Die einstmals heile Welt beim FC Barcelona hat schwere Risse bekommen. Ein Machtkampf zwischen Messi und Trainer Luis Enrique verschärfte die Krise bei den Katalanen nur wenige Tage nach der Entlassung von Sportdirektor Andoni Zubizarreta und dem Rücktritt von Klub-Urgestein Carles Puyol. Wie spanische Medien berichteten, seien die Tage des Trainers vor dem Cup-Heimspiel gegen Elche bereits gezählt.
Die Zeitung «El Pais» berichtete wenige Tage nach der 0:1-Niederlage am Sonntag bei Real Sociedad San Sebastian von einem «Brand», der Team und Verein zu destabilisieren drohe. Luis Enrique trat am Mittwoch vor die Presse und beteuerte, er habe «mit keinem Spieler Probleme». Bei den weiteren Ausführungen des mit Fragen bombardierten 44-Jährigen wurde aber klar, dass am Camp Nou längst nicht alles in Ordnung ist. Berichte über sehr heftige Diskussionen mit Messi wolle er «weder bestätigen noch dementieren». Was innerhalb der Gruppe passiere, bleibe in der Kabine, fügte er mit strengem Blick hinzu.
Dass etwas nicht stimmt, wurde aber schon am Sonntag deutlich, als Messi und Neymar nach dem Eigentor von Jordi Alba auf der Bank schelmisch scherzten. Nach seiner Einwechslung legte Messi in der zweiten Halbzeit eine fast schon provokative Lustlosigkeit an den Tag. Nach dem Abpfiff soll sich der Argentinier in der Kabine zudem mit dem Teampsychologen und Coach-Vertrauten Joaquin Valdes angelegt haben, wie die Zeitung «AS» berichtete.
Dabei läuft es sportlich gar nicht mal schlecht. Vor dem Spiel in San Sebastian hatte es zehn Partien ohne Niederlage gegeben. Barcelona liegt in der Meisterschaft nur einen Punkt hinter Real, in der Champions League wurde der Achtelfinal erreicht. Erfolge, die aber interne Probleme offenbar nur überdeckten. Es ist bekannt, dass Messi sich nur äusserst widerwillig auf die Bank setzen lässt und kein Freund der Rotationspolitik des Trainers ist. Am letzten Montag liess sich der 27-Jährige beim Training nicht blicken. Offizielle Begründung: Magendarmverstimmung.
Laut Medien hatte es sich Luis Enrique schon kurz nach seiner Amtsübernahme im Sommer mit Messi verscherzt, als er auf einer Pressekonferenz tönte: «Der Führer hier bin ich.» Seitdem seien die Differenzen zwischen beiden weiter gewachsen. Beim Training am Freitag sollen sich Star und Coach mächtig in die Haare geraten sein, als Luis Enrique ein Tor des viermaligen Weltfussballers aberkannt hatte.
Es ist ein Duell der «Dickköpfe»: Trotz seines bescheidenen Auftretens gilt Messi intern als «Diva», die unter anderem für die Abschiebung unliebsamer Stürmerkonkurrenten wie Zlatan Ibrahimovic und David Villa verantwortlich zeichnete. Nicht minder stolz und stur ist Luis Enrique. Als Trainer von AS Rom hatte sich der Hobby-Triathlet offen mit Klub-Idol Francesco Totti angelegt.
Andres Iniesta und Xavi sollen im Konflikt zu vermitteln versuchen. Auch Klubboss Josep Bartomeu wolle eingreifen, wenngleich er wegen der Fehleinkäufe (Thomas Vermaelen, Douglas) und des von der FIFA auferlegten Transferverbots selbst in der Kritik steht. Erst Anfang der Woche war Zubizarreta als Schuldiger ausgemacht und entlassen worden, woraufhin auch dessen Assistent Puyol zurücktrat. Fans und Klubmitglieder wollen am Sonntag beim Meisterschafts-Duell daheim gegen Meister Atletico Madrid gegen Bartomeu protestieren.
Ob bei einer möglichen Entlassung des Coaches wieder Ruhe am Camp Nou einkehrt, wagen viele zu bezweifeln. Nicht wenige befürchten, dass Messi den Verein verlassen könnte. Seit Montag folgt er auf Instagram dem FC Chelsea und auch Profis des englischen Klubs. (si/dpa)