Die britische Zeitung The Independent brachte die Geschichte gestern zuerst:
Das deutsche Fachblatt Kicker konnte wenig später aus offizieller Quelle nachlegen:
Die Meldung, wonach Katar in der WM-Qualifikation mitspielen wird, stimmt so allerdings nicht. Vielmehr ist es so, dass die katarische Nationalmannschaft Partien – Freundschaftsspiele, Testspiele oder wie auch immer man sie nennen mag – im Rahmen dieser WM-Qualifikation gegen europäische Teams austragen wird. Jeweils jenes Team, das in der europäischen WM-Qualifikationsgruppe A spielfrei ist, spielt gegen Katar.
Es ist also nicht so, dass Katar nun in Europa um ein WM-Ticket spielt, so wie das die Schweiz oder Deutschland und Österreich tun. Natürlich nicht: Als Gastgeber der Fussball-WM 2022 hatte Katar seinen Startplatz schon im Moment des Zuschlags auf sicher.
Die UEFA teilte gemäss der Nachrichtenagentur AP mit, sie habe Katar eingeladen, gegen die Mannschaften der Gruppe A zu testen. Sie machte dies am Tag nach der Auslosung in Zürich. Es ist unklar, ob es in jedem Fall die Gruppe A geworden wäre, unabhängig von deren Zusammenstellung, oder eine andere und ob Katar ein Mitspracherecht hatte. In der europäischen WM-Qualifikation gibt es noch vier weitere Gruppen mit jeweils fünf Teams, unter anderem jene mit der Schweiz und Italien.
Die Testgegner Katars sind nun: Der aktuelle Europameister Portugal, mit Serbien ein weiterer Teilnehmer der WM 2018, Irland, Luxemburg und Aserbaidschan.
Group A is now complete
— FAIreland ⚽️🇮🇪 (@FAIreland) December 7, 2020
1⃣ Portugal
2⃣ Serbia
3⃣ Ireland 🇮🇪
4⃣ Luxembourg
5⃣ Azerbaijan
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Nein. Die Partien gegen Katar sind reine Testspiele, bei denen es keine Punkte für die WM-Qualifikation zu gewinnen gibt.
Wenn Katar wirklich so mies ist, wie am Stammtisch gerne behauptet wird, darf sich immerhin Cristiano Ronaldo freuen. Er jagt den Rekord für die meisten Länderspieltore. Aktuell steht der Portugiese bei 102 Treffern, Rekordinhaber Ali Daei schoss im Trikot des Irans 109 Tore.
Die Spielorte sind noch nicht bestimmt. Laut den Meldungen ist es so, dass die Heimspiele Katars nicht auf der arabischen Halbinsel stattfinden, sondern in Europa.
Sinnvollerweise werden die Spiele im Land des jeweiligen Gegners ausgetragen. Denn selbst wenn irgendwann wieder Zuschauer in die Stadien dürfen: Wer soll sich in Belfast oder in Bilbao, in Brünn oder in Bursa für den Testspielkracher Luxemburg – Katar interessieren? Dann lieber in Braga gegen Portugal oder in Belgrad gegen Serbien.
Macht man nicht – jedenfalls nur teilweise. Schon in der Qualifikation für die EM 2016 durfte Gastgeber Frankreich Testspiele gegen fünf Mannschaften einer Qualifikationsgruppe austragen. Schon damals zählten übrigens Portugal und Serbien zu diesen Teams.
Neu ist im Gegensatz zum französischen Beispiel, dass Katar gegen Nationalteams eines anderen Kontinentalverbands testet. Wobei das bei Testspielen usus ist, gerade Brasilien und Argentinien touren oft rund um den Globus und lassen sich das Antreten vergolden. Bei Katar dürfte es umgekehrt sein: Sie werden kaum Geld dafür erhalten, sondern für die Testspielgelegenheiten bezahlen.
Katars Fussballer sind gerne gesehene Gäste. Ob aus sportlichen oder anderen, monetären, Gründen – wir wissen es nicht mit Sicherheit. Sie haben gar schon an einem offiziellen Wettbewerb auf einem anderen Kontinent teilgenommen: 2019 an der Copa America in Südamerika. 2021 wird der WM-Gastgeber dort erneut als Gastteam dabei sein; zweiter Gast ist Australien, letztes Jahr war nebst Katar Japan dabei.
Katar als Südamerika-Meister? Die Regeln würden es erlauben. Mexiko kam 1993 als Gast bis in den Final, den es gegen Argentinien nur knapp mit 1:2 verlor. Während ein Triumph für den amtierenden Asienmeister also in Südamerika möglich sein wird, kann er sich nicht als europäischer Vertreter für die WM qualifizieren. Denn – das weisst du mittlerweile – Katar trägt nur Testspiele aus.
Asien- und Südamerikameister – und gleich auch noch CONCACAF-Champion? Zumindest in der Theorie lockt dieser geografisch unmögliche Hattrick. Katar nahm auch eine Einladung an, als Gast das Teilnehmerfeld des Gold Cups 2021 zu vervollständigen, der Kontinentalmeisterschaft von Nord- und Mittelamerika und der Karibik.
Klasse scheint durchaus vorhanden zu sein. 2019 gewann Katar die Asienmeisterschaft, es setzte sich gegen WM-Stammgäste wie Japan, Südkorea, den Iran oder Saudi-Arabien durch.
In der FIFA-Weltrangliste findet man Katar auf Rang 59. Nun kann zurecht über den Sinn dieser Rangliste diskutiert werden, eine gewisse Aussagekraft ist bestimmt vorhanden. Katar befindet sich auf Augenhöhe mit Nationen wie Griechenland (53), Bosnien-Herzegowina (55), Mali (57), Elfenbeinküste (61) oder Slowenien (62). Länder, die nicht zur Crème de la Crème des Weltfussballs gehören, aber solche, die an einem guten Tag auch den Topnationen ein Bein stellen können.
Die Klasse Katars musste übrigens vor gar nicht allzu langer Zeit auch schon die Schweiz erkennen. Sie verlor im November 2018 in Lugano einen Test mit 0:1.