Real-Manie in Basel! Ab dem Moment der Landung um 12.09 Uhr am Flughafen Basel-Mulhouse befindet sich das Starensemble um Cristiano Ronaldo im Belagerungszustand. Sogar die Flughafenmitarbeiter betteln auf dem Rollfeld um Autogramme – und das ist erst der Anfang.
Eine Polizeieskorte begleitet den Mannschaftsbus der Spanier ins Nobelhotel «Les Trois Rois» in der Basler Innenstadt. Dort halten mehrere hundert Fans die Polizei stundenlang auf Trab. Als die Madrilenen am Abend Richtung St.Jakob-Park abfahren, um das Abschlusstraining zu bestreiten, bricht der komplette Ausnahmezustand aus.
An der Pressekonferenz geht es wesentlich gesitteter zu und her. Zwar sind über 100 Journalisten mit mehr als einem Dutzend Kameras gekommen, doch zu Beginn kommt das Frage- und Antwortspiel nur schleppend auf Touren. Als die Runde für Fragen an Basel-Trainer Paulo Sousa eröffnet wird, dauert es geschlagene 20 Sekunden bis sich der erste Journalist ein Herz fasst.
Kein Wunder. Denn zwar steigt am Mittwoch vielleicht die grösste Fussball-Party des Jahres auf Schweizer Boden, doch eigentlich ist die Ausgangslage hochgradig unspektakulär.
Realistischerweise kann sich der Schweizer Meister gegen das weisse Ballett keine grossen Hoffnungen machen. Dafür sind die Erinnerungen an das diskussionslose 1:5 im Bernabéu vor rund zwei Monaten noch zu frisch. Vor allem die Basler Hintermannschaft wurde in der spanischen Hauptstadt von Reals Multi-Millionen-Angriffsmaschine arg zerzaust.
Zudem hat sich Real seither in einen veritablen Siegesrausch gesteigert. 14 Partien in Folge haben die Königlichen wettbewerbsübergeifend gewonnen. Das Torverhältnis von 56:8 dürfte den Bebbi-Verantwortlichen einige schlaflose Nächte bereitet haben.
Selbst eine Niederlage wäre für den FC Basel aber kein Beinbruch. Höchstens das Selbstvertrauen könnte leiden, wenn sie zu desaströs ausfällt. Aber auch dann kommt es am 9. Dezember an der Anfield-Road gegen Liverpool zum Showdown um Platz 2. Gleichzeitig wäre ein FCB-Punktgewinn gegen Real sportlich überhaupt nur von Bedeutung, wenn die Engländer bei Ludogorets unerwartet patzen sollten.
Umso erstaunlicher, dass Paulo Sousa vor dem Rückspiel gegen die spanische Wundertruppe keine Lust auf Tiefstapelei hat. «Nur ein Sieg ist ein gutes Resultat. Das gilt auch für dieses Spiel, denn das ist die Art, wie wir arbeiten. Wir wissen natürlich, dass es dafür eine perfekte Partie braucht. Aber das ist unsere Mentalität», erklärt der FCB-Coach angriffslustig.
Wenn es nach Sousa geht, dann wird das Basler Publikum den Mittwochabend nicht so schnell vergessen: «Wir haben schon die erste Chance, uns für die nächste Runde zu qualifizieren. Wenn alle Details stimmen, dann können wir vor dem eigenen Publikum gegen Real eine magische Nacht erleben.»
An die Ohrfeige vom Bernabéu will der Portugiese indes nicht mehr viele Gedanken verschwenden: «Bei uns ist damals vieles neu gewesen. Trotzdem haben wir uns auch einige Chancen erarbeitet, aber am Ende waren wir nicht imstande, ihnen Paroli zu bieten. Doch nun ist alles anders. Wir hatten mehr Zeit, um zusammen zu arbeiten und haben grosse Fortschritte gemacht. Real hat enorm viel Qualität in der Mannschaft, aber ich bin davon überzeugt, dass wir nun auch ein gutes Ergebnis erreichen können.»
Könnte es dem FCB in die Karten spielen, dass die Spanier mit vier Siegen bereits für die K.o.-Runde qualifiziert sind? Nicht wenn es nach Real-Trainer Carlo Ancelotti geht: «Wir sind schon durch, aber wir wollen natürlich den Gruppensieg. Deshalb werden wir mit der besten Mannschaft antreten, die uns zur Verfügung steht. Es wird ein interessantes und spannendes Spiel, denn beide Mannschaften brauchen die Punkte.»
Wenn der Italiener Wort hält, wird also auch Superstar Cristiano Ronaldo auflaufen. Vielleicht schreibt der Portugiese in Basel sogar Geschichte und krallt sich Messis neuen Torrekord von 74 Treffern in der Champions League. Derzeit liegt Ronaldo vier Längen zurück.
Sousa hat sich beim Hinspiel dem Vernehmen nach das Trikot seines treffsicheren Landsmanns geschnappt. Nun will er sich über ihn nicht zu arg den Kopf zerbrechen: «Ronaldo macht mir keine Angst. Persönlich freue ich mich als Portugiese, dass es ihm so gut läuft. Doch wenn wir den Ball haben, dann bekommt er auch keine Möglichkeiten. Aber Real ist nicht nur Ronaldo. Er war in den vergangenen Jahren sehr wichtig für sie, aber auch der Rest der Mannschaft hat viel Qualität.»
Auf viel Qualität muss Basel derweil selbst verzichten. Neben dem gesperrten Serey Die fehlen weiterhin auch Marco Streller und Taulant Xhaka. Zudem hat sich Angreifer Giovanni Sio am Dienstag eine bisher undiagnostizierte Knieverletzung zugezogen und fällt ebenfalls aus.
Für Tore könnte stattdessen Derlis Gonzalez sorgen. Der Paraguayer erinnert sich gerne an seinen Ehrentreffer im Bernabéu: «Für mich ging ein Traum in Erfüllung, als ich bei meinem Champions-League-Debüt ein Tor erzielen konnte. Natürlich waren wir am Ende mit dem Resultat nicht zufrieden. In Basel werden wir auf die drei Punkte gehen und ich hoffe, dass ich wieder als Torschütze auftreten kann.»