Sein Vertrag mit Omsk läuft noch eine weitere Saison und ist nach wie vor nicht aufgelöst. Doch sein Agent Dani Giger bestätigt: «Wir prüfen im Einverständnis mit Omsk verschiedene Optionen.» Aus sportlichen und finanziellen Gründen ist die Option eines Wechsels innerhalb der KHL sehr, sehr unwahrscheinlich. Die wahrscheinlichste Option ist eine Rückkehr in die Schweiz – dabei ergeben sich vier mögliche Destinationen. Das sieht auch Dani Giger so. Der Zeitpunkt für ein Wechsel in die Schweiz ist ideal: Noch gibt es keine Salärobergrenze.
Welche Optionen ergeben sich in unserer National League?
Dani Giger hat sein Büro in Cham bei Zug. Ab und an schaut Zugs Sportchef Reto Kläy beim ehemaligen Zuger Meisterstürmer für einen Kaffeeklatsch vorbei und bei dieser Gelegenheit wird Sven Andrighetto so oder so ein Thema sein. Und natürlich wird Dani Giger auch den SCB und Biel kontaktieren. Das ist seine Pflicht.
Aber die Berner können in diesem Transfer-Fall finanziell nicht mithalten und auch keine besseren sportlichen Perspektiven bieten. Biels Sportchef Martin Steinegger bringt es auf den Punkt. «Natürlich wären wir interessiert. Aber in diesen unsicheren Zeiten ist eine so grosse Transfer-Investition für uns ausgeschlossen. Wir sind definitiv nicht mehr im Rennen.»
Und könnte sich der SCB Sven Andrighetto leisten? «Ich weiss ja gar nicht, wie viel er kostet» sagt SCB-Mitbesitzer und Manager Marc Lüthi. Anders gefragt: Kann sich der SCB einen zusätzlichen Spieler leisten, der mehr als 500'000 Franken im Jahr verdient? «Nein, nicht in diesen unsicheren Zeiten.» Oder «spendieren» die neuen SCB-Mitbesitzer und Multimillionäre Roman Josi und Mark Streit als Einstand einen solchen Transfer? Marc Lüthi: «Nein, nein, nein, nein.»
Auch HCD-Sportdirektor Raeto Raffainer winkt ab: «Ich wünschte, wir könnten interessiert sein. Ich kenne Sven aus meiner Zeit beim Verband. Er ist ein phantastischer Spieler. Aber wir können uns einen solchen Transfer in diesen unsicheren Zeiten einfach nicht leisten.»
ZSC-Sportchef Sven Leuenberger bestätigt hingegen das Interesse an Sven Andrighetto. Auf die Frage, ob er das Budget habe, um den Nationalstürmer zu verpflichten, sagt er: «Wenn Pius Suter in die NHL wechselt, dann habe ich das Budget, um einen Spieler zu verpflichten.» Die Zürcher könnten in diesem Fall aber auch einen fünften Ausländer verpflichten – gemäss den Liga-Reglementen kann ein Klub diese Saison einen Spieler, den er aus laufendem Vertrag an die NHL verliert, durch einen zusätzlichen Ausländer ersetzen.
Kann es sein, dass die ZSC Lions sozusagen den Fünfer und das Weggli einlösen, sowohl einen fünften Ausländer als Sven Andrighetto verpflichten und so zumindest auf dem Papier zum offensiv besten Team seit Einführung der Playoffs werden?
Wohlweislich ist Sven Leuenbergers Antwort eine diplomatische: «Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.» Kein Schelm wer denkt: Im Falle eines Falles sind die Zürcher dazu in der Lage, die «Transferkriegskasse» aufzustocken und jede Offerte aus Lugano, Lausanne und Zug zu kontern.
Lohnt es sich, Sven Andrighetto zum bestbezahlten Schweizer Stürmer der Geschichte neben Zugs Grégory Hofmann zu machen? Ja. Aber nur für ein Team, das Meister werden will und dessen Besitzer ab und an einen Batzen in die Transferkriegskasse einzahlen.
Der Zürcher (bei den ZSC Lions ausgebildet) ist im Abschluss nicht so gefährlich wie Damien Brunner zu den besten Zeiten. Er ist eher so etwas wie ein «Inti Pestoni des reichen Mannes.. In seiner Hockey-DNA ein variantenreicher, schlauer, antrittsschneller «Finisher» und Kunstschütze. Aber schlauer, variantenreicher und explosiver und auch grösser, robuster und belastbarer als Pestoni.
Deshalb reichte es ihm für Verträge in den beiden besten Ligen der Welt (NHL/227 Spiele/32 Tore und KHL/62 Spiele/13 Tore), die ihm bisher brutto rund vier Millionen Franken eingetragen haben, und für den WM-Final. Und Inti Pestoni «nur» zu einer Tour de Suisse von Ambri nach Zürich, Davos und nun Bern und für Operetten-Länderspiele.
Sven Andrighetto hat noch keine einzige Partie in unserer höchsten Spielklasse bestritten. Mit 16 wechselte er ins nordamerikanische Juniorenhockey, setzte sich dort durch und bringt die gleiche internationale Härte mit wie jeder Ausländer.
Vom Spielertyp her kein charismatischer Leader wie Simon Moser, der auf dem Eis und in der Kabine eine Meistermannschaft zu führen vermag. Aber er kann das fehlende Teilchen zu einem Meisterpuzzle sein: Der Stürmer, der in engen Playoffpartien den entscheidenden Treffer markiert – erst recht dann, wenn der Gegner alle defensiven Hände voll zu tun hat, um die anderen offensiven Tenöre zu kontrollieren.
Oder anders gesagt: Er sorgt für die offensive Kadertiefe, die im Titelkampf die Differenz macht. Oder etwas zugespitzt: Wenn es zu einem Finale zwischen Zug und den ZSC Lions kommen sollte, wird das Team gewinnen, das Sven Andrighetto in seinen Reihen hat. Ihn zu verpflichten bedeutet ja auch, dass er nicht dem Gegner zur Verfügung steht.
Eine Flügelzange Grégory Hofmann/Sven Andrighetto würde den ZSC Lions schlaflose Playoff-Nächte bescheren. Und umgekehrt würden die Zuger im Falle eines Scheiterns gegen die ZSC Lions wohl noch in zehn Jahren klagen: «Ach, hätten wir uns doch im Sommer 2020 Sven Andrighetto geleistet. Dann müssen wir nicht noch immer auf unseren zweiten Titel warten…»
Aber in der NLA sparen sie ja. Genau.