Max Verstappen zieht im chaotisch verlaufenen Grand Prix von Deutschland das grosse Los. Der Niederländer im Red Bull siegt vor Sebastian Vettel im Ferrari und Daniil Kwjat im Toro Rosso.
VER: "It was amazing to win in the end. It was really tricky to make the right calls. To come out on top it was all about not making mistakes. It's amazing to win here"#F1 #GermanGP 🇩🇪 pic.twitter.com/pHoup464Hw
— Formula 1 (@F1) July 28, 2019
Es braucht etwas Regen, und schon gerät in der Formel 1 vieles aus den Fugen. Da wird das Monotone im Wortsinn weggespült, da werden Prognosen und Strategien über den Haufen geworden, da bleibt nicht viel übrig vom Gewohnten. Das Wetter führt so dominant Regie, dass an einem Tag wie diesem beste Werbung für den Sport betrieben werden kann.
Dreher, Unfälle, die vier Auftritte des Safety-Cars zur Folge hatten, und übermässig viele Boxenstopps wegen den Wetterkapriolen sorgten für eine denkwürdige Veranstaltung. Dass sich das bisher turbulenteste Rennen der Saison ausgerechnet bei der (vorläufigen) Derniere in Hockenheim zugetragen hat, ist wohl der Ironie geschuldet. Es schien, als wolle sich die Formel 1 mit Fahnen und Trompeten von einem weiteren traditionsreichen Ort verabschieden.
Fahnen wurden nach Rennschluss vor allem in oranger Farbe geschwenkt. Die unübersehbare Niederländer Fraktion auf den Tribünen durfte innert vier Wochen zum zweiten Mal jubeln. Im Grand Prix von Österreich hatte Max Verstappen eine Hitzeschlacht für sich entschieden, nun doppelte er auf phasenweise nasser Strecke nach. Trotz einem Dreher und fünf Boxenstopps reichte es zum siebten Grand-Prix-Sieg.
Dass Verstappen nach dem Schreckmoment die Ruhe bewahrte und geduldig auf seine Chance wartete, zeugt von gewonnener Reife. Unüberlegte Manöver scheinen bei ihm der Vergangenheit anzugehören. Der einstige Wunderknabe verschwendet sein Talent nicht mehr mit rüpelhaftem Benehmen. Er nutzt seine hohe Begabung fürs Wesentliche und hat mittlerweile eine Konstanz erreicht, mit der er seinen Ruf, ein kommender Weltmeister zu sein, endgültig bestätigt.
Zu diesem denkwürdigen Sonntag in Hockenheim gehörte, dass Verstappen bei der Siegerehrung von zwei Fahrern flankiert wurde, die so weit vorne in der Schlussrangliste nicht erwartet worden waren. Für Vettel war der zweite Platz die Genugtuung für das Pech tags zuvor im Qualifying, als ihn ein Defekt im Turbolader gestoppt hatte, und der Lohn für eine fantastische Aufholjagd. Der im nur 40 Kilometer entfernten Heppenheim aufgewachsene Deutsche war zu seinem Heimrennen vom letzten Startplatz losgefahren.
Noch unerwarteter kam der dritte Rang von Kwjat. Der Russe, der bei Red Bull vor gut drei Jahren Verstappen hat Platz machen müssen und nunmehr zum dritten Mal bei Toro Rosso tätig ist, schaffte es in der Formel 1 zum dritten Mal unter die ersten drei. Für seinen Arbeitgeber war es sogar erst der zweite Podiumsplatz in der Formel 1. Für den ersten hatte Vettel vor knapp elf Jahren mit seinem völlig überraschenden Sieg im Grand Prix von Italien gesorgt.
Zu diesem denkwürdigen Sonntag gehörte auch, dass der bisher so souverän aufgetretene Lewis Hamilton lediglich in der ersten Rennhälfte ein Faktor war. Der aus der Pole-Position gestartete Engländer schien als Führender alles unter Kontrolle zu haben – bis zu jenem Moment, in dem aus dem vermeintlichen Sieger ein Verlierer wurde. Der Brite kam vom Weg ab, schlug in der Streckenbegrenzung ein und demolierte den Frontflügel des Mercedes.
Der nötig gewordene Zwischenhalt nahm rund eine Minute in Anspruch, so dass sich Hamilton beim Wiedereintritt an fünfter Stelle wiederfand. Dazu wurde er von der Rennleitung mit dem (am Ende nicht mehr relevanten) Zuschlag von fünf Sekunden belegt, weil er nach dem Zwischenfall nicht den korrekten Weg in die Boxengasse gewählt hatte. Das Ziel erreichte Hamilton als Elfter. Wegen nachträglich ausgesprochenen Zeitstrafen gegen die Fahrer des Teams Alfa Romeo rückte er in der Rangliste noch um zwei Plätze vor.
Noch schlimmer erging es Hamiltons Teamkollege Valtteri Bottas. Der Finne rutschte an der gleichen Stelle wie der Engländer und Charles Leclerc im zweiten Ferrari in den Reifenstapel und wurde wegen zu grosser Beschädigungen am Auto zur Aufgabe gezwungen. Der Tag, an dem sie bei Mercedes das 125-Jahr-Jubiläum der Marke im Automobilrennsport würdig begehen wollten, war endgültig zum Debakel geworden.
Der Tag, der so vieles ausserhalb der Norm brachte. Dem Regen sei Dank. (ram/sda)