Im letzten Jahrhundert, während der «Belle Epoque» des ZSC, als im alten Kult-Hallenstadion noch Marihuana geraucht wurde, waren Siege gegen den EHC Kloten eine Sensation. Der charismatische ZSC-Sportchef Guido Tognoni liess einmal aus Anlass eines Derby-Sieges eine Krawatte anfertigen.
Noch stehen sich die ZSC Lions und die Kloten Flyers praktisch auf Augenhöhe gegenüber. Aber mittelfristig werden die Klotener Krawatten für Derbysiege in Auftrag geben. Das 0:1 gegen die ZSC Lions durch einen Treffer vier Sekunden vor Schluss und der Transfer von Peter Guggisberg sind die Zeichen an der Wand, die uns die Zukunft zeigen.
Die ZSC Lions sind durch eine Kombination aus Geld und Kultur eines der erfolgreichsten Hockeyunternehmen Europas geworden. Einerseits stehen Mittel für gute Transfers zur Verfügung. Und andererseits werden hohe Investitionen in die Nachwuchsabteilung getätigt. Kein anderes Hockeyunternehmen bildet heute so erfolgreich so viele Spieler aus wie die Organisation der ZSC Lions. Längst werden die Spieler für die dritte und vierte Formation aus den eigenen Reihen rekrutiert.
Die Überlegenheit des alten Kloten gegenüber dem alten ZSC basierte im letzten Jahrhundert auf der viel stärkeren Hockeykultur. Auf der damals besten Nachwuchsabteilung im Lande. Der EHC Kloten baute im Laufe der 1990er Jahre sogar weitgehend mit eigenen Spielern eine meisterliche Dynastie auf, die viermal hintereinander die Meisterschaft gewann (1993 bis 1996).
Aber die Kapitalisierung des Eishockeys verführte die Klotener im Laufe der letzten zehn Jahre zu einer Abkehr von ihrer Kultur. Immer mehr Transfers statt eigene Spieler und am Ende beinahe die Pleite. Beinahe wäre Präsident Jürg Bircher der grosse Coup dennoch gelungen. 2009 und 2011 verloren die Kloten Flyers den Titelkampf erst im Finale gegen den HC Davos. Beim alles entscheidenden 2:3 auf eigenem Eis am 12. April 2011 erzielte Peter Guggisberg zwei Tore für Davos. Nun haben die Klotener Peter Guggisberg gekauft. Nun müsste es funktionieren.
Aber die Kloten Flyers werden scheitern. Sie haben eine historische Chance verpasst. Weil sie vom rechten Hockeyglauben abgekommen sind. Die neue wirtschaftliche Stabilität wäre eine einmalige Chance, die Nachwuchsabteilung zu hegen, zu pflegen und in diesem Bereich die ZSC Lions wieder zu überholen. Das wäre die Voraussetzung, um die Nummer 1 im Kanton zu sein.
Aber Klotens Nachwuchsorganisation ist nicht mehr die erste Adresse im Land. Wir wollen nicht polemisieren und verweisen auf die Fakten: Die Elite-Junioren, die einst die Konkurrenz dominierten, darben in der höchsten Nachwuchsliga auf dem 8. Tabellenplatz. Inzwischen verwirklichen die ZSC Lions die Ideale des einstigen Ausbildungsklubs Kloten viel besser als die Klotener.
Auf nächste Saison wird in Kloten aufgerüstet. Die Rückkehr von Steve Kellenberger aus Biel, einem eigenen Junior, macht Sinn. Der Nutzen der Zuzüge der Davoser Peter Guggisberg und René Back oder des Zuger Corsin Casutt ist hingegen fraglich.
Die Mannschaft wird nicht besser (Back kommt, Félicien Du Bois geht). Peter Guggisberg kann, wenn er denn gesund ist und auf und neben dem Eis integriert werden kann, die Offensive zwar besser machen. Aber sein Transfer verteuert die Mannschaft auf Jahre hinaus: Jene, die behaupten, er sei jetzt der bestverdienende Schweizer Spieler in der NLA, haben zwar keine Beweise.
Aber es gibt auch keine Gegenbeweise. Guggisbergs Salär ist unter den Agenten kein Geheimnis und wird zum Massstab künftiger Verhandlungen mit Klotens Sportchef André Rötheli.
Es ist nicht mehr möglich, ein Meisterteam zusammenzukaufen. Der beste Weg zum dauerhaften Erfolg ist der Aufbau einer eigenen Hockeykultur – so wie es die ZSC Lions machen. Dafür fehlt den neuen Herren in Kloten zwar nicht das Geld. Aber offensichtlich die Erleuchtung und die Geduld.
Das 0:1 vom Sonntag zeigt uns die Zukunft des Unternehmens: Durchaus konkurrenzfähig, aber trotzdem reicht es nicht ganz, um dauerhaft so erfolgreich zu sein wie die ZSC Lions – und die Betriebsverluste werden bei der aktuellen Unternehmensphilosophie jedes Jahr siebenstellig sein. Die Strukturen in Kloten (Arena, Gastronomie-Möglichkeiten) machen es unmöglich, ein Spitzenteam zu finanzieren und die Begeisterung der Zuschauer hält sich in Grenzen (5545 pro Partie).
Nur in Rapperswil-Jona, Biel, Biel, Davos und Lugano waren es noch weniger. Nicht einmal dem äusserst tüchtigen, vom Verband abgeworbenen Marketing-Guru Lukas Hammer ist es gelungen, die Einnahmen signifikant zu erhöhen. Wenn er es nicht schafft – wer dann?