Der SCB braucht eigentlich einen grossen Trainer. Einen charismatischen Bandengeneral, der mit seiner Präsenz die Kabine ausfüllt und eine Autorität ausstrahlt wie einst die gnädigen Herren zu Bern. Einen Trainer wie Kari Jalonen. Der Finne ist nach drei Qualifikationssiegen und zwei Titeln am 28. Januar doch gefeuert und durch Hans Kossmann ersetzt worden.
Aber grosse Trainer kosten Geld. Ein ausländischer Cheftrainer mit der Kragenweite von Kari Jalonen ist unter 350'000 Franken netto plus Prämien nicht zu haben. Macht mit den Lohnnebenkosten (Steuern!) gut und gerne 700'000 Franken zu Lasten der Lohnbuchhaltung.
In guten Zeiten kann sich der SCB jeden Trainer leisten. Die Zeiten sind jetzt nicht gut. Die Gastronomie, die im SCB-Konzern mehr als 30 Millionen Franken pro Jahr umsetzt, ruht während der Viruskrise. Die Quersubventionierung der Sportabteilung ist in diesem Jahr nicht im üblichen Rahmen möglich. Jeder Franken zählt.
Marc Lüthi sagt: «So lange wir nicht wissen, wann und wie es weiter geht, werden wir keinen Trainer unter Vertrag nehmen.» Was ja eigentlich nur konsequent ist. Das Personal auf Kurzarbeit setzen und neue Leute einstellen, ist ja schon ein wenig schräg.
Ein neuer Trainer nimmt in der Regel die Arbeit spätestens im Juni mit ersten Einzelgesprächen auf. Er muss sich mit seinem neuen Arbeitsplatz und den Spielern vertraut machen. Es bleibt also noch ein wenig Zeit, um den neuen Trainer auszuwählen. Neuer Trainer? Warum eigentlich? Es hat ja mit Hans Kossmann recht gut funktioniert. Unter dem kanadisch-schweizerischen Doppelbürger und seinem Assistenten Lars Leuenberger hat der SCB immerhin fünf von zehn Partien gewonnen und die Playoffs erst im letzten Spiel in Lausanne (2:3) verpasst.
Kein Wunder, sagt Lüthi auf die Frage, ob Kossmann nach wie vor Kandidat für den SCB-Trainerjob sei unmissverständlich: «Ja natürlich!». Der SCB-Manager ist, wenn es um das gesprochene Wort geht, anders als viele seiner Kollegen ein Mann der Ehre. Wenn er also sagt, Hans Kossmann sei nach wie vor ein Kandidat, dann meint er das auch so.
Davon geht auch Kossmanns Agent Daniel Giger aus. Er sagt auf Anfrage: «Ja, ich gehe davon aus, dass Hans nach wie vor ein Kandidat für den Job in Bern ist.»
Hans Kossmann ist ein «Billig-Trainer.» Der Begriff ist etwas missverständlich. Weil «billig» auch «wenig Qualität» vermuten lässt. So ist es aber ganz und gar nicht. Billig steht hier im Zusammenhang mit dem Preis. Hans Kossmann kostet 30 bis 50 Prozent weniger als ein grosser ausländischer Name. Und ein Risiko geht der SCB mit ihm nicht ein. Er hat bereits bewiesen, dass er «funktioniert» und es steht ja schon fest, dass Lars Leuenberger auch nächste Saison Assistent des Cheftrainers bleibt. Er muss den Schreibtisch als «Director of strategic development» räumen und Alex Chatelain überlassen. Der abgesetzte und durch Florence Schelling ersetzte Sportchef braucht ja weiterhin einen Job beim SCB.
Im Frühjahr 2018 hat Hans Kossman bei den ZSC Lions bewiesen, dass er auch einen grossen Klub zum Meistertitel führen kann. Lüthi kann davon ausgehen, dass der SCB mit Kossmann nächste Saison die Playoffs erreichen wird und spart erst noch viel Geld. Warum also nicht ein «Billig-Trainer» für den SCB?
PS: Im Zusammenhang mit der Anstellung des neuen Trainers habe ich hier nur Marc Lüthi zitiert. Das ist keine Respektlosigkeit gegenüber der neuen Sportchefin Florence Schelling. Aber beim SCB hat bei der Trainerwahl stets Lüthi das letzte Wort. Die Anstellung des Trainers ist in Bern zu wichtig, als dass er sie dem Sportchef oder der Sportchefin überlässt.
so geschehen bei Sven Leuenberger bis er Sportchef beim ZSC wurde und bei Lars Leuenberger, der jetzt Assistent ist.