Natürlich geht es in dieser Woche in allererster Linie um die Playoff-Qualifikation. Die Partie Fribourg-Gottéron gegen Zug steht also ganz im Zeichen des «Strich-Dramas». Nach dem Penalty-Sieg (2:1) gegen Zug fehlt Gottéron noch ein einziger Punkt aus den beiden letzten Spielen gegen den SCB und Servette. Aber das ist für einmal Nebensache. Dieses hochstehende, intensive Spektakel hat neben Gottéron noch einen zweiten Sieger gesehen: das Schweizer WM-Team.
Vor einer WM müssen wir eigentlich nicht fragen, ob wir eine gute Mannschaft haben. Es genügt die Frage: Haben wir zwei gute Goalies? Wenn wir ohne jeden Zweifel sagen können «Ja!», dann dürfen wir den Titelkämpfen mit Zuversicht entgegensehen.
Für die WM kommen nur zwei Torhüter als Nummer 1 und Nummer 2 in Frage: Zugs Leonardo Genoni (32) und Gottérons Reto Berra (33). Nur sie haben das Talent und die Erfahrung für höhere internationale Aufgaben. Für eine erfolgreiche WM braucht es zwei Weltklasse-Goalies. Wenn wir also wissen wollen, was wir bei der WM erwarten dürfen, dann müssen wir die Partie Gottéron gegen Zug analysieren. Es ist das letzte Direktduell unserer WM-Hoffnungen in der Qualifikation.
Noch im Spätherbst gibt es im Hinblick auf die Titelkämpfe in Zürich und Lausanne (8. – 24. Mai) Grund zu grosser Sorge. Genoni und Berra spielen bei weitem nicht ihr bestes Hockey und müssen sich in einzelnen Partien sogar die Bezeichnung «Lottergoalie» gefallen lassen. Die beiden Zürcher sind durchschnittliche Liga-Torhüter. Mit durchschnittlichen Liga-Goalies an die WM?
Nun sind wir die grösste Sorge im Hinblick auf die WM los. Gottérons Trainer und Sportchef Christian Dubé sagt es nach dem Spiel in einem einzigen Satz: «Leonardo Genoni und Reto Berra sind die besten Torhüter der Liga.» Mehr als das: Beide sind in dieser Partie Weltklasse. Ein grosser Abend also auch für Nationaltrainer Patrick Fischer und sein WM-Team.
Mit ziemlicher Sicherheit hat es in der neueren Geschichte in einem Liga-Spiel kein Torhüterduell auf diesem Niveau gegeben. Bei einem Schussverhältnis von 38:29 stoppt Reto Berra 96,55 Prozent der Schüsse, Leonardo Genoni 97,37 Prozent.
Das bedeutet statistisch zwar Weltklasse, muss aber noch nicht unbedingt das Resultat von Weltklasseleistungen sein. Es ist ja auch möglich, dass die Hockeygötter beistehen, der Gegner unfähig ist, Chancen auszuwerten und/oder die Pucks immer wieder vom Pfosten oder von der Latte zurückprallen.
Aber das knappe Resultat ist weder Pech im Abschluss noch dem Unvermögen der Stürmer geschuldet. Sondern einzig und allein dem Hexenwerk der beiden Goalies. Beide dominieren das Spiel, haben den Puck immer im Auge, werden nie überrascht oder ausgespielt, stoppen cool alleine durchgebrochene Stürmer, werden nie hektisch, sind unüberwindliche Blocker mit schlauem Winkelspiel und zeigen unheimliche Reflexparaden. Oder in einem Wort: Weltklasse.
Mag sein, dass sie bis zur WM noch hin und wieder nicht ganz auf diesem Niveau spielen werden. Aber das ist unerheblich. Wir haben gesehen, dass sie nach wir vor fähig sind, ihr bestes Hockey zu spielen und ihr Selbstvertrauen unerschütterlich ist.
In dieser Form können sie unsere Nationalmannschaft zum dritten Mal in den WM-Final hexen. Beide haben das schon einmal getan: Reto Berra 2013 in Stockholm im Halbfinal beim 3:0 gegen die USA und Leonardo Genoni 2018 in Kopenhagen im Halbfinal beim 3:2 gegen Kanada.
Beinahe geht noch ein weiterer WM-Lichtblick vergessen. Ein einziger Spieler vermochte Reto Berra zu überwinden: Zugs Topskorer Grégory Hofmann. Wir haben also mindestens einen Stürmer aus unserer Liga, der dazu in der Lage ist, einen Weltklassetorhüter zu überwinden. Er wird dazu auch an der WM in der Lage sein.