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Eismeister Zaugg

Kloten Flyers: Finanzielles Überleben dank neuen Mottos

Manche Spiele muss man einfach gewinnen: Das Derby gegen die ZSC Lions war für die Kloten Flyers so ein Spiel.
Manche Spiele muss man einfach gewinnen: Das Derby gegen die ZSC Lions war für die Kloten Flyers so ein Spiel.
Bild: KEYSTONE
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«Freude herrscht» bei Klubbesitzer Gallacher – ein neues Motto sichert den Kloten Flyers das finanzielle Überleben

Der 4:3-Derbysieg gegen die ZSC Lions im Hallenstadion war einer der wichtigsten in der jüngeren Geschichte der Kloten Flyers. Der neue kanadische Besitzer Bill Gallacher ist begeistert.
26.09.2015, 09:4926.09.2015, 11:00
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Warum investieren Milliardäre Geld in den Sport? Ins Eishockey? Wo doch jeder weiss, dass in diesem Geschäft nur ein kleines Vermögen gemacht werden kann, wenn mit einem grossen Vermögen begonnen wird.

Die Antwort ist ganz einfach: Weil es Spass macht. Dem Milliardär Philippe Gaydoul machte Eishockey im Schluefweg nie richtig Freude. Deshalb scheiterte er, verlor mehr als 20 Millionen und verkaufte die Flyers schliesslich für den symbolischen Betrag von einem Dollar. Dem neuen Besitzer Bill Gallacher macht Eishockey in Kloten hingegen viel Spass. Deshalb wird er vielleicht nicht scheitern.

Die Szene ist filmreif. Die Kloten Flyers haben soeben im Hallenstadion 4:3 gewonnen. Die Helden kommen verschwitzt die Treppe herauf, die zur Kabine führt. Oben steht ein Mann in den besten Jahren. Er trägt ein kariertes Jackett. Jeden einzelnen Spieler klatscht er ab und zwischendurch applaudiert er. Als alle in der Kabine sind, umarmt er auch noch stürmisch Pascal Müller, den Schatten-Sportchef der Flyers.

In seiner überschwänglichen Freude mahnt er an einen aufgedrehten deutschen Schlagersänger aus den 1960er-Jahren. Der Mann heisst Bill Gallacher (54). Er ist über 1000 Millionen Dollar schwer. Also ein Milliardär. Er ist Philippe Gaydouls Nachfolger bei den Kloten Flyers.

Bill Gallacher ist der neue Besitzer der Kloten Flyers.
Bill Gallacher ist der neue Besitzer der Kloten Flyers.
bild: Getty images north america

Der Kanadier hat soeben das erste Spiel der Flyers miterlebt. Er sass nicht oben in den Logen. Sondern unten hinter dem Tor. «In den Logen macht es keinen Spass. Ich will unten, bei den Leuten sein.» Er ist von Florenz her nach Zürich gereist. Es war ein wunderbarer Herbsttag. Die Wirklichkeit noch schöner als Postkarten.

Und nun dieser Sieg! Dieser sensationelle Sieg! Dieser grandiose Sieg! Bill Gallacher kommt aus dem Rühmen fast nicht mehr heraus. Alles war grossartig. Seine Jungs, der Gegner, die Fans und das Eishockey («besser als in der AHL!»).

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Wow! Awesome!

Bill Gallacher ist auch ein Hockey-Imperialist. Gerade deshalb ist dieser Sieg im Hallenstadion so wichtig. Denn nun hat er nach seiner Rückkehr auf dem Golfplatz etwas zu erzählen. «Ich bin so stolz auf die Jungs», schwärmt er. «Wir haben eine grosse und sehr, sehr gut gecoachte Mannschaft besiegt.»

Bei den ZSC Lions steht nämlich Marc Crawford an der Bande. Einer der wenigen Namen in unserem Eishockey, die Bill Gallacher etwas sagen. Marc Crawford ist der Stanley-Cup-Sieger von 1996. «Ein grossartiger Coach. Ich kenne ihn.» Nun kann er daheim erzählen, sein neues Team habe die Mannschaft von Marc Crawford besiegt! Wow! Awesome!

Marc Crawford wurde mit den ZSC Lions 2014 Schweizer Meister, mit den Colorado Avalanche holte er 1996 den Stanley Cup.
Marc Crawford wurde mit den ZSC Lions 2014 Schweizer Meister, mit den Colorado Avalanche holte er 1996 den Stanley Cup.
Bild: Daniela Frutiger/freshfocus

Und er vergisst nicht zu erwähnen, dass ja beim gegnerischen Team gar noch Auston Matthews gespielt habe. Auch das ein grosser Name in Nordamerika, der bei den Freunden auf dem Golfplatz Eindruck machen wird. Eine Liga, in der Marc Crawford coacht und Auston Matthews spielt, kann keine Operettenliga sein. «Ich sage, das hier ist eine der drei, vier besten Ligen der Welt.»

Einen besseren Zeitpunkt hätte Bill Gallacher nicht wählen können. Es war ja wirklich ein sehr gutes, ja bisweilen ein dramatisches Spiel. Die beste Saisonpartie der Kloten Flyers. Die Freude über den Auftritt seiner Jungs wird beim neuen Besitzer noch lange nachhallen. Vor Begeisterung glühend steht er den Chronisten Red' und Antwort. Schwärmt vom Spiel, rühmt die Leidenschaft und die Kampfbereitschaft seiner Flyers. Ob man gesehen habe, wie sich die Spieler in Schüsse geworfen haben? Sich in Schüsse werfen – das gilt in Nordamerika seit jeher als höchste Tugend in diesem rauen Spiel. Der Beweis für Mut, Hingabe, Tapferkeit und Leidenschaft.

Hat der neue Besitzer seine Flyers mit einer feurigen Ansprache aufgeputscht? Nein, nein, er habe vor dem Spiel keine Kabinenrede gehalten. Das tun nordamerikanische Teambesitzer sowieso praktisch nie – denn wenn das nötig sein sollte, ist der Coach praktisch schon entlassen. Bill Gallacher wird noch die Heimpartie gegen den HC Davos im Stadion sehen und dann zurückfliegen.

Ein Treffen mit Adolf Ogi?

Cheftrainer Sean Simpson hat sich während des Auftritts seines Chefs diskret im Hintergrund gehalten. Erst als sich Bill Gallacher von jedem Chronist mit einem Händedruck verabschiedet hat, kommt der Coach aus der Kabine, um ein paar Statements abzugeben. Ein Stein ist ihm vom Herzen gefallen. Er weiss sehr wohl, welch verheerende Wirkung eine Blamage an diesem Abend für ihn und die Kloten Flyers gehabt hätte. Manchmal gibt es Partien, die darf man einfach nicht verlieren. Nicht einmal im September. Punkt. Dieses Derby war so ein Spiel.

Mit staatsmännischer Gelassenheit überhört Sean Simpson eine boshafte Frage, ob diese Partie den Beweis geliefert habe, dass man auch mit einem schwachen Torhüter gewinnen könne. Martin Gerber hat wieder zwei Gegentreffer auf dem Gewissen. Den Verlust von Captain Victor Stancescu (Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen) habe die Mannschaft gut verkraftet. «Er hat sich in der Kabine verabschiedet. Es war ein starker Moment. Nun schauen wir wieder nach vorne. Das ist auch in seinem Sinne.» Noch sei es offen, ob ein Ersatz geholt werde (z.B. Juraj Simek). «Wir werden sehen. Vielleicht kommen auch junge Spieler zum Zuge.»

Kloten-Trainer Sean Simpson hielt sich gestern vornehm im Hintergrund.
Kloten-Trainer Sean Simpson hielt sich gestern vornehm im Hintergrund.
Bild: Melanie Duchene

Der Unterschied zwischen dem alten und neuen Besitzer der Flyers könnte grösser nicht sein. Der scheue Philippe Gaydoul zeigte sich nie spontan vor der Kabine zur Gratulation und zur Plauderstunde mit den Chronisten. Er war das Phantom vom Schluefweg. Und jetzt der joviale «nice guy» aus Kanada. Fast eine sympathische Karikatur eines sportbegeisterten Nordamerikaners, teure Scheidung inklusive.

Solange Bill Gallachers Freude an der Neuerwerbung aus der Schweiz grösser ist als sein Ärger über die unvermeidlichen, Jahr für Jahr anfallenden Millionenverluste, wird er die Existenz der Kloten Flyers sichern. Das Motto der Flyers muss deshalb sein: «Freude herrscht!» Vielleicht sollten die Klotener ihren neuen Besitzer mal mit Adolf Ogi bekannt machen.

NLA-Trikotnummern, die nicht mehr vergeben werden

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HC Davos: 5 - Marc Gianola.
quelle: keystone / fabrice coffrini
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5 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Dan Rifter
26.09.2015 11:13registriert Februar 2015
Awesome! So viele Sachen sind tatsächlich awesome in Kloten. Vor allem dass der Milliardärs-Klub die eigenen Fans abzockt. Preiserhöhungen auf sonst schon gesalzene Preise nach so einer Katastrophen-Saison, awesome!
Wobei, kein Mitleid, jeder der freiwillig Fliegerli-Fan ist, ist selbst schuld. Noch awesomer sind jedoch die Einheitspreise von 33.75 für den Gästesektor (Stehplatz). Studenten, Schüler, Senioren .. wurstegal.
Danke, EHC Awesome, aber für nächstes Mal: geht doch konkurs.
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