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Der falsche Favorit in einer Liga, der die Zukunft gehört

Langenthals, Yves Mueller, Marc Kaempf und Dario Kummer, von links, jubeln, waehrend dem Swiss Ice Hockey Cup 1/8 Final zwischen dem SC Langenthal und den EV Zug, am Sonntag 25. Oktober 2020, in der E ...
Langenthals Yves Müller, Marc Kämpf und Dario Kummer jubeln während dem Cupspiel gegen Zug.Bild: keystone
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Der falsche Favorit in einer Liga, der die Zukunft gehört

Gibt es einen Aufsteiger und damit nächste Saison 13 Teams in der National League? Wahrscheinlich nicht. Weil Langenthal die Swiss League gewinnen wird und nicht aufsteigen darf.
26.01.2021, 05:06
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Der Geheimtipp für Hockeyliebhaber: unsere Swiss League. Wir kehren in den Zeiten des Virus an die Basis zurück. In die leeren, von allen Geschäftemachern gereinigten Tempeln zum einfachen, wahren, urigen Hockey. Wir finden es in der Swiss League.

Alles dreht sich um die Frage: Wer wird aufsteigen? Der Sieger der Swiss League wird nächste Saison in der National League spielen. Weil es keinen Absteiger gibt, wird unsere höchste Liga dann 2021/22 aus 13 Teams bestehen.

Spielplan-General Willi Vögtlin hat bereits einen entsprechenden Kalender für die nächste Saison ausgearbeitet. Das Kuriosum: Bleibt es bei 12 Teams, dann werden nächste Saison 54 Partien gespielt. Kommt es zu einer 13er-Liga, sind es weiterhin 52 Spiele. «Das ist so» bestätigt der Spielplanchef.

Das Championat der Swiss League ist nun soweit fortgeschritten, dass ein klares Profil zu erkennen ist. Der Titel und damit der Aufstieg werden unter vier Teams ausgemacht. Unter Titelverteidiger Langenthal, Olten, Ajoie und Kloten.

Olten, Ajoie und Kloten können aufsteigen. Langenthal nicht. Präsident Gian Kämpf bestätigt: «Weil wir 2019 auf die Liga-Qualifikation gegen die Lakers verzichtet haben, sind wir mit einer dreijährigen Aufstiegssperre belegt worden. Wir können also 2021 und 2022 nicht aufsteigen.» Damit ist das Thema erledigt.

Es entbehrt also nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet die «Unaufsteigbaren» Titelfavorit Nummer 1 sind. Eine objektive, neutrale und unpolemische Analyse lässt eigentlich keinen anderen Schluss zu.

Der Titelverteidiger hat in der zweiten Saison unter Trainer Jeff Campbell (35) die Gelassenheit eines Champions bewahrt. Der kanadische Zauberlehrling, der in diesem Jahr den Schweizer Pass erhalten wird, mahnt ein wenig an Bill Gilligan, den coolen Amerikaner, der den SC Bern von 1988 bis 1992 in vier Jahren dreimal zum Titel gecoacht hat und beim Amtsantritt 35 war.

ARCHIVBILD ZUM KEYSTONE-SDA-TEXT ZUM JUBILAEUMSJAHR 1990 --- Der Amerikaner Bill Gilligan steht am 28. Februar 1991 in Zug im Play-Off Eishockey Spiel des EV Zug gegen den SC Bern als SCB Trainer an d ...
Langenthals Trainer Jeff Campbell mahnt ein wenig an Bill Gilligan, der den SCB zu drei Titeln führte.Bild: keystone

Die Langenthaler sind auf den wichtigen Positionen und über alle vier Linien gut besetzt. Pascal Caminada ist ein robuster, verlässlicher Schlussmann. Luca Christen, Yves Müller und Mathieu Maret sind spielstarke Verteidiger. Dario Kummer ist ein Center, der auch in der höchsten Liga bestehen könnte. Stefan Tschannen und vor allem Eero Elo können in jeder Partie die Differenz machen.

Sind die Langenthaler nachlässig, droht gegen jedes Team eine Niederlage. Aber sie haben das Selbstvertrauen, die Energie und die Erfahrung, um die grossen Spiele zu gewinnen.

So steht's um die Konkurrenten

Cupsieger Ajoie tanzt auf einer Rasierklinge. Mit den zwei ersten Linien wird jede Verteidigung aus den Angeln gehoben. Aber die besten Kräfte müssen zu stark forciert werden. Jonathan Hazen treibt nach wie vor als unermüdlicher Dynamo das Spiel an. Aber Philip-Michaël Devos ist ein bisschen langsamer geworden. Wer die beiden Kanadier zu neutralisieren vermag, kann auf die Zielgerade einbiegen. Ajoie wird von Gary Sheehan schon im 7. Jahr grandios gecoacht. Aber seine Mannschaft hat nicht die Kadertiefe Langenthals, Klotens oder Oltens.

Olten ist ein spektakuläres Energie-Team mit einer starken Mittelachse und gut strukturiertem Spiel, das jeden Gegner überrennen kann. Aber nach wie vor ohne die Gelassenheit und Ruhe, die es braucht, um regelmässig dramatische Spiele zu gewinnen: Zu tief ist das ewige Versagen in den Titelkämpfen in der DNA eingebrannt.

Mit Abstand am meisten Talent und Erfahrung hat Kloten unter Per Hanberg, Langenthals Meistertrainer von 2019. Dominic Nyffeler (der Bruder von Rappis Melvin Nyffeler) ist der kompletteste Torhüter der Liga. Auf der Kaderliste finden wir hochdekorierte Veteranen wie René Back (38), Fabian Ganz (30), Nicolas Steiner (30) in der Abwehr, Dominic Forget (39), Jeffrey Füglister (31), Steve Kellenberger (33), Juraj Simek (33) oder Marco Truttmann (35) im Sturm.

Auf dem Papier ist Kloten mit Abstand Favorit Nummer 1. Aber gespielt wird auf einer rutschigen Unterlage. Nicht auf Papier. Die grosse Frage ist, ob die Klotener die Energie, den Biss und die Hartnäckigkeit haben, um auch dann Spiele zu gewinnen, wenn der Puck nicht ihren Weg gehen will. Setzen sie ihr Tempospiel durch, brausen sie über jeden Gegner hinweg und nach dreijähriger Verbannung in die Zweitklassigkeit geradewegs zurück in die National League. Aber wenn es gelingt, ihr Spiel mit prasselndem Forechecking an der Wurzel zu packen und das Tempo zu drosseln, kann die Herrlichkeit zusammenbrechen wie eine schlechte Hosentelefon-Verbindung.

Wieso die Swiss League zur Konkurrenz wird

Wir sehen: Die Ausgeglichenheit in der Spitzengruppe verspricht Drama. Und damit kommen wir zum wichtigsten Thema: Die Swiss League ist so gut, dass sie zur Konkurrenzliga für die National League werden kann.

Gutes Hockey, Swissness (nur zwei Ausländer), nationale Präsenz in der Romandie, im Mittelland und in der Ostschweiz machen die Swiss League für TV-Stationen, Werber und Fans zu einer attraktiven, preiswerten Alternative zur National League. Zumal die zweithöchste Spielklasse im Eishockey eine grössere Bedeutung hat als im Fussball. Eigentlich müsste ein Medienkonzern wie «CH Media» mit einem weitverzweigten Netz von lokalen TV-Stationen ein Interesse an dieser Liga haben.

Bis heute ist unser Profihockey als einheitliches Produkt mit zwei Ligen (National League und Swiss League) unter einheitlichem Management angeboten worden.

Nun gehen die beiden Ligen als selbständige Aktiengesellschaften mit eigenem Management getrennte Wege und werden sich auf dem Markt konkurrenzieren. Das ist eigentlich absurd. Weil der Markt ja nicht grösser wird.

Richtig wäre es, wenn die beiden höchsten Ligen als einheitliches Produkt weiterhin unter gemeinsamem Management auftreten und künftig intensiver und mit höherer Durchlässigkeit (mit zwei Auf- und Absteigern) zusammenarbeiten würden. Aber das ist in Zeiten des eitelkeitsgesteuerten «Reform-Irrsinns» nicht mehr möglich. Ausgerechnet in einer entscheidenden Phase: Der TV-Vertrag, der unserem Hockey jährlich rund 35 Millionen einbringt, läuft am Ende der nächsten Saison aus und wird jetzt neu ausgeschrieben.

Die Zukunft gehört einer Liga, die ehrlichen Sport zu vernünftigen Kosten nahe an den Fans bietet. Diese Zukunft gehört, wenn die «Reform-Narren» ihr «Zerstörungswerk» in der National League vollendet haben (bis 10 Ausländer, kein Auf/Abstieg), der … Swiss League. Vorausgesetzt, die ehemalige NLB nützt die Chancen, die sich in den nächsten Jahren in einem veränderten Markt mit (vorübergehend?) rückläufigen Finanzierungsmöglichkeiten bieten werden.

Olten macht's vor

Olten ist unter der Führung von Präsident Marc Thommen, Sportchef Marc Grieder und dem ehemaligen Liga-Manager Patrick Reber ein gutes Beispiel, wie diese Zukunft aussehen kann.

Die Oltner produzieren beispielsweise ihre Heimspiele mit einer eigenen TV-Equipe mit zwei Kameras plus den beiden Hintertor-Videomaschinen und senden über YouTube und Internet. Die Qualität ist erstaunlich, sowohl was das Bild als auch die Präsentation betrifft. Sogar ein Studio wird aufgebaut und die kernigen Matchanalysen sind bei weitem besser als das belanglose Hockey-Geplauder in den Studios unseres staatstragenden Fernsehens.

Und der Klub kann seine Werbepartner so präsentieren wie er will. Bereits jetzt gibt es bis zu 3000 Zuschaltungen. Marc Thommen sagt, die TV-Produktion koste höchstens rund 1000 Franken pro Match. Es sind die ersten Schritte in eine neue Zeit, die den flexiblen «Kleinen» enorme, ungeahnte Möglichkeiten bietet.

Der Sieger der Swiss League darf aufsteigen, bis die National League aus 14 Teams besteht. Ein Triumph der Langenthaler, die als einziges Spitzenteam nicht aufsteigen dürfen, wäre ein Segen für alle. So würden Olten, Ajoie und Kloten davor bewahrt, in die National League aufzusteigen.

In eine Liga, die nach vollendeten «Reformen» jedem Aufsteiger den sicheren Ruin bescheren wird.

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NLA-Trikotnummern, die nicht mehr vergeben werden
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NLA-Trikotnummern, die nicht mehr vergeben werden
HC Davos: 5 - Marc Gianola.
quelle: keystone / fabrice coffrini
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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rodu
26.01.2021 05:53registriert Oktober 2020
Die Handlungs und Denkweise der Swiss League und ihren Klubs ist inovativ und zukunftsgerichtet. Ich bin sehr gespannt wie sich unser Eishockey mit den zwei konkurierenden Ligen entwickeln wird...
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Ironiker
26.01.2021 07:50registriert Juli 2018
An einem guten Abend kann so manches NLB Team ein NLA Team schlagen. Der Cup zeigt es. Aber in einer Ganzen Saison würde dasselbe Team in der NLA sang und klanglos untergehen. Ein Klassenunterschied ist halt einfach trotzdem da. Auch wenn KZ immer wieder was anderes schreibt.

Ich wünsche mir eine starke interessante NLB, welche auch regelmässig im TV zu sehen ist. Aber ich glaube nicht, dass eine NLB als ganzes die NLA verdrängen kann. Kloten, Olten und Visp sind zu wenig, um der NLA wirklich Konkurrenz zu machen.
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dechloisu
26.01.2021 08:46registriert November 2016
Das Niveau wird in der NL höher bleiben.

Allerdings wenn die 10 Ausländer pro Team kommen wird die SL näher kommen.
In der SL hat man momentan das Gefühl eines Aufbruchs.
Wenn ich mir die Produktionen ansehe welche jedes Team hinstellt, natürlich nicht in 4K aber die Innovation ist da

und in der Nl bekämpft sich gefühlt jeder
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