Die ZSC Lions spielen gegen Servette um den Finaleinzug. Und Gottéron beginnt den Halbfinal zuhause gegen Kloten. Was wird daraus? Eine frankophone Finalparty mit Gottéron gegen Servette oder bloss ein Zürcher Gipfeltreffen zwischen den ZSC Lions und Kloten?
Für das Wohl unseres Hockeys wäre eine welsche Party besser. Unser Fussball käme heute auch ohne das Welschland aus. Im Eishockey geht es hingegen nicht ohne die Romandie. In der Westschweiz liegen die Ursprünge unseres Hockeys mit der Verbandsgründung am 27. September 1908 in Vevey.
An der ersten Meisterschaft 1908/09 beteiligten sich acht Teams. Alle aus der Romandie. Die Leidenschaft, das Talent und das Temperament der Welschen sind die perfekte Ergänzung zu den teutonischen Kraft-Hockeytugenden der Deutschschweizer. Gemanagt von den Deutschschweizern, gelebt von den Welschen: Das ist die Zauberformel für den wirtschaftlichen und sportlichen Erfolg unseres Hockeys.
Kurzfristig wäre ein «Zürcher Finale» natürlich besser fürs Geschäft. Wenn Hockey im Wirtschaftszentrum des Landes rockt und rollt, dann profitiert die ganze Liga. Das Interesse eines welschen Finals wäre in der Deutschschweiz gering. Wir müssten uns dann halt mit einer kurzweiligen Liga-Qualifikation mit den SCL Tigers trösten. Ein langweiliger Final wäre ausnahmsweise kein Unglück für unser Hockey. Die welschen Klubs sind für den Geschäftsgang, die TV- und Werbeverträge ja sowieso nicht ganz so wichtig.
Da gibt es durchaus Parallelen zu Nordamerika. Nichts ist für das wirtschaftliche Klima der NHL so gut wie ein Stanley-Cup-Sieg der New York Rangers. Die sieben kanadischen Klubs sind fürs Big Business nicht so wichtig. Die Amerikaner sind für die NHL was die Deutschschweizer für die NLA und Kanadier sind die Welschen der NHL. Sie warten auch schon seit 1993 auf den nächsten Stanley Cup.
Das welsche Hockey fördern wir auf Dauer nicht mit Sonntagsreden und Einladungen an den Spengler Cup. Die welsche Hockeykultur sollte von Zeit zu Zeit mit einem Meistertitel gedüngt und dynamisiert werden. Nichts täte unserem frankophonen Hockey deshalb so gut wie eine Meisterfeier in Genf oder Fribourg.
Nun eröffnet sich also eine Jahrhundert-Chance: Die Titanen SC Bern, Lugano und Davos sind im Playoff-Halbfinal nicht mehr dabei. Die Titelchancen für Servette und Gottéron sind so gut wie noch nie seit dem letzten welschen Titel (La Chaux-de-Fonds 1973). Biel (zuletzt 1983 Meister) rechnen wir zum alemannischen Hockey-Kulturkreis.
Nützen Gottéron und Servette diese «Jahrhundert-Chance» nicht, dann werden wir Jahrzehnte auf eine Meisterpartie ennet dem Röstigraben warten: Ein erneutes Scheitern wird Hans Kossmanns Autorität bei Gottéron so erschüttern, dass ein neuer Titelfeldzug nicht mehr möglich sein wird. Nach dieser Saison verliert Servette mit Tobias Stephan den wichtigsten Einzelspieler – der Nationalgoalie wechselt zu Zug. Entweder werden Hans Kossmann oder Chris McSorley jetzt Meister oder nie mehr.
Eine frankophone Meisterfeier müsste die Deutschschweizer ja nicht beunruhigen: Die Herrlichkeit wäre sowieso nur von kurzer Dauer. Bald würden die Westschweizer, nun aber wesentlich glücklicher, wieder eine Statistenrolle einnehmen. Ein Titel für Servette oder Gottéron würde nichts daran ändern, dass die Deutschschweiz weiterhin das politische, wirtschaftliche und sportliche Epizentrum unseres Hockeys bleibt.