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Was wäre gewesen, wenn? Am 9. Dezember 2000 erzielt Thomas Nüssli beim 7:5 mit dem EV Zug gegen Fribourg-Gottéron zwischen der 37. und 49. Minute einen Hattrick. Was wäre gewesen, wenn die Zuger sein Talent richtig eingeschätzt hätten? Wenn sie erkannt hätten, dass er kein Stürmer für den 3. und 4. Sturm ist? Dass er in die erste Linie neben dem ausländischen Center stürmen sollte?
Dann wäre seine Karriere anders verlaufen. «Ich hatte nie eine echte Chance», sagt er heute im Rückblick ohne Zorn. «Damals wurde meistens mit drei und oft auch nur mit zwei Linien gespielt. Ich bekam in einem Spiel höchstens drei oder vier Einsätze».
Das Scheitern in Zug sollte ihm jahrelang wie Schwefelgeruch in den Kleidern hängen bleiben. Ein Talent, ja. Aber schwierig zu führen. Er wird als Problemspieler eingestuft. Seine Karriere wird zu einer Odyssee durch die Liga. Er stürmt in der Saison 2001/02 für Zugs Elitejunioren, für den EV Zug, für Basel und Rapperswil-Jona. Er zügelt zu Rapperswil, dann nach Basel (dort steigt er 2008 ab), bekommt bei Aufsteiger Biel die nächste Chance. Das Verletzungspech wirft ihn zurück und 2011 verabschiedet er sich aus der höchsten Spielklasse in die NLB zu Thurgau. Eines der ganz grossen Talente ist gescheitert.
Doch die Langnauer geben ihm noch einmal eine Chance. Zuerst als Aushilfsstürmer (er wechselt nur leihweise nach Langnau) und ab 2014 mit einem Vertrag für die ganze Saison. Er schafft mit den Emmentalern im Frühjahr 2015 den Aufstieg in die NLA – und jetzt erlebt er einen goldenen Karriereherbst und entfaltet sein enormes Potenzial. Er hat eine NHL-Postur (190 cm/95 kg), bei dieser Grösse wirken beim Schlagschuss gewaltige Hebelkräfte auf den Puck, er ist schlau, er hat feine Hände und er ist trotz seiner Grösse ein geschmeidiger Läufer.
Die Langnauer holen in Bern viermal einen Zweitore-Rückstand auf (0:2, 1:3, 2:4 und 3:5) und siegen am Ende nach Penaltys 6:5. Dank Thomas Nüssli. Dem coolsten Spieler in einem wilden Derby. Er buchte den Anschlusstreffer zum 4:5 und dann versenkte er den ersten und den letzten Penalty. Auf eine geradezu provozierend lockere, freche Art und Weise. Beim ersten Versuch schiebt er Yanick Schwendener den Puck durch die Beine («das war Glück»). Beim alles entscheidenden letzten Anlauf überlistet er den SCB-Goalie einhändig. «Das war Routine, das übe ich im Training oft.»
Thomas Nüssli spielt die beste Partie seit dem 9. Dezember 2000, ja vielleicht das Spiel seines Lebens. Er hat nun in 19 Partien bereits 15 Punkte gebucht.
Langnaus Sportchef Jörg Reber braucht mehr offensive Feuerkraft. Mit den grossen Hunden kann er auf dem Transfermarkt nicht bellen. Deshalb klappte der Transfer von Juraj Simek (jetzt bei Servette) nicht. «Seine finanziellen Forderungen waren jenseits von Gut und Böse».
Jörg Reber ist darauf angewiesen, anderorts verkannte oder vergessene Spieler wie Thomas Nüssli zu finden. Und tatsächlich arbeitet er an einem zweiten «Fall Nüssli». Benjamin Plüss (36), der jüngere Bruder von Berns Martin Plüss (38), wird bei Gottéron keinen neuen Vertrag mehr erhalten. Er hat 2003 Langnau verlassen und bei Gottéron eine grosse Karriere gemacht. Zurzeit kann er wegen einer Gehirnerschütterung nicht spielen. Jörg Reber sagt: «Ich kenne ihn gut, er würde zu uns passen». Er wird ihm ein Angebot unterbreiten.
Benjamin Plüss steht im Spätherbst seiner Karriere. Als Treuhänder wird der Übergang vom Sport ins richtige Leben problemlos sein. Aber vielleicht hängt er ja doch noch eine oder zwei Saisons an. Es bleiben ja noch genug Jahre ohne Eishockey und bloss mit Büroarbeit. Er ist immer noch ein schlauer Skorer, einer, der in Langnau mithelfen könnte, knappe Spiele zu gewinnen. Und wer weiss, vielleicht kann ihn Jörg Reber sogar schon im Laufe dieser Saison nach Langnau holen.