuletzt warnte er – auch mit Blick auf die Pläne der DFL – davor, dass Deutschland mit Lockerungen dabei sei, seinen «Vorsprung zu verspielen».

Auch Drostens Berufskollegen weisen die Pläne der DFL zurück. Allen voran den Vorschlag, junge Profi-Kicker regelmässig zu testen. «Die Testkapazität ist begrenzt und wird es bleiben. Deshalb muss erst einmal sichergestellt werden, dass Patienten bei Verdacht einen Test bekommen mit einem schnellen Ergebnis. An zweiter Stelle kommt das medizinische Personal», sagt der Epidemiologe Gérard Krause.

Christian Drosten, center, Director Institute of Virology at the University Hospital Charite, talks with German Education and Research Minister Anja Karliczek, right, and and Heyo Kroemer, Charite Cha ...
Merkels Virologe Drosten hält den Bundesliga-Restart für ein unnötiges Risiko.Bild: AP

Was meint das Robert-Koch-Institut?

Auch das Robert Koch-Institut (RKI) zeigt sich skeptisch. RKI-Vizepräsident Lars Schaade: «Ich denke, man sollte Tests dort anwenden, wo es medizinisch sinnvoll ist.» Der Ärzteverband stellt sich hinter das RKI. Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit aus Hamburg meint, die Corona-Lage sei noch zu ernst, um «20'000 nicht massenhaft vorhandene Tests für gesunde, junge Spieler zu verwenden». Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Die Bevölkerung ist dazu angehalten, Abstandsregeln einzuhalten. Die sind beim Kontakt-Sport Fussball undenkbar.

Wer entscheidet – und wann wird entschieden?

Ob die Bundesliga-Saison zu Ende gespielt werden kann – und ab wann –, darüber entscheiden die Bundesregierung und die Bundesländer. Am kommenden Donnerstag konferiert Kanzlerin Merkel mit den 16 Ministerpräsidenten. Allerdings hat sie angekündigt, an diesem Tag noch nicht über weitere Lockerungen der Corona-Massnahmen zu entscheiden. Erst am 6. Mai soll über mögliche weitere Lockerungen diskutiert werden, sollte die Infektionsrate solche zulassen.

epa08380393 German Chancellor Angela Merkel speaks to the media following a video conference of the European Council meeting on coronavirus pandemic in Berlin, Germany, 23 April 2020. European leaders ...
Die Frage aller Fragen: Was entscheidet Merkel beim Thema Bundesliga?Bild: EPA

Ist ein Start der Bundesliga am 9. Mai realistisch?

Da die Vereine mindestens zwei Wochen vor Wiederaufnahme des Spielbetriebs im Mannschaftstraining trainieren müssen, um Verletzungen zu vermeiden, scheint der 9. Mai als Tag des Wiederanpfiffs unrealistisch. Demnach wäre ein Neustart der Bundesliga frühestens am 20. Mai möglich. Die DFL hat bereits angekündigt, die Saison notfalls auch erst im Juli zu Ende spielen zu lassen.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Verpasste Top-Transfers der Bundesliga
1 / 11
Verpasste Top-Transfers der Bundesliga
Verpasste Top-Transfers von Bundesligisten: Ronaldinho dachte einst, Borussia Dortmund wäre ein zu grosser Schritt für ihn.
quelle: ap/ap / bruno magalhaes
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Chefsache: Keine Fussball-Fans im Büro, bitte!
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
10 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
10
Der 19-jährige Lian Bichsel ist in Schweden sensationell auf Meisterkurs
Lian Bichsel erlebt in Schweden mit Rögle BK gerade eine märchenhafte Playoff-Kampagne. Der 19-jährige Verteidiger aus dem Kanton Solothurn erzählt, wie es dazu kommen konnte. Und welches seine Pläne punkto Eishockey-WM sind.

Sie schreiben das Märchen der Schwedischen Eishockey-Saison: die Spieler des Rögle BK. Nach einer tumultösen Qualifikation inklusive Trainerentlassung war die Mannschaft aus der Stadt Ängleholm auf Platz 9 klassiert und musste sich erst via Vor-Playoffs überhaupt für die entscheidende Meisterschaftsphase qualifizieren. Das gelang mit zwei Siegen gegen Timra. Im Viertelfinal traf Rögle dann auf Qualisieger Färjestad – und eliminierte den Titelfavoriten Nummer 1 mit 4:0-Siegen.

Zur Story