Sport
Fussball

Aufstieg und Fall der grauen Eminenz des Schweizer Fussballs

Ein fröhlicher Erich Vogel heute vor dem Bezirksgericht Zürich. 
Ein fröhlicher Erich Vogel heute vor dem Bezirksgericht Zürich. Bild: KEYSTONE
Sein Leben, sein Wirken

Aufstieg und Fall der grauen Eminenz des Schweizer Fussballs

Vom Metzgerssohn zum Spieler, Manager, Sportchef und Vizepräsident bei den Grasshoppers. Der 75-jährige Erich Vogel hat ein bewegtes Leben hinter sich. Nun hat Vogel mit dem Schuldspruch ein neues Kapitel zu seiner Biographie hinzugefügt.
28.11.2014, 16:1328.11.2014, 17:54
No Components found for watson.skyscraper.
Mehr «Sport»

Erich Vogel wächst als Metzgerssohn im Zürcher Industriequartier auf. Der Vater schickt ihn mit dreizehn Jahren zu den Junioren der Grasshoppers, wo er es gemäss dem Tages-Anzeiger zwar ins Kader der ersten Mannschaft schafft, aber nie zum Einsatz gelangt.

Er studiert in Zürich und Paris Literatur, Soziologie und Theater. Doch Karriere macht er doch im Fussball. So arbeitet sich der ehrgeizige Vogel bei den Grasshoppers empor, wird sogar Trainer. Im Jahr 1976 wird er entlassen. «Ich habe zu langfristig gedacht, zu viel auf den Kopf stellen wollen», sagte Vogel einst dem «Sport» über seine Trainerzeit.

Das Trainer-Duo des Grasshopper Clubs Zürich, Erich Vogel (l.) und Istvan Szabo im August 1973.
Das Trainer-Duo des Grasshopper Clubs Zürich, Erich Vogel (l.) und Istvan Szabo im August 1973.Bild: KEYSTONE

Doch Vogel bleibt der einheimischen Fussballszene erhalten: Er wird Coach bei Neuchatel Xamax, später Sportchef beim FC Zürich und in Aarau.

Vogel entdeckt zahlreiche Talente und es gelingt ihm oft, ein konkurrenzfähiges Team zusammenzustellen. Sein Netzwerk und seine Seilschaften bringen den «unbequemen Macher» (O-Ton Vogel) schnell an die Spitze der Schweizer Fussballszene. 

«Ich bin ein Macher und nicht Verwalter. Und ich provoziere gerne, deshalb mögen mich viele nicht besonders.»
Erich Vogel. zwölf.ch

Beim FC Aarau feiert er grosse Erfolge, ehe er an die alte Wirkungsstätte zurückkehrt und eine neue Ära einleitet: Mit Trainern wie zum Beispiel Christian Gross führt Vogel den Verein zu zahlreichen Triumphen. Die Zürcher brillieren sogar in der Champions League und verpassen am Ende den Sprung in den Viertelfinal nur ganz knapp. 

Dass Vogel im Fussballgeschäft bereit ist, die Grenzen des Erlaubten auszuloten – und teilweise zu überschreiten – zeigt sich in einem Gespräch mit der Weltwoche 2007. So sind bei seinem Joballtag «manchmal Halbwahrheiten, Notlügen, Schummeleien bis zur Lüge durchaus drin.»

Innerhalb von zwei Jahren dreimal entlassen

Wo Erich Vogel ist, ist auch immer Schall und Rauch. Nach elf Jahren bei den Zürchern wird er entlassen. Bei seinem Abgang bei GC 1999 herrscht in der Klub-Kasse ein grosses finanzielles Loch, man spricht von einem Fehlbetrag  von knapp zwanzig Millionen Franken. 

«Sobald es ums Geld ging, war er als Manager überfordert.»
René C. Jäggi.Tages-Anzeiger.ch
No Components found for watson.skyscraper.

Doch trotz angeschlagenem Ruf findet er wenige Monate später beim FC Basel ein neues Experimentierfeld und wird im Jahre 2000 Sportchef.

FCB-Trainer Christian Gross (r.) hört seinem Präsidenten Rene C. Jäggi (l.) an einer Pressekonferenz 2001 zu, wo bekannt gegeben wird, dass man sich vom Sportmanager Erich Vogel trennt.
FCB-Trainer Christian Gross (r.) hört seinem Präsidenten Rene C. Jäggi (l.) an einer Pressekonferenz 2001 zu, wo bekannt gegeben wird, dass man sich vom Sportmanager Erich Vogel trennt.Bild: KEYSTONE

Nach seiner Entlassung in Basel zieht es ihn in gleicher Funktion zum FC Zürich. Nachdem ihm FCZ-Präsident Sven Hotz Kompetenzüberschreitung vorwirft («Vogel hat Spieler zu beeinflussen versucht und den Trainer letztlich mehr frustriert als unterstützt»), wird er innerhalb von nur zwei Jahren beim dritten Klub in der höchsten Schweizer Liga von seinen Aufgaben als Manager entbunden.

Schliesslich landet Vogel 2007 wieder bei GC. Den Verein führt er zu Beginn in Personalunion als Sportchef und Vizepräsident. In der Schweizer Fussballszene lässt die ewige Reizfigur niemanden kalt. Man ist entweder pro oder Contra Vogel. Seine Wegbegleiter halten ihm jahrelang die Treue (beispielsweise die millionenschwere Familie Spross), Feinde versuchen seit jeher ihn zu Fall zu bringen.

Der Mann für alle Fälle

Seine eigentlichen Aufgaben-, Rollen- sowie Berufsbezeichnung bei den Grasshoppers variiert in der Folge stets und bleibt oft unklar. So gibt Vogel einst dem Fussballmagazin «Zwölf» auf die Frage, ob er eigentlich «nur» Vizepräsident sei, die kryptische Antwort: «Ja, aber es war immer klar, dass ich den Klub leite. Die anderen haben beide einen Job, ich bin Vollzeitangestellter. Klar habe ich am meisten Einfluss. Ich habe mir gesagt, ich mache es nur, wenn ich nach oben nicht auch führen muss, denn das ist immer das Schwierigste. Es braucht zu viel Energie, die Oberen zu überzeugen.»

Auch zuletzt in der Affäre Salatic geisterte sein Name noch immer umher. Beim Schweizer Rekordmeister schien Erich Vogel immer noch – trotz fehlender offizieller Funktion – im Hintergrund die Fäden zu ziehen.

Im zarten Alter von 75 Jahren kommt bei der schillernden Figur Erich Vogel ein neues Kapitel hinzu. Weil er zusammen mit Spielervermittler Peter Bozzetti YB-Sportchef Fredy Bickel unter Druck setzte, wurde Vogel im letzten September verhaftet und sass 20 Tage in Untersuchungshaft. Heute ist der ehemalige GC-Manager vom Bezirksgericht Zürich wegen Gehilfenschaft zu versuchter Erpressung zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 150 Franken verurteilt worden. 

No Components found for watson.skyscraper.

Warum die ganze Affäre eskalierte, ist nicht ganz klar. Vogel lobte «Opfer» Bickel 2009 noch in den höchsten Tönen. Auf die Frage, wer in Zukunft seine Rolle einnehmen könnte, antwortete er im Interview mit dem Magazin «Zwölf»: «Es gibt viele fähige Leute, die das aber ganz anders machen. Fredy Bickel ist fähig. Er setzt sich immer auf die Bank und ist immer bei der Mannschaft. Bickel sieht und hört alles, er ist wie ein Assistenztrainer». 

«Fredy Bickel ist fähig. Er setzt sich immer auf die Bank und ist immer bei der Mannschaft.»
Erich Vogel.zwölf.ch
Peter Bozzetti und Erich Vogel.
Peter Bozzetti und Erich Vogel.Bild: KEYSTONE

Wie Erich Vogel nach dem Urteil gegenüber Medienvertretern bestätigt, wird er gegen den Richterspruch Rekurs einlegen.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
3
Shaqiri mit 30. Nati-Tor – die Schweiz bezwingt Irland und beendet lange Durststrecke
Die Schweiz beendet den Testspiel-Zusammenzug mit einem Erfolg. Das Nationalteam gewinnt gegen Irland dank einem Treffer von Xherdan Shaqiri 1:0.

Er überzeugt nicht immer im Dress des Nationalteams. Manchmal gibt es Partien, in denen Shaqiri kaum auftaucht. Aber dann kommt aus dem Nichts ein starkes Dribbling, ein genialer Pass oder ein gezielter Schuss und schon hat er dem Spiel wieder den Shaqiri-Stempel aufgedrückt.

Zur Story