Ein bisschen klang es ja schon wie ein Ultimatum. Als Bernhard Burgener am Freitag vor einer Woche seine Zahlen aus dem Geschäftsjahr 2020 präsentierte, sprach er auch über die sportliche Situation und wie diese ihn nicht befriedige. Die Rückrunde sei alles andere als so, wie man sich dies vorgestellt habe. Und Burgener weiter:
Verliert die Mannschaft also da erneut, ist Ciriaco Sforza Geschichte, oder wie soll man das deuten?
So habe er das nicht sagen wollen, erklärte Burgener dann auf Nachfrage. «Aber der Druck ist da. Ich wünsche mir sportlichen Erfolg, wir müssen ein Zeichen setzen.» Druck, den übt der Besitzer so unweigerlich auf den Trainer aus, auch wenn er das nicht so gemeint haben will.
24 Stunden vor diesen Aussagen Burgeners gibt es etwas, was es beim FC Basel zuletzt selten gab: Einen ruhigen Moment. Einen, in dem Ciriaco Sforza mal Zeit hat, im Austausch mit zwei Medienschaffenden etwas zu reflektieren. Dabei wird deutlich, wie schwer auch vor Burgeners Aussagen am Tag darauf die Situation in Basel für alle ist. Nicht nur für die, die ganz oben an der Spitze des Vereins den Kampf austragen. Sondern vor allem auch für Sforza und sein Team. Denn Sforza wünscht sich nur eines: Ruhe. Ruhe, um sich auf den Fussball zu konzentrieren.
Alles andere, es wirkt, als stresse es ihn ein bisschen. Verständlicherweise. Denn wen würde es kalt lassen, nicht zu wissen, ab wann und ob er einen neuen Chef hat? Und was dieser möglicherweise neue Chef mit ihm, seinem Staff und seiner Mannschaft vorhat? Ob man dann noch einen Job hat, oder eben doch nicht? Entspanntes Arbeiten geht anders. Oder wie Sforza es selber formuliert:
Zumindest hatte Sforza in den vergangenen Tagen rund um die Nationalmannschaftspause ein bisschen Zeit für das, was er sich ersehnte: Abschalten. «Es war zwar nicht so einfach, weil du natürlich die Mitteilungen bekommst zu dem, was passiert. Und auch Telefonate von Kollegen. Aber erholt habe ich mich schon ein bisschen.»
Wirklich abschalten konnte wohl auch er kaum. Weil es immer wieder um dasselbe Thema geht. Wer sich in und um diesen Verein bewegt, kommt nicht um den grossen Machtkampf herum. Und er kommt es auch nicht, wenn Sforza im Mediengespräch im Hinblick auf das erste Spiel nach der Länderpause immer und immer wieder betont, dass es für ihn nicht darum gehe. «Es ist mühsam, das immer zu wiederholen.»
Stattdessen versucht der Trainer des FC Basel zu wiederholen, was er in all diesem Chaos zu tun probiert:
Dass die ganze Situation für ihn ein kleines Déjà-vu ist, nachdem er bereits Chaos-Tage bei GC erlebt hatte, bestätigt er, lachend. Und ergänzend, dass er genau aufgrund dieser Erfahrung, die er schon gemacht habe, als Gegenmittel diese Leichtigkeit suche.
Aber leicht, diese Leichtigkeit zu suchen, ist es nicht. Denn der FCB steht sportlich schlecht da. Bereits zehn Niederlagen hat er in der Meisterschaft kassiert. Dem gegenüber stehen ebenso viele Siege. Er steht auf Rang vier der Tabelle, nur zehn Punkte trennen ihn vom auf dem Abstiegsplatz stehenden FC Vaduz, welches am Montag im Joggeli gastiert. Und dafür beträgt die Distanz zu Leader YB 21 Punkte.
Dass die sportliche Misere auch an die Streitigkeiten in der Führungsebene geknüpft ist, ist selbstredend. Das spürte auch Sforzas Vorgänger Marcel Koller, der kurz vor seinem letzten Spiel einen Orden einforderte dafür, dass die Mannschaft doch noch einigermassen performe, trotz allem, was im Verein passiere.
Unter Sforza sind die Leistungen weiter eingebrochen. Wohl auch, weil er eben diesen Fokus, den er auf den Fussball legen möchte, nicht vollends legen kann. Dass er mal gesagt habe, dass er so etwas nicht machen wolle und wisse, wann er gehen müsse, sei falsch herüber gekommen. So sagt Sforza: «Ich bin mit Herz dabei, mit Spass. Ich will langfristig beim FCB sein.» Dass es nicht einfach sei, mit allem, was von aussen heran getragen werde, sei klar. Aber auch hier sei das Mittel: Die Leichtigkeit.
In der Mukibude 🏋️💪#FCBasel1893 #rotblaulive pic.twitter.com/Fuhim1OTJ7
— FC Basel 1893 (@FCBasel1893) March 31, 2021
Wie viel von dieser proklamierten Leichtigkeit am Montag im Spiel der Mannschaft, aber auch beim Trainer zu spüren sein wird, wird sich weisen.
Aber Sforza dürfte auch wissen, dass eine Niederlage alles noch schlimmer macht. Und auch wenn er es als des Präsidenten Recht sieht, vor den versammelten Medien eine Reaktion zu fordern – «er hat angesprochen, was auch ich nach dem 1:2 im Tessin gemeint habe: Dass wir mal wieder über 90 Minuten konzentriert sein müssen» – dann wird er auch wissen, dass alles andere als ein Sieg seine Situation nicht besser macht.
Denn auch wenn die Streithähne Burgener und David Degen gerade ihren Fokus auf andere Schauplätze legen: Auch Sforza steht unter Beobachtung. Mit diesem Wissen wird die Leichtigkeit auch für ihn schwer.