Es läuft noch nicht wunschgemäss ohne Cristiano Ronaldo und Zinédine Zidane bei Real Madrid. Im ersten Pflichtspiel seit dem Abgang der Tormaschine und des Erfolgstrainers kassierten die Königlichen eine empfindliche Niederlage. Mit 2:4 nach Verlängerung verlor Real das Spiel um den UEFA Super Cup – und zwar ausgerechnet gegen den ungeliebten Stadtrivalen Atlético.
Der Serien-Champions-League-Sieger verpasste damit den dritten Super-Cup-Titel in Folge und muss sich bereits unangenehme Fragen stellen lassen. Beispielsweise, ob es klug war, Ronaldo nicht zu ersetzen, ob der neue Trainer Julen Lopetegui seiner Aufgabe gewachsen ist oder ob Atlético dabei ist, am grossen Stadtrivalen vorbeizuziehen.
Die Präsenz der einstigen Identifikationsfigur wurde gegen Atlético vor allem gegen Ende der Partie schmerzlich vermisst, unter Lopetegui kassierte Real gleich im ersten Pflichtspiel vier Gegentreffer, was unter Zidane nie passiert war, und schon vor dem Super-Cup-Duell hatte die Marca vorgerechnet, dass der Marktwert aller Spieler von Atlético zum ersten Mal überhaupt höher ist als derjenige von Real.
Dass eine Wachablösung bevorsteht, glaubt auch Atléticos Superstar Antoine Griezmann. Der französische Weltmeister, der in der 57. Minute ausgewechselt wurde, postete nach Spielschluss im Siegestaumel ein Bild, auf dem er von Real-Captain Sergio Ramos gekrönt wird. Ausserdem eines mit Pokal sowie Bier in der einen und Burger in der anderen Hand.
Die Abgesänge auf Real Madrid kommen nach einer Niederlage natürlich etwas gar früh, zumal die Königlichen keine schlechte Partie zeigten. Nach dem frühen Gegentor nach 49 Sekunden durch Diego Costa agierte das Team von Lopetegui, der auf den nicht spielberechtigten Thibaut Courtois verzichten musste und Vize-Weltmeister Luka Modric vorerst auf die Bank setzte, über weite Strecken überlegen und liess den Ball sauber durch die eigenen Reihen laufen.
Die Wende zum 2:1 durch Treffer von Karim Benzema und Sergio Ramos war verdient, der 2:2-Ausgleich durch Costa in der 79. Minute kam dann fast aus dem Nichts. Real muss sich höchstens vorwerfen lassen, dass es nach der Führung zu wenig zielstrebig war und Atlético durch Nachlässigkeiten und individuelle Fehler wieder aufbaute. In der Verlängerung leisteten sich Sergio Ramos und Raphael Varane den entscheidenden Lapsus zu viel, der schliesslich zum 2:3 durch Saul Niguez führte. Danach war die Partie entschieden.
«Wir haben riskante Entscheidungen getroffen und es hat nicht sollen sein. Es ist nicht normal, vier Gegentore zu kassieren. Das muss besser werden», analysierte Trainer Julen Lopetegui nach dem Schlusspfiff. «Atletico hat unsere Fehler bestraft und uns verdientermassen geschlagen. Wir müssen aus diesen Fehlern lernen, um besser zu werden.»
Real traf auch auf ein hartnäckiges, einsatzfreudiges Atlético, dass sich immer mehr als europäisches Topteam etabliert. Mit Torjäger Antoine Griezmann, Abwehrchef Diego Godin und Torhüter Jan Oblak konnten die Colchoneros die drei wichtigsten Teamstützen halten, obwohl sie von der Konkurrenz heiss umworben wurden. Mit Thomas Lemar (von Monaco) und Nikola Kalinic (von Milan) hat man sich ausserdem punktuell verstärkt.
Mit diesem Atlético und dem ständigen Rivalen Barcelona hat Real in der heimischen Liga zwei starke Konkurrenten bei der Jagd auf die ersehnten Titel. Die Königlichen haben dabei den Nachteil, dass bei ihnen nach dem Abgang von Ronaldo und Zidane genauer hingeschaut wird.
Der Druck auf Lopetegui ist zum Start dieser Saison des Umbruchs durch die Super-Cup-Pleite sicher nicht kleiner geworden. Real sollte sich also hüten, das Startspiel in der Primera Division am kommenden Sonntag auf die leichte Schulter zu nehmen. Eine weitere unnnötige Niederlage und schon brennt der Baum bei den Königlichen.