Hybrid ist eigentlich ein Wort aus der Biologie. Eine Hybride (oder auch der Hybrid) ist ein Individuum, das aus einer Kreuzung zwischen verschiedenen Gattungen, Arten oder Rassen hervorgegangen ist. Der Begriff wird auch für Autos verwendet, deren Motoren durch Benzin und Batteriestrom angetrieben werden.
Die Bezeichnung passt bestens zur Swiss League. Es gibt keine andere Liga der Welt – nicht im Fussball, nicht im Hockey – die so viele Elemente erfolgreich zusammenbringt. Sie vereint mehreren Sprachen (Deutsch, Französisch, Italienisch, dazu als allgemeine Hockey-Umgangssprache Englisch) und – das unterscheidet sie von allen anderen Profiligen – zwei Konzepte, die so verschieden sind wie Kommunismus und Kapitalismus.
Einerseits wird die Liga geprägt durch Klubs mit NLA-Strukturen wie Kloten oder Olten, die den Aufstieg anstreben und vor über 3000 Fans spielen. Andererseits durch «seelenlose» Farmteams wie die GCK Lions, die Ticino Rockets und die EVZ Academy, die nullkommanull Ausstrahlung haben und ihre Kunst vor weniger als 300 Schaulustigen vortragen.
Und schliesslich gibt es diejenigen Teams, die in ihren Regionen populär sind, aber entweder nicht aufsteigen wollen (wegen fehlender Infrastruktur wie bei Langenthal), die eine Saison in der höchsten Liga nicht finanzieren können (wie Ajoie, La Chaux-de-Fonds, Thurgau und Winterthur) oder die erst daran sind, ein NLA-Fundament zu bauen (Visp).
Die ganz besondere Attraktion aber ist diese Saison der Besuch der alten Dame: Nach mehr als einem halben Jahrhundert schaut eine verarmte alte Dame namens Kloten vorbei. Sie hatte 1962 die Liga verlassen und war in der NLA lange Zeit glücklich (fünfmal Meister). Aber zuletzt hat sie durch unglückliche Affären mit verschiedenen Liebhabern ihre Identität und ihr Geld verloren.
Sie würde sich gerne nach einem Jahr wieder nach oben verabschieden. Aber es kann halt sein, dass sie etwas länger bleiben muss. Zuletzt haben die Absteiger Lausanne, Langnau und die Lakers den sofortigen Wiederaufstieg nicht geschafft. Das Potenzial zum Aufstieg haben diese Saison nur Kloten und Olten. Der Verlierer des NL-Playouts muss nur diese beiden Teams fürchten.
Und das Niveau? Hoch. Wenn beispielsweise Olten und Langenthal, die Titanen des Mittellandes, gegeneinander antreten (schon am Samstag in Olten wird es beim ersten Derby der Saison rocken), wird Hockey mit der Intensität und der Dramatik der höchsten Liga vorgetragen.
Wer könnte das besser beurteilen als Pedro Lenz, der Mundartdichter, der mit «Der Goalie bin ig» den erfolgreichsten Sport-Roman unserer Literaturgeschichte geschrieben hat? Er kennt Hockey. Er ist in Langenthal aufgewachsen und lebt heute in Olten. Geben wir ihm das Schlusswort. Er hat kürzlich erzählt:
Na, Leute, holt noch ein Bier für Pedro Lenz und stossen wir auf eine weitere grandiose NLB-Saison an. Pardon: auf eine Swiss-League-Saison.
Zwei Titel- und Aufstiegsanwärter:
Emotionen, vorzügliche Unterhaltung, viel Rock & Roll, Aufbruchstimmung, auf allen Positionen die sportliche Substanz zum Titel und zum Aufstieg. Aber Olten bleibt Olten. Hockey ist hier so wichtig, dass eine nüchterne, sachliche Beurteilung von kritischen Situationen schwieriger ist als anderswo. Es kann durchaus sein, dass auf dem Weg zum Qualifikationssieg, Titel und Aufstieg der Trainer gewechselt wird.
Der beste Goalie der Liga und genug Spieler, die in Kopf und Beinen nach wie vor die NL haben. Erstmals seit 1980, als der ZSC auf den Polen Andrzej Tkacz vertraute, hat ein Team der zweithöchsten Liga beim Saisonstart einen ausländischen Goalie im Kader (Österreichs WM-Held Bernhard Starkbaum). Aber hat der freundliche André Rötheli – er hat in der Ligaqualifikation gegen die Lakers den Klassenerhalt verspielt – die Autorität und die Beharrlichkeit, um allen Beine zumachen? Auch in Kloten ist es durchaus denkbar, dass auf dem Weg zum Qualifikationssieg, Titel und Aufstieg der Trainer gewechselt wird.
Vier Teams für den dritten Platz:
Auch in der Abendröte der goldenen Jahre mit dem «Jahrhundert-Sturm» Brent Kelly, Jeff Campbell (beim Saisonstart verletzt) und Stefan Tschannen hat der Meister von 2012 und 2017 nach wie vor genug Substanz zum Spitzenplatz. Aber nicht mehr zum Titel. Taktisch wahrscheinlich die beste Mannschaft der Liga. Aber auch gute Spielsysteme können vom Gegner «gerockt» werden.
Torhüter, Ausländer und Coaching sind einmal mehr exzellent. Das «Langnau der Welschen» ist ausgeglichener besetzt und damit in der Qualifikation konkurrenzfähiger als letzte Saison. Seit Jahren die einzige playofftaugliche welsche Mannschaft der beiden höchsten Ligen.
Eine weiche, welsche Operettenversion der grossen Mannschaft, die einst sechs Titel in Serie holte (1968, 1969, 1970, 1971, 1972 und 1973). Aber nach einer Transfer-Offensive im Hinblick auf das anstehende 100-Jahre-Jubiläum wenigstens in der Qualifikation ein Spitzenteam.
Auf dem Papier hat der Meister von 1962 eigentlich ein Spitzenteam. Aber das Coaching von Matti Alatalo taugt bloss für Ausbildungsfolklore und nicht für einen Spitzenplatz. Eigentlich ein klarer Fall für ... Kevin Schläpfer.
Drei Teams für die letzten zwei Playoff-Plätze:
Die sechs besten Skorer der letzten Qualifikation sind weg, offensiv heisst es zurück auf Feld eins. Aber Stefan Mair ist der meistunterschätzte Trainer der Liga und schafft die Playoffs.
Langenthals Meistertrainer Jason O’Leary hat nach einem Jahr Assistent in Genf wieder einen Cheftrainer-Posten. Sein Pech, dass die besten Talente nun öfter beim EVZ eine Chance bekommen. Trotzdem ist es möglich, wie im Vorjahr die Playoffs zu erreichen.
Den Trainer (Leo Schumacher), das Talent und das Tempo für einen Platz im Mittelfeld. Aber nicht die Torhüter. Die Playoffs werden zum sechsten Mal in Serie verpasst.
Im Kampf um die Playoffs chancenlos:
Michel Zeiter war ein grosser Spieler, doch er ist nach wie vor noch kein grosser Trainer. Sein Glück, dass die Zürcher gelernt haben, im Tabellenkeller glücklich zu sein. Winterthur wird zum vierten Mal in Serie seit dem Aufstieg die Playoffs verpassen.
Es ist, wie es ist: Auch diese Saison zu wenig Substanz für mehr als den letzten Platz. Obwohl neben Lugano und Ambri nun auch Davos Spieler zur Weiterbildung schickt. Ein Punktverlust gegen die Rockets ist für jeden Gegner ausser Winterthur, Zug Academy und GC ein Grund für eine Trainerentlassung und eine Serie von Straftrainings.