Der Hype um ihn ist ungebrochen. Als Xherdan Shaqiri an diesem wunderbaren, frühsommerlichen Abend im Schweizer Teamhotel in Lausanne ankommt, reisst sich die Menge um ihn. Hier ein Autogramm, da ein Selfie. Schliesslich ein kleiner Schwatz mit drei Girls, die ihr Glück kaum fassen können. Und sogleich schmachtend an der Hotelbar Platz nehmen. 25 Jahre alt ist Xherdan Shaqiri mittlerweile.
Man könnte sagen: Im besten Fussballer-Alter. In der Phase der Karriere, in der so mancher Fussballer zum finalen Höhenflug ansetzte. Aber so ist das nicht. Im Gegenteil. Shaqiris Weg zeigt in die andere Richtung. Gegen unten. Konstant. Seit mehreren Jahren schon.
Es gab Zeiten, da durfte man bei der Feststellung, Shaqiri sei nur Edelreservist und häufig verletzt, anfügen, es handle sich bei seinem Arbeitgeber immerhin um die europäische Topklasse. Bayern München. Inter Mailand. Da kann man durchaus einmal in Schwierigkeiten geraten. Doch nun haben sich die Zeiten geändert. Shaqiri spielt in der Premier League bei Stoke City – maximal ein Mittelklasse-Team, frei von jeglichem Glanz und Glamour. Frei von Attributen also, die Shaqiri gerne um sich hat.
Und die Probleme sind geblieben. 14 Spiele hat Shaqiri für Stoke in dieser Saison absolviert (3 Tore). Nur 14 Spiele. Das ist, bei möglichen 29, nicht einmal die Hälfte. Ständig ist er geplagt von Muskelverletzungen. Gerade zwickt wieder einmal die Wade. Oder besser: beide Waden. Er selbst sieht den Einsatz gegen Lettland am kommenden Samstag trotzdem nicht in Gefahr. Die Verantwortlichen von Stoke bevorzugten es indes, Shaqiri am letzten Wochenende nochmals pausieren zu lassen – zu gross die Gefahr einer erneuten, schlimmeren Verletzung.
Was bedeutet das für das Nationalteam? Trainer Vladimir Petkovic hat über sein Team einmal gesagt: «Alle sind gleich – aber einige sind gleicher.» Schöner kann man es nicht ausdrücken. Und natürlich ist damit vorab Shaqiri gemeint. Mit seiner frischen und frechen und unbeschwerten Art des Spielens hat er sich in jungen Jahren den Status der Unverzichtbarkeit erarbeitet. Doch die Frage lautet mittlerweile: Gilt diese Unverzichtbarkeit noch?
Shaqiris Entwicklung ist auch im Nationalteam alles andere als erfreulich. Natürlich, es gibt Momente, die bleiben. Vielleicht sogar für die Ewigkeit. Wie zum Beispiel sein Tor gegen Polen im EM-Achtelfinal. Fragt sich nur: Wie lange muss man auf einen nächsten solchen Moment warten. Und wie viele mittelmässige bis unterirdische Auftritte muss man dazwischen aushalten? Zur Erinnerung: Shaqiris zweitbeste Szene der EM war abseits des Platzes. Als er die nicht sonderlich reissfesten Schweizer Trikots im Spiel gegen Frankreich so kommentierte: «Hoffentlich macht Puma keine Pariser.»
Im ersten Spiel der WM-Qualifikation, dem famosen 2:0 gegen Portugal fehlte Shaqiri. Und es machte eben gerade nicht den Eindruck, als würde er fehlen. Die Mannschaft wirkte ausgeglichener. Fast so, als würde es beflügeln, wenn nicht einer so sehr im Zentrum der Aufmerksamkeit – auch auf dem Platz – steht.
Eines ist klar: Einen fitten Shaqiri kann dieses Schweizer Team immer gebrauchen. Einen Shaqiri in der Form seiner besten Basler und Münchner Tage. Wenn aber Shaqiri mehr mit sich selbst kämpft, kann aus ihm schnell eine Hypothek für die Equipe werden. Und das darf nicht sein.
Es wäre jedenfalls schön, den besten Shaqiri auch wieder einmal in einem Spiel zu sehen, das nicht als «Highlight» gilt. Die Hoffnung darauf besteht. Ohne jeden Zweifel.