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Zusammen mit den Nordamerika-Profis könnte die Schweiz drei Nationalteams mit der Qualität der Deutschland Cup-Mannschaft formieren. Nur vier WM-Silberhelden (Moser, Grossmann, Walker, Suri) sind in Augsburg dabei. Schweiz B. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger. Mehr als fünf bis sieben Spieler aus dem aktuellen Nationalteam werden bei der WM 2016 nicht dabei sein. Die Deutschen haben weniger Absenzen. Etwas mehr als die Hälfte des WM-Teams von 2016 spielt bereits jetzt in Augsburg beim Deutschland Cup.
Das Spiel hat wieder einmal alle Klischees von den rauen, bösen, harten Deutschen und den kleinen, flinken Schweizern bestätigt. Und einmal mehr haben die Kleinen, Flinken gegen die Grossen und Bösen gewonnen – weil sie eben auch böse und hart sein können. Die Schweizer sind «rumpelSURIg» geworden. Deshalb haben sie gewonnen.
Der berndeutsche Ausdruck «rumpelsurig» steht für «genervt, hässig, missmutig». Was für die Schweizer in diesem rauen, bisweilen wilden Spektakel im besten Wortsinne zutrifft. Vorkämpfer Reto Suri kassiert schon nach 17 Sekunden zwei Minuten und in der 16. Minute wird er unter die Dusche geschickt. Die Schweizer geraten 0:1 in Rückstand – aber am Schluss siegen sie klarer als das Resultat (3:2) vermuten lässt.
Reto Suris Zuger Teamkollege Lino Martschini schiebt einen abgeprallten Puck im Powerplay zum 3:2-Siegestreffer über die Linie (52. Min). «Ich habe nicht damit gerechnet, dass der Goalie diese Scheibe abprallen lässt – aber es kann passieren und dann muss man dort sein.» Er war dort. Hat er den Treffer Reto Suri gewidmet? «Ja, ein wenig schon und wir werden darüber wohl noch Sprüche machen…»
Reto Suris Foul ist nicht das Resultat eines Amoklaufes. Es gehört in die Kategorie Missgeschick – und trotzdem darf der Captain nicht Red und Antwort stehen. Er hat insgesamt 27 Minuten kassiert: Eine Zweiminutenstrafe am Anfang und dann eben 5 plus 20 Minuten. Die Nervosität rund um die Nationalmannschaft ist inzwischen so gross, dass ihm verboten wird, zu den Chronistinnen und Chronisten zu reden. Aber das nur als folkloristische Nebenbemerkung.
Der Sieg ist logisch. Wenn eine Auswahl aus der NLA gegen eine Auswahl aus der sportlichen Operettenliga DEL antritt, dann kann es gar nicht anders enden als mit einem Sieg der NLA-Helden.
Lino Martschini (168 cm/65 kg), der kleinste und leichteste Spieler auf dem Eis, ist das beste Beispiel dafür, dass im Eishockey sehr oft Beweglichkeit, Schnelligkeit und Intelligenz über Kraft und Wucht triumphieren können – wenn sich die Kleinen nicht einschüchtern lassen. Früher liessen sich die Schweizer von den Deutschen beeindrucken. Heute nicht mehr. Sie lernen schon als Junioren, gegen die Besten und Bösesten der Welt zu bestehen. «Es hat schon anders gerumpelt als in der Meisterschaft» sagt Lino Martschini. «Ich brauchte etwas Zeit, um mich auf diese Gangart einzustellen.»
Lino Martschini braucht bloss drei, vier Einsätze. Dann hat er internationale Betriebstemperatur. Der Kleinste ist der Grösste. Er erzielt nicht nur den Siegestreffer (3:2). Er hat auch zum 2:1-Führungstreffer aufgelegt.
Nervosität, manchmal überbordender Einsatz und die Kampfkraft der Gastgeber machten die Sache spannend. Die Deutschen vermochten mit ihrem hölzernen Händen und Füssen die Powerplays nur zu einem Treffer auszunützen – die Schweizer hingegen zu zwei Toren. Torhüter Benjamin Conz war besser als sein Gegenüber Dennis Endras.
Es war das erste Länderspiel unter Interims-Nationaltrainer John Fust. Er ist ja nur für die drei Partien dieses Turnier im höchsten Traineramt vorgesehen. Ein Sieg über Deutschland ist inzwischen auch mit einem «Not-Nationaltrainer» möglich. Das mag zeigen, welches enorme Potenzial unsere aktuelle Spielergeneration hat. Sie ist gut genug, um bei einer WM um eine Medaille zu spielen. Wenn sie gut vorbereitet, taktisch gut geschult und gut gecoacht wird.
Aber für eine WM-Medaille braucht es Siege gegen die Grossen. Dazu zählt Deutschland nicht mehr. Für Siege gegen die Grossen brauchen wir auch einen grossen Nationaltrainer. Dazu zählt John Fust trotz des Sieges über Deutschland nicht.
Auch die deutschen haben in Nordamerika den einen oder anderen Pfeil im Köcher. Bevor man von einer Medaille spricht, sollen sich überhaupt erst mal alle nobel genug fühlen, um ihr WM-Aufgebot wahrzunehmen. Und die Vorrunde gilt es auch erst mal zu überstehen..