Wie immer, wenn ein neuer Nationaltrainer gesucht wird, kommt Arno Del Curto ins Spiel. Sozusagen als konventionelle unkonventionelle Lösung. Wenn bei der Nachfolgeregelung Folklore vor Verstand kommt, dann wird der HCD-Trainer tatsächlich Kandidat sein. Dabei ist er in jeder Beziehung für dieses Amt ungeeignet. Es sei denn, Gaudi ist wichtiger als Sport.
Erstens funktioniert nur ein vollamtlicher Nationaltrainer. Die grossen Klubs akzeptieren keinen Klubtrainer als Nationalcoach im Nebenamt. Also müsste Arno Del Curto seinen Job in Davos aufgeben. Obwohl er dort auch ohne schriftlichen Vertrag im Wort steht, den Neuaufbau weiter voranzutreiben. Wenn der Verband einem NLA-Klub den Trainer ausspannt, der diesen Klub personifiziert, dann wird das politische Klima auf Jahre hinaus schwer belastet.
Arno Del Curto ist der populärste und erfolgreichste Klubtrainer des 21. Jahrhunderts. Weil er eine starke, eigenwillige Persönlichkeit ist. Ein Nonkonformist im besten Sinne des Wortes. Durch und durch authentisch. Kompromisslos, wenn es um den Sport geht. Ohne Rücksicht auf politische Befindlichkeiten. Geradlinig im Reden und Handeln. Deshalb ist er in Davos erfolgreich. Deshalb ist er als Nationaltrainer nicht geeignet.
Verbandspräsident Marc Furrer und seine Entourage waren schon mit Sean Simpson überfordert. Mit Arno Del Curto wären sie es erst recht. Dem kurzen Arno-Wahn nach der Vertragsunterzeichnung würde eine lange Reue folgen.
Es würde weniger als eine Stunde dauern, bis Arno Del Curto mit Marc Furrer Krach hätte. Und nach der ersten Sitzung mit Verbandsdirektor Ueli Schwarz würden die Fetzen fliegen. Arno Del Curto polarisiert. Aber der Nationaltrainer sollte eine Integrationsfigur sein.
Eher kriecht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass sich Arno Del Curto in die Strukturen eines Verbandes und eines Nationalmannschaftsbetriebes einordnet. Es ist ja eher unwahrscheinlich, dass der Verband seine ganzen Strukturen umbauen und so auf den Trainer zentrieren würde wie es der HC Davos tut.
Natürlich ist die Versuchung gross, Arno Del Curto an die nationale Bande zu stellen. Marc Furrer und seine Entourage hätten mit dieser Verpflichtung erst einmal den Applaus der Medien auf sicher. Im Sinne einer nie mehr endenden, kurzweiligen Nationalmannschafts-Soap sollten wir also Arno Del Curto zum vollamtlichen Nationaltrainer machen.
Was aber zeichnet sich für eine Lösung ab, wenn mit Verstand ein Nachfolger für Simpson gesucht wird? In den nächsten Monaten werden über hundert Bewerbungen eingehen. Viele werden sich über die Medien selber ins Gespräch bringen. Aber Eile ist nicht geboten.
Der neue Nationaltrainer muss unser Hockey nicht unbedingt kennen – Hockey funktioniert weltweit sehr ähnlich. Das öffnet den Kreis der Kandidaten. Aber der neue Nationaltrainer sollte unsere Mentalität, das Wesen und Wirken unserer Spieler kennen. Das engt den Kreis der Kandidaten ein. Die ideale Lösung ist also ein Schweizer.
Der Nationaltrainer ist auch der wichtigsten Botschafter unseres Eishockeys. Sozusagen die oberste Hockey-Autorität im Lande. Deshalb sollte der Neue nicht nur ein guter Coach und Taktiker sein. Er sollte auch gut kommunizieren, telegen und ein Darling der Medien sein. Mit Vorteil ist er jung und charismatisch.
Weil in der Nationalmannschaft die Besten der Besten spielen, muss ein Nationaltrainer mit Stars umgehen können. Dafür braucht er ein erfrischendes Selbstvertrauen, ein feines Gespür für Humor und er versteht es, sein Ego mit einer Prise Selbstironie zu tarnen.
Wer erfüllt diese Bedingungen? Es gäbe tatsächlich einen Trainer, der diese Bedingungen erfüllt und von seinem Klub wohl freigegeben würde. Sozusagen die unkonventionelle, aber perfekte Lösung: Kevin Schläpfer.
Er hat in Biel sportliche Wunder vollbracht, ist mit ganz grossen Stars klargekommen (Patrick Kane und Tyler Seguin). Er hat keine Angst vor harten Entscheidungen und grossen Tieren. Er kann die Qualitäten von Spielern sehr gut einschätzen. Kevin Schläpfer ist eine Integrationsfigur und er würde mit seiner gelebten Leichtigkeit des Seins selbst mit den Verbandsfunktionären klar kommen.
Aber Kevin Schläpfer hat keine Lobby und er wäre eine mutige, unkonventionelle Lösung. Marc Furrer und seiner Entourage fehlt der Mut dazu.
Nach dem Abgang von Nationaltrainer Sean Simpson ist klar: Der grösste Erfolg der Geschichte ist den Verbandsfunktionären zwischen den Fingern zerronnen. Sie haben aus dem WM-Erfolg 2013 viel zu wenig gemacht und jetzt auch noch den «Silberschmied» verloren.
Deshalb müssen wir nicht nur einen neuen Nationaltrainer suchen. Wir sollten langsam aber sicher auch mit der Suche nach einem geeigneten Nachfolger für Verbandspräsident Marc Furrer beginnen.