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>>> Hier gibt des den Spielbericht Schweiz – Slowenien.
Wer ein Gespür für ein bisschen «Voodoo» hat, erahnt das Drama. Obelix und Asterix sind die Maskottchen der WM. Obelix steht dort, wo die Schweizer das Eis betreten. Asterix beim Aussenseiter Slowenien. Doch vorerst ist Asterix chancenlos. Ein Sieg zeichnet sich ab, herausgespielt im Schmetterlingsstil. So wie sonst nur die Titanen WM-Spiele gewinnen.
Wie ein warmes Messer durch Butter fahren die Stürmer im ersten Drittel durch die gegnerische Abwehr. Der erste gegnerische Ausschluss wird bereits nach 29 Sekunden zum 1:0 genützt. 12 Sekunden später rauscht der Puck zum 2:0 ins Netz. 4:0 steht es zur ersten Pause. Nie seit dem Wiederaufstieg von 1998 haben die Schweizer im Rahmen einer WM das Startdrittel so klar gewonnen. Sie sind schneller, bissiger, kurzum in jeder Beziehung besser. Die Partie ist zu einem Training unter Aufsicht von Schiedsrichtern verkommen. Ein WM-Wunder.
In der ersten Pause bitten die Chronisten Sandro Mühlebach, den Mitarbeiter der «Schweizerischen Depeschenagentur», in seinem umfangreichen elektronischen Archiv nach dem höchsten Schweizer WM-Sieg und dem besten ersten WM-Drittel seit 1998 zu forschen. Nach dem Spiel werden sie ihn fragen, ob man schon einmal an einer WM eine 4:0-Führung vergeigt habe.
Vom 4:0 zum 4:4. Die Slowenen wechseln in der ersten Pause den Torhüter aus. Gasper Kroselj geht. Er hat etwas mehr als 60 Prozent der Schüsse abgewehrt. Matija Pintaric kommt. Er wird bis zum Penalty von Damien Brunner keinen Treffer mehr zulassen, dieses Penalty-Tor Brunners entscheidet die Partie. «Wir haben in der ersten Pause gesagt, so gehe es nicht und noch einmal alle Kräfte mobilisiert», wird Captain Jan Mursak hinterher sagen.
Die Schweizer führen bis 89 Sekunden vor der zweiten Pause 4:0. Dann vergeigen sie in 16 Minuten und 52 Sekunden diese Führung. Gegen den Aufsteiger. Gegen die Nummer 15 der Weltrangliste. Nie zuvor haben sie eine 4:0-Führung aus der Hand gegeben. Die Schweiz zwischen WM-Wunder und WM-Albtraum.
Wie ist das möglich? Es war ein kurioses Spiel. Bei fünf gegen fünf Feldspielern hatten die Slowenen eine Torchance. Sie erzielten ihre Treffer in Unterzahl (zum 1:4), in Powerplay (zum 3:4 und 4:4) und nur das haltbare Tor zum 2:4 gelang bei gleich vielen Feldspielern. Jonas Hillers Fangquote von 82,16 Prozent ist beunruhigend. Immerhin rettet er am Ende den Sieg mit drei gehaltenen Penaltys.
Hinterher hat niemand eine schlüssige Erklärung. Man habe den Fokus verloren, es sei nicht mehr gelungen, zum geradlinigen, einfachen Spiel des ersten Drittels zurückzufinden. Die Rede ist von den Strafen, die einen aus dem Konzept gebracht hätten, Patrick Fischer rühmt das Powerplay des Gegners und sagt, man müsse diese Strafen abstellen. Aber es seien eigentlich unglückliche Strafen gewesen. Und so weiter und so fort.
Wenn eine Mannschaft 4:0 führt und am Ende das 4:4 hinnehmen und mit Mühe und Not in der Schlussphase und in der Verlängerung das 4:5 vermeiden kann – dann ist es dem Coach nicht gelungen, Einfluss auf den Lauf der Dinge zu nehmen. Patrick Fischer war an der Bande ratlos und hilflos. Kein Bandengeneral.
Der Nationaltrainer sagt, so etwas könne im Hockey passieren. Er spricht von ungenügendem «Game Management» und «Puck Management». Ausdrücke, die cool und modern wirken und eigentlich nichts aussagen. Er sagt, die Disziplin müsse besser werden, die Strafen in der Offensivzone dürfe es nicht mehr geben. «Aber am Ende des Tages haben wir doch gewonnen.» Er hat den Optimismus nicht verloren. Und es ist ja noch alles möglich. Aber wie 2015 und 2016 gilt es für die Schweiz nach einem Punktverlust im ersten Spiel erst einmal, den Klassenerhalt zu sichern.
Es gibt eine interessante Episode am Rande. Die Schweizer waren in der Startphase gut, ja unwiderstehlich. Für einmal hatte die Favoritenrolle keine lähmende Wirkung. Dieser Favoritenrolle gerecht zu werden, war eigentlich bloss Kopfsache. Die Vorbereitung durch den amerikanischen Sportpsychologen Saul L. Miller hat sich im Startdrittel ganz offensichtlich ausbezahlt. Sein «Voodoo» anfänglich geholfen.
Aber Dr. Saul Miller hat die Mannschaft und Paris am Freitag nach abgeschlossener Vorbereitung verlassen. «Das war so abgemacht», sagt Patrick Fischer. Aber die Frage ist ja schon berechtigt: Hätte der Mann, der den Eindruck erweckt, er könne auf dem Wasser gehen, das Debakel womöglich abwenden können? Sein «Voodoo», das beim Start so wundersame Wirkung zeigt, war dann offensichtlich nicht mehr wirksam, geriet ausser Rand und Band wie der Zauber, den Goethes Zauberlehrling nicht mehr unter Kontrolle zu bringen vermochte.
Bei der nächsten WM (Saul Miller hat mit dem Verband ein Mandat bis und mit WM 2018) sollte der Amerikaner auch während des Turniers und in den Drittelpausen den Spielern beistehen und sein «Voodoo» zelebrieren.
Hockeytechnisch gilt: Die Ära des wilden, unkoordinierten «Pausenplatz-Hockeys», die unter Glen Hanlon (2015) in Prag begonnen und unter Patrick Fischer vor einem Jahr in Moskau ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht hat, ist noch nicht zu Ende. Es wartet nach wie vor viel Arbeit auf Taktiklehrer Tommy Albelin.
Der Optimist sagt: Die Schweizer haben beim 4:0 im ersten Drittel gezeigt, dass sie gut genug für die Viertelfinals sind. Die Ursache für den Punktverlust ist eine Laune der Hockeygötter. So etwas werde nicht mehr vorkommen.
Der Pessimist warnt: Dieses 4:0 im ersten Drittel wird ein unerklärliches WM-Wunder bleiben und entspricht nicht dem spielerischen und taktischen Nominalwert dieser Mannschaft. Die Ursache für die Wende zum 4:4 ist die Unsicherheit einer nach wie vor nicht gefestigten Mannschaft – und ein miserables Coaching.
Patrick Fischer ist gefordert wie nie zuvor in seiner Karriere als Nationaltrainer.
@Chlöisu, bitte jetzt den Druck auf Fischi aufbauen, ohne Deine gütige Mithilfe halten die elenden Verbandsmöffe🤢vermutlich noch an dem unsäglichen Lotter-Coach fest..🙊🙄😂