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Pfiffe bei der Rückkehr nach Zug für den ehemaligen Publikumsliebling – doch wir haben bisher erst den halben Damien Brunner gesehen

Damien Brunner kann sich gegen die EVZ-Defensive nicht durchsetzen.
Damien Brunner kann sich gegen die EVZ-Defensive nicht durchsetzen.Bild: Daniela Frutiger/feshfocus
Luganos Neuerwerbung mit Problemen

Pfiffe bei der Rückkehr nach Zug für den ehemaligen Publikumsliebling – doch wir haben bisher erst den halben Damien Brunner gesehen

Damien Brunner (28) war einst beim EV Zug Liga-Topskorer. Nun ist er mit Lugano erstmals wieder nach Zug gekommen. Bei der 2:3-Niederlage hat er keinen Skorerpunkt erzielt. Wird Damien Brunner überschätzt?
14.01.2015, 06:4614.01.2015, 08:47
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Undank ist der Welten Lohn. Nach knapp zwei Jahren kehrt Damien Brunner am 13. Januar 2015 in die Bosshard-Arena zurück. Am 5. Januar 2013 hatte er hier zuletzt gespielt. Mit dem EV Zug gegen den SC Bern (0:4). Dann zog er in die Welt hinaus, nach Amerika. Nun ist er wieder da. Er ist mit Lugano zum Gastspiel nach Zug gekommen. Auf der Stehplatztribune entrollen Zugs Anhänger zur Begrüssung von Damien Brunner ein grosses Transparent mit folgender Aufschrift:

«Zug hesch de Erfolg zverdanke in Lugano bisch nur weg de Franke!!» 
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Bild: Daniela Frutiger/freshfocus

Sie werfen ihrem einstigen Idol Geldgier und Undankbarkeit vor. Tatsächlich ist der ehemalige Klotener Junior erst ab 2008 in Zug ein Star geworden. Ja, er verdankt dem Transfer von Kloten (wo er nicht über die 4. Linie hinausgekommen war) nach Zug seine Karriere. 

Geld als entscheidender Faktor?

Nun hätte er, so die Sicht der EVZ-Anhänger, nach dem Abbruch seines NHL-Abenteuers aus Dankbarkeit nach Zug zurückkehren sollen. Damien Brunner hat anders entschieden. Er setzt seine Karriere beim HC Lugano fort. Er ist dort mit ziemlicher Sicherheit der bestverdienende Schweizer Spieler aller Zeiten. Insider schätzen, dass sein Vertrag bis Ende 2019 rund 3,9 Millionen Franken wert ist. 

Wegen des Geldes nach Lugano? So wie es die Fans plakativ verkünden? «Ach, lassen wir das» sagt er. «Ich habe durch die Auflösung des Vertrages in New Jersey so viel Geld liegen lassen und ich hätte bei ZSKA Moskau so viel mehr verdienen können, dass ich diese Diskussion gar nicht führen will.»

Brunner fand in New Jersey sein Glück nicht. 
Brunner fand in New Jersey sein Glück nicht. Bild: Evan Vucci/AP/KEYSTONE

Tatsächlich hat Brunner durch die Auflösung des NHL-Vertrages auf gut 1,5 Millionen Dollar verzichtet. Bei ZSKA Moskau, einem der reichsten Klubs ausserhalb der NHL, hätte er mehr als doppelt so viel verdienen können als in Lugano. ZSKA-Manager Sergej Fjodorow hatte sich intensiv persönlich um den Schweizer Nationalstürmer bemüht. Wohl doch nicht alleine des Geldes wegen nach Lugano. Damien Brunner will nach dem Scheitern in New Jersey einen Neuanfang in einem guten Team mit einem Trainer, den er kennt und schätzt – Lugano ist für ihn bei dieser Ausgangslage der perfekte Arbeitgeber. 

Und es gibt auch diese Sichtweise zum Thema Dankbarkeit. Zugs Anhänger sollten Damien Brunner dankbar sein. Für gut vier Jahre, viele unvergessliche Spiele und über 200 Skorerpunkte. Damien Brunner lässt sich von solchen Diskussionen nicht irritieren. «Ich habe das Spruchband gesehen. Das ist eine Sache der Fans. Ich kann kein schlechtes Wort über Zug sagen. Ich habe hier eine sehr gute Zeit gehabt, ich habe hier Freunde und meine Freundin kommt aus Zug.» 

Noch nicht angekommen

Der Versuch des Publikums, Damien Brunner an diesem 13. Januar bei jeder Scheibenberührung durch Pfiffe zu schmähen, wird bald einmal abgebrochen. Vielleicht auch, weil er gar kein so auffälliger Spieler ist und einige Konzentration erforderlich ist, um keinen seiner Einsätze zu verpassen. Seit seiner Rückkehr in die Schweiz hat er in Lugano in 7 Spielen erst ein Tor und ein Assist produziert. Das sind enttäuschende Werte. Vor seiner Abreise in die NHL im Januar 2013 hatte er für Zug in der laufenden Saison in 35 Spielen sage und schreibe 57 Punkte gebucht. 

Wird Damien Brunner heute überschätzt? Ist er am Ende gar nicht so gut wie alle geglaubt haben? Hätte der Spieler mit der Nummer 98 Fritz Meier und nicht Damien Brunner geheissen – er wäre an diesem 13. Januar auf den ersten Blick nicht aufgefallen. Ein paar gute Szenen, gewiss. Aber kaum echte Torgefahr und nur drei Abschlussversuche. 

Die Nordamerikaner haben für einen Spieler in der Situation von Damien Brunner einen ganz besondere, treffende Definition: «All the tools but no toolbox.» Will heissen: Er hat alles, was es braucht (alle Werkzeuge) – aber er kann dieses Talent nicht umsetzen. 

Brunner versucht sich am ehemaligen Luganesi Dominik Schlumpf vorbeizumogeln.
Brunner versucht sich am ehemaligen Luganesi Dominik Schlumpf vorbeizumogeln.Bild: Daniela Frutiger/feshfocus

Ziemlich genau so ist es. Sein Talent blitzt immer wieder auf. Bei jedem Einsatz. In verschiedensten Situationen. Was ihm fehlt ist der letzte Schliff, die letzte Präzision, die Schnelligkeit in der Umsetzung, die blind und blitzschnell funktionierende Koordination. Und so kommt der Abschluss um Sekundenbruchteile zu spät, zu wenig direkt. 

«Meine Mitspieler müssen sich noch an meine Spielweise und Laufwege gewöhnen.»
Damien Brunner

Es liegt nicht daran, dass Damien Brunner jetzt nicht Topskorer Fredric Pettersson als Center hat. Der ehemalige Zuger ist ein unberechenbarer, kreativer Stürmer, der sich auf allen Positionen wohl fühlt. Er ist ein flinkes Kufentier, das weite Wege läuft, da und dort überraschend auftaucht. «Meine Mitspieler müssen sich noch an meine Spielweise und Laufwege gewöhnen» sagt Brunner. 

Lugano ist ein Ebenbild von Brunner

Lugano hat in Zug 2:3 verloren und auf dem vierten Platz nur noch zwei Punkte Vorsprung auf Zug. Lugano und Zug dürften unter sich Platz 4 und 5 ausmachen. Lugano ist nicht unter ultimativem Erfolgsdruck und Trainer Patrick Fischer (auch er ein ehemaliger Zuger) kann es sich leisten, seiner Neuerwerbung Zeit zu lassen. 

Patrik Fischer. 
Patrik Fischer. Bild: Daniela Frutiger/feshfocus

«Ich fühle mich nicht unter Druck und rundum wohl», sagt Damien Brunner. Wie weit er noch von seiner Bestform entfernt ist, mag er nicht schätzen oder gar in Prozentzahlen ausdrücken. Wir tun das für ihn: Er hat bisher in Lugano rund 50 Prozent seines Potenzial ausgeschöpft. Wir haben erst den halben Damien Brunner gesehen. 

Er ist deswegen nicht verunsichert. Er weiss: Die Form kommt. Es braucht einfach alles seine Zeit. Wahrscheinlich hat kein anderer Schweizer Spieler so viel gesundes Selbstvertrauen wie er. Auch deshalb hatte er sich zumindest vorübergehend in der NHL durchgesetzt (135 Spiele/30 Tore/37 Assists für Detroit und New Jersey). 

Aber ist Lugano überhaupt ein Meisterkandidat? Damien Brunner personifiziert dieses Lugano. «All the tools but not toolbox.» Das gilt nicht nur für den NHL-Rückkehrer. Sondern für die ganze Mannschaft. Alles ist da für ein Meisterteam. Aber wie dieses Talent in den Playoffs umsetzen? Sagen wir es so: Würden wir Luganos Talent in das taktische Konzept (in die «toolbox») von Servettes Chris McSorley packen, dann hätten wir den Meisterschaftsfavoriten Nummer 1. 

Was dieser enorm talentierten Mannschaft fehlt, ist der letzte Schliff, die letzte Präzision, die Schnelligkeit und Sicherheit in der Umsetzung, die blind und blitzschnell funktionierenden Automatismen und die Sicherheit im Spielsystem. Die Balance stimmt noch nicht. Halleluja und Hallodri wechseln zu oft und zu schnell. Die Angriffsauslösung ist zu freihändig. Und die Abhängigkeit von Topskorer Fredrik Pettersson beunruhigend. 

Fredrik Pettersson und Robbie Earl verfolgen aufmerksam das Geschehen.
Fredrik Pettersson und Robbie Earl verfolgen aufmerksam das Geschehen.Bild: KEYSTONE

Lugano und EVZ vor heissem Playoffduell

Lugano hat seit dem letzten Titel von 2006 nie mehr eine Playoffserie gewonnen. Das hat durchaus einen Vorteil: Der Chronist musste seit 2006 nie mehr im Osterverkehr nach Lugano reisen und im Stau vor der Gotthardröhre warten. Ostern ist dieses Jahr am ersten Aprilwochenende. Wenn der Final gespielt wird. Der Chronist rechnet auch 2015 nicht mit einem Hockey-Osterausflug nach Lugano. 

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Aber wenn Damien Brunner bis zu den Playoffs sein Spiel perfektioniert und Trainer Patrick Fischer sein System justiert, dann ist es möglich, endlich wieder einmal eine Playoffserie zu gewinnen. Es ist ein Wettlauf mit der Zeit. 

So wie die Tabelle aussieht, könnte Lugano (4.) in der ersten Runde gleich auf den EV Zug (5.) treffen. Zug gegen Lugano wäre mit Abstand die heisseste Viertelfinalserie. Die EVZ-Fans sollten bald mit dem Malen von Spruchbändern für Damien Brunner beginnen. Aber sie sollten schon etwas witziger und kreativer sein als jenes vom 13. Januar.  

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