Wenn die Schweiz am 12. Juni in Baku auf Wales trifft, muss man kein Hellseher sein. Im Sturm wird, sofern er nicht verletzt ist, Haris Seferovic auflaufen. Mit 18 Treffern führt der Mittelstürmer von Benfica Lissabon die Torschützenliste der portugiesischen Liga NOS an. Im Nationalteam steht Seferovic, der bislang 21 Länderspieltore erzielte, in der Hierarchie ganz oben.
Auch der Platz hinter dem längst als «Mann aus Sursee» bekannten Seferovic scheint vergeben zu sein. Mario Gavranovic, der sein erstes Länderspiel vor mittlerweile zehn Jahren bestritten hat, ist erster Ersatz. Beim letzten Testspiel gegen Finnland schoss er ein Tor, in der Nations League beim 3:3 gegen Deutschland im vergangenen Herbst waren es zwei Treffer. Die Rolle als Nummer 2 im Angriff hat er akzeptiert, ist so ein wertvolles Mitglied der Nati. Mit Dinamo Zagreb ist Gavranovic, der in 23 Meisterschaftsspielen 14 Mal traf, auf Kurs in Richtung kroatischer Meisterschaft. Derzeit fällt der Tessiner wegen einer Muskelverletzung aus.
Beim bislang letzten Turnier, der WM 2018 in Russland, bot Vladimir Petkovic drei Stürmer in sein Team auf, nebst Seferovic und Gavranovic auch noch Josip Drmic. Damals bestand das Kader aus 23 Akteuren. Wegen der Corona-Pandemie und allfällig nicht ganz fitten Spielern entschied sich die UEFA jedoch bei der EM 2021 für 26-Mann-Kader.
Diese Aufstockung ist bestimmt gut für einen Spieler wie Steven Zuber, der bei Eintracht Frankfurt nur noch Kürzesteinsätze absolvieren darf und wenig Spielpraxis hat. Oder für einen wie Christian Fassnacht von Meister YB, der so wohl eher zur EM darf. Und die Aufstockung ist auch gut für zwei Angreifer, die nicht mehr viele Beobachter im Fokus hatten: Josip Drmic und Michi Frey.
Drmic hat eine schwere Zeit hinter sich. Nach dem Abstieg mit Norwich City wurde er vom Klub aussortiert, stand seit vergangenem Sommer auf dem Abstellgleis. Im Februar schloss er sich HNK Rijeka an – und fand in Kroatien zu alter Stärke zurück. Bei seinen letzten sieben Einsätzen seit Mitte März schoss Drmic in fünf von sieben Spielen ein Tor.
Das dürfte Petkovic nicht verborgen geblieben sein. «Ich habe einen sehr guten Draht zum Nationaltrainer», betonte Drmic kurz vor seinem Wechsel in einem Interview mit der «Bild». «Ich schätze an ihm, dass er sich auch meldet, wenn es schlecht läuft, um dich aufzubauen oder einfach nur zu quatschen.»
Der 28-jährige Drmic kämpft vermutlich gegen zwei «Schotten» um einen Platz im EM-Kader. Cedric Itten wurde mit den Glasgow Rangers überlegen Meister, bekleidete aber nur eine Nebenrolle. Häufig war der Basler Joker, in 26 Liga-Einsätzen brachte er es auf vier Treffer. Verlass war auf ihn in der Nati: Drei Tore in drei Spielen, darunter der 1:0-Siegtreffer gegen Georgien in der EM-Qualifikation.
Bei den letzten zwei Nati-Zusammenzügen fehlte Itten allerdings. Gar die letzten drei Mal nicht dabei war Albian Ajeti, der nach einem verpfuschten Jahr bei West Ham einen brillanten Einstand bei Celtic Glasgow hatte. In fünf der ersten sechs Meisterschaftsspiele der Saison traf er, ehe diese Erfolgssträhne endete. Nach jenen fünf Toren folgte nur noch ein weiteres, auch Ajeti konnte sich keinen Stammplatz erkämpfen.
Vielleicht gibt es aber auch ein EM-Ticket für einen Stürmer, den viele schon vergessen haben: Michi Frey. Mittlerweile 26 Jahre alt ist der einstige grosse Hoffnungsträger, er spielt in Belgien für Waasland-Beveren. Keine ganz grosse Adresse, an die ihn Fenerbahce ausgeliehen hat. Aber: Es ist ein Ort, an dem Frey trifft. Sechs Tore waren es in den letzten fünf Einsätzen. Am Samstag traf er beim 1:1 in den Abstiegs-Playoffs gegen Seraing.
Auf 16 Treffer in 31 Einsätzen bringt es Frey in dieser Saison. Nati-Luft durfte er nur einmal schnuppern. Im Oktober 2014 bot Vladimir Petkovic den jungen Stürmer für zwei Länderspiele auf, setzte ihn jedoch nicht ein. Frey war damals ein Senkrechtstarter auf dem Weg nach oben – der abstürzte und seither eine Karriere erlebt, die einer Achterbahnfahrt gleicht.
Frey schaffte bei YB den Durchbruch, war dort Publikumsliebling. Endlich ein «eigener», ein junger Berner! Einer, der mit viel Leidenschaft stürmte. Doch dann wechselte er nach Frankreich, wo er bei Lille wegen einer Verletzung nicht an seine alte Form anknüpfen konnte. Er kehrte zurück nach Hause, zunächst zum FC Luzern und dann retour zu den Young Boys. Dort ist er heute nicht mehr allzu beliebt. Denn er verliess YB in Richtung FC Zürich und feierte seinen Treffer im Cupfinal 2018 – gegen YB – aus Berner Sicht etwas gar überschwänglich.
Mit seinen Toren für den FCZ machte sich Frey wiederum für einen ausländischen Klub attraktiv: Fenerbahce engagierte ihn, einer der drei Grossen aus Istanbul. In der Türkei traf er aber zu selten, er wurde nach Nürnberg in die 2. Bundesliga ausgeliehen, kehrte zu «Fener» zurück und stürmt nun seit Oktober 2020 in Ostflandern. Vladimir Petkovic bot ihn in all den Jahren nie mehr auf. Ob er ihn nun kurz vor der EM aus dem Hut zaubert?
Nach Pfingsten bereitet sich die Schweizer Nati in Bad Ragaz auf die EM vor. In dieses Trainings-Camp dürfte Petkovic mehr Spieler aufbieten als die 26, die er ans Turnier mitnehmen darf. Mindestens ein Platz dürfte frei sein im Schweizer EM-Sturm – wer ihn will, erhält dort und in den EM-Tests gegen die USA und Liechtenstein die letzte Gelegenheit, sich aufzudrängen.
Drmic ist meiner Meinung nach gleichwertig zu Gavra, es macht somit nicht Sinn beide dabei zu haben.
Ajeti wäre auch ok, aber Itten wohl besser.
Und Frey ist weder besonders jung, noch lernfähig oder zuverlässig - nein Danke.