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Wir können es mit leisem Zynismus sagen: Lange war Ambri an seiner Seele krank, jetzt entlässt es wieder Trainer, Gott sei Dank.
Trainer dürfen kommen und gehen, Ambri aber bleibt bestehen: Die Entlassung des wichtigsten sportlichen Angestellten gehört in Ambri zur Kultur, zum Brauchtum. Vielmehr als bei jedem anderen Hockeyunternehmen.
Natürlich hat in den letzten zehn Jahren auch der Kantonsrivale Lugano seinen Chef fleissig gewechselt, im Durchschnitt etwas mehr als einmal pro Saison. Aber das ist die Folge von Missmanagement und nichts weiter als profaner Personalwechsel. Wie soeben mit der Amtsenthebung von Patrick Fischer.
In Ambri aber ist der Trainerwechsel ein Ritual, das vollzogen wird, wenn das Volk nicht mehr zufrieden ist. Sozusagen eine Opferung des vermeintlich Bösen, um die Hockeygötter wieder gnädig zu stimmen. Serge Pelletier, der freundliche, intelligente Kanadier war eigentlich schon viel zu lange in Amt. Er war im Laufe der Saison 2012/2013 für den gescheiterten NHL-General Kevin Constantine gekommen. Die biblische Amtszeit von beinahe drei Jahren hat er sich mit der überraschenden Playoff-Qualifikation im Frühjahr 2014 verdient.
Ambri hatte nur einmal in seiner modernen Geschichte genug Talent, um eine wichtige Rolle zu spielen. Am Ende des letzten Jahrhunderts unter Larry Huras. Es reichte fürs verlorene Finale von 1999 gegen Lugano. Seither darbt Ambri wieder, wie die Bauern im Tal, an (sportlicher) Mangelwirtschaft. Zu wenig Geld, zu wenig sportliche Substanz, zu weit weg von den urbanen Zentren, um ein Ausbildungsklub zu sein.
Ambri ist daher ein Hockeyunternehmen, das sein Überleben der Leidenschaft der Spieler, der Funktionäre und den politischen Beziehungen seiner Macher verdankt. Präsident Filippo Lombardi, der charismatische Barockmensch, sorgt dafür, dass das alte, das wahre Tessin Ambri alimentiert. So viel Geld wie die Milliardärin Vicky Mantegazza unten in Lugano kann er nicht auftreiben. Aber genug, um ein NLA-Unternehmen am Leben zu erhalten. Ein bisschen so etwas wie eine alpin-lateinische Antwort auf die SCL Tigers.
Ambri ist darauf angewiesen, dass sein Personal immer ein wenig im emotionalen Ausnahmezustand sportliche Heldentaten vollbringt. Der Coach muss nicht nur ein guter Kommunikator in der Kabine und im Tal sein und die Spieler, die Chronistinnen und Chronisten und die Geldgeber auf seine Seite bringen, er muss auch das Anfachen von Emotionen beherrschen – aber übertreiben darf er es dabei auch nicht.
In Ambri wird bei der Selbstdarstellung gerne auf die Comic-Reihe «Asterix» verwiesen. So wie sich das winzige gallische Dorf gegen die allmächtigen Römer behauptet, so lässt sich Ambri im helvetischen Hockey-Imperium nicht unterkriegen und kuscht schon gar nicht vor Lugano. Wäre Ambri ein gewöhnliches Eishockey-Unternehmen, dann wäre es schon vor langer Zeit von der Landkarte verschwunden.
Als Fremder hier König (Trainer) zu sein, ist daher eher noch schwieriger, als das Dorf der Gallier zu regieren. Deshalb hatten es in Ambri die Trainer und Sportchefs noch nie leicht. Polemik um das sportliche Führungspersonal gehört zur Unternehmenskultur wie das Glockengeläut zur Herde.
Die Polemik um Serge Pelleiter hatte schon während der letzten Saison begonnen. Die Frage war nicht ob, sondern wann er in diesem Herbst entlassen wird. Er darf erhobenen Hauptes gehen. Er ist nach einer Niederlage gegen Lugano gefeuert worden.
Woran ist er gescheitert? Ganz einfach an zu wenig Substanz im Kader. Vom Typ her ist er kein Krisenmanager und Emotionenmacher. Er neigt eher dazu, milde und verständnisvoll zu sein und sich in die innere Emigration zurückzuziehen. Weil der Universitäts-Absolvent fürs raue Hockey-Tagesgeschäft zu intelligent und freundlich ist.
Nun kommt der grosse Zampano Hans Kossmann (53). Ein Ruck wird nun durchs Unternehmen gehen. Im schon fast erkalteten Herd der grossen Hockey-Gefühle wird nun wieder Feuer gemacht. Der Unterhaltungswert wird grandios sein. Verteidiger Alain Birbaum und der Stürmer Adrien Lauper haben Fribourg verlassen und sind nach Ambri emigriert, weil die den gestrengen Hans Kossmann nicht mehr ausgehalten haben. Auch die Punkteproduktion von Thibaut Monnet, der als Topskorer der ZSC Lions 2013 nach Fribourg gekommen war, hatte sich unter Hans Kossmann schliesslich halbiert. Nun gilt: Hans ante portas! Aber fliehen können sie nicht.
Hans Kossmann wird die taktische Ordnung, die unter dem sanften Führungsstil von Serge Pelletier etwas verloren gegangen war, was es nicht einmal mehr möglich machte, eine 3:0-Führung in trockene Tücher zu bringen (wie zuletzt in Bern), wiederherstellen und dafür sorgen, dass Ambri noch eine Weile im Rennen um die Playoffs bleibt und dann den Liga-Erhalt sichert. Sein Vertrag läuft bis 2017. Er hat durchaus Chancen, bis dahin im Amt zu bleiben.
Aber wenn Ambri aufmüpfig, rebellisch, also authentisch bleibt, wird es für ihn spätestens im Frühjahr 2017 auch wieder Zeit, zu gehen.