Die SC Rapperswil-Jona Lakers (nachfolgend Lakers genannt) entwickeln sich zu einem respektablen Gegner. Einst als «die Miserablen» geschmäht und in den letzten sieben Jahren der Zugehörigkeit zur obersten Liga immer auf dem letzten oder zweitletzten Platz, sind sie jetzt dazu in der Lage, zweimal hintereinander auf Berner Eis zu siegen. Erst in Bern und drei Tage später in Langnau. Diese grösste Hockey-Schmach seit Menschengedenken mahnt die Berner an zwei ewige Weisheiten.
Erstens: es geht nicht ohne gutes ausländisches Personal. Die Lakers erzielten beim 2:1 n.P in Bern und beim 5:3 in Langnau insgesamt vier Powerplay-Treffer. Alle vier haben die vier ausländischen Stürmer entweder erzielt oder für Dominik Egli an der blauen Linie aufgelegt.
Der SC Bern und die SCL Tigers traten gegen die Lakers nur mit zwei ausländischen Spielern an. Bern und Langnau haben das schwächste Powerplay der Liga.
Dass die Langnauer mit beschränkten Mitteln vorübergehend nur zwei Ausländer aufbieten können, ist nachvollziehbar. Dass der SCB mit einer der teuersten Mannschaften der Liga nicht dazu in der Lage ist, mehr als zwei ausländische Feldspieler einzusetzen ist unentschuldbar. Der Grund warum die Lakers die Ausländerfrage auch in schwierigen Zeiten zu lösen vermögen: Sie haben ein fähiges sportliches Management.
Zweitens: Es geht nicht ohne einen guten Trainer. Dass Rikard Franzén aus dem beschränkten Potenzial in Langnau nicht mehr herauszuholen vermag, ist nachvollziehbar. Dass die Berner mit ihren Billigtrainern (erst Don Nachbaur, jetzt Mario Kogler) mit einer der teuersten Mannschaft der Liga als Titelverteidiger bis auf den zweitletzten Platz abgesunken sind und drauf und dran sind, zum zweiten Mal hintereinander die Playoffs zu verpassen (!), ist unentschuldbar.
Die Erkenntnis aus der «Berner Woche» der Lakers: Wir dürfen ohne Bosheit die Behauptung wagen, dass bei den Lakers besser gemanagt und gecoacht wird als beim SCB, dem Bayern München des Hockeys.
Während der SCB sportlich orientierungslos durch die Krise taumelt, nützen die Langnauer die schwierigen Zeiten zur Vorbereitung der Zukunft. Es gibt durchaus Lichtblicke: Die Emmentaler fordern und fördern die Jungen. Mit Patrick Petrini (19) wird ein Junior im ersten Powerplay eingesetzt. Er hat gegen die Lakers im Powerplay in seinem 7. Spiel in der National League nun seinen ersten Treffer erzielt.
Auf einen regelmässig im ersten Powerplay eingesetzten Junior haben die Langnauer 18 Jahre gewartet. Der letzte, der zu dieser Ehre kam, war im Herbst 2002 der damals 17-jährige Peter Guggisberg (später Davos, Kloten und Ambri).
Rikard Franzén setzt konsequent auf die Jungen. Keijo Weibel (21) kommt beim 3:5 gegen die Lakers auf 14:25 Minuten Eiszeit (2:24 im Powerplay) und Patrick Petrini auf 13:19 Minuten (4:48 Minuten im Powerplay). Langnaus Trainer sagt: «Wenn ein junger Spieler das Talent dazu hat, dann soll er im Powerplay spielen. Es bringt ihn nicht weiter, wenn er in der vierten Linie ein bisschen fräsen darf.»
Patrick Petrini hat Alexei Dostoinow verdrängt. Rikard Franzén hat den 31-Jährigen, mattflügelig gewordenen Schillerfalter mit den Händen eines Pianisten (diese Saison erst ein Tor) in den letzten zwei Partien auf die Tribüne gesetzt. Obwohl er so wenig Stürmer zur Verfügung hatte, dass Verteidiger Anthony Huguenin zeitweise am Flügel tanzen musste. Der Schwede sagt, Dostoinow habe sich nicht an gewisse Anweisungen gehalten und deshalb habe er ihn nicht eingesetzt.
Sportchef Marc Eichmann sagt zwar: «Wir wollen Dostoinow nicht mit einem Tauschgeschäft wegtransferieren.» Das ist die offizielle Version. In Tat und Wahrheit würde man schon – nur müsste Langnaus tüchtiger Sportchef mindestens so gut verhandeln wie einst in biblischen Zeiten Jakob, um für Dostoinow mit Vertrag bis 2022 einen Abnehmer zu finden. Jakob gelang es einst, ein Linsengericht bei seinem Bruder Esau gegen das Erstgeburtsrecht mit allen Privilegien einzutauschen. Und besser als Jakob der Sohn Isaaks und Enkel Abrahams, kann Marc Eichmann wahrlich nicht verhandeln.
Rikard Franzén hat in Zusammenarbeit mit dem sportlichen Management eine langfristige Entwicklungsarbeit begonnen, die er nun nicht einfach liegenlassen kann. Die Gespräche über eine Vertragsverlängerung beginnen im Januar und dürften in zwei Wochen beendet sein: Der Schwede, der in Langnau schon zwei Jahre als Assistent unter Heinz Ehlers gedient hatte, wird im Emmental verlängern. Er sagt denn auch: «Meine erste Priorität ist ganz klar Langnau.» Kommt dazu: Ein Pokerspiel mit Angeboten aus seiner Heimat würde ihm keiner abnehmen: in Schweden ist die Steuerbelastung so hoch, dass er dort erheblich weniger verdienen würde als im Emmental. Und in Bern würde er den 60-Punkte-Test wahrscheinlich nicht bestehen.
In Bern gibt es keine erkennbare sportliche Strategie und auch keine klare Vorstellung, wie der neue Trainer heissen wird. In Bern wird der Trainer bekanntlich von der sportlichen Führung mit einem 60-Punkte-Programm durchgecheckt. Das braucht seine Zeit. Was Langnaus Sportchef in die Hände spielt: In Bern haben von den jungen Spielern mit Potenzial nur Torhüter Philip Wüthrich (22) und Verteidiger Mika Henauer (20) eine Perspektive. Die beiden gehören zu den grössten Talenten unseres Hockeys. Und doch erkannte es die sportliche SCB-Führung erst, als die ganze Liga hinter den beiden her war. André Heim (22) und Yanik Burren (23) hatten es unter Kari Jalonen erstmals zu Operetten-Länderspielen gebracht. Inzwischen spielen sie beim SCB keine Rolle mehr und sind ohne Perspektive.
André Heim (bisher 1 Assist) ist von der Eiszeit her nur noch die Nummer 11 der Stürmer und Yanik Burren (bisher 3 Assists) die Nummer 8 der Verteidiger. Beide eignen sich vom Stil und Talent her eher besser zur Veredelung der ersten beiden Linien als zu rumpelnder Abbrucharbeiten im dritten und vierten Block. André Heim darf durchschnittlich pro Partie noch 12 Sekunden im Powerplay mitspielen, Yanik Burren sogar nur 6 Sekunden. Beide werden in der Karriere-Sackgasse landen, wenn sie in Bern verlängern. Beide können hingegen in Teams wie Ambri oder Langnau eine tragende Rolle bekommen und hätten es auch in Davos oder Biel besser.
Dass der SCB und die SCL Tigers auf die beiden letzten Plätze abgerutscht sind, mag bitter und eine Steilvorlage für billige Polemik sein. Aber entscheidend ist nicht die Gegenwart. Sondern die Zukunft: Was macht die sportliche Führung der beiden Klubs aus dieser Krise? Gelingt es, diese Krise für die Entwicklung der jungen Spieler, für eine bessere sportliche Zukunft zu nützen? Damit es künftig wenigstens wieder möglich ist, den Lakers auf Augenhöhe entgegenzutreten.
Ist die sportliche Führung in Bern dazu in der Lage? Eine Antwort auf diese Frage zu geben, wäre billige Polemik in heiligen Zeiten. Im Advent verzichtet der Chronist auf billige Polemik.
P.S. Grande Lakers!
„ P.S. Grande Lakers!“
Diese Phrase wird wohl im Kanton Bern zum Unwort des Jahres! Und das in Coronazeiten.
Wenn man sich in Coronazeiten schon so exponiertert mir einen Transfer, sollte der schon ein paar Punkte machen. Und Eero Eli haben sie weggewiesen obwohl der für sehr wenig Geld gespielt hätte.