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Es ist Zeit, dass in diesem Frühling ein unerträglicher Zustand endlich korrigiert wird

Gegen die Schiessbude von der Liga spielt jedes Team gern. Hier jubelt Etienne Froidevaux von Lausanne gegen Rapperswil.
Gegen die Schiessbude von der Liga spielt jedes Team gern. Hier jubelt Etienne Froidevaux von Lausanne gegen Rapperswil.Bild: KEYSTONE
Rapperswil runter, Langnau rauf

Es ist Zeit, dass in diesem Frühling ein unerträglicher Zustand endlich korrigiert wird

Die Lakers und die SCL Tigers, zwei Teams mit völlig gegensätzlicher Ausgangslage und Kultur, geniessen ein ungewöhnliches Privileg: Es spielt monatelang überhaupt keine Rolle mehr, ob ein Spiel verloren oder gewonnen wird. 
15.01.2015, 11:5215.01.2015, 13:39
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Das hat es so in einer wichtigen Liga noch nicht gegeben. Die SCL Tigers führen mit 20 Punkten Vorsprung die NLB an. Siege und Niederlagen spielen bis zum Qualifikationsende praktisch keine Rolle mehr. 

Die Tigers surfen ausser Konkurrenz den Playoffs entgegen. Die seltenen Pleiten wie das 2:10 in Langenthal werden als Kuriosum zur Kenntnis genommen und wie ein eigenartiges vorsintflutliches Insekt untersucht. Eine hockeylogische Erklärung gibt es nicht. 

Gegen Langenthal gab es für die SCL Tigers ein Debakel.
Gegen Langenthal gab es für die SCL Tigers ein Debakel.Bild: KEYSTONE

Die Lakers wissen seit dem ersten Spieltag, dass sie auf dem letzten Platz enden werden und den Playouts nicht entkommen können. Siege und Niederlagen spielen während der ganzen Qualifikation keine Rolle. Die Lakers surfen ausser Konkurrenz den Playouts entgegen. 

Die seltenen Siege wie etwa jener vom 9. Januar gegen Tabellenführer Davos (4:3 n. V.) werden wie ein Kuriosum zur Kenntnis genommen und wie ein eigenartiges vorsintflutliches Insekt untersucht. Eine hockeylogische Erklärung gibt es nicht. 

Parallelen und Unterschiede 

Die SCL Tigers und die Lakers sind so gegensätzlich und doch so unheimlich ähnlich. Sie belegen in der nationalen Hierarchie die Plätze 12 und 13. Die SCL Tigers haben bisher 28 von 37 NLB-Partien gewonnen. Die Lakers sind in 37 NLA-Spielen 28-mal als Verlierer vom Eis geschlichen. 

Beide Teams werden von antiautoritären taktischen schwedischen Bandenerziehern geführt, die nichts von schwarzer Pädagogik von Katharina Rutschky halten und als Spielerversteher lieber nach den Prinzipien von Heinrich Pestalozzi lehren (Anders Eldebrink und Bengt-Ake Gustafsson). Schwedisches Systemhockey führt zu Konstanz im Guten wie im Schlechten. Die Langnauer haben so oft gesiegt, dass sie jetzt nicht mehr wissen, warum. 

Die Lakers haben so oft verloren, dass sie inzwischen nicht mehr wissen, warum. Diese seltsame Konstanz ist im Mannschaftssport ungewöhnlich. Sie kann die Trainer vor schier unlösbare Probleme stellen. Die «unerträgliche Leichtigkeit des Seins» macht es schwer den «Wettkampfinstinkt» im Hinblick auf die Playoffs zu schärfen. Anders herum: Wenn Niederlagen monatelang keine Krise und keine Polemik auslösen, geht der Instinkt für Sieg und Niederlage auch verloren. 

Anders Eldebrink steht in Rapperswil (unfreiwillig) oft auf verlorenem Posten.
Anders Eldebrink steht in Rapperswil (unfreiwillig) oft auf verlorenem Posten.Bild: KEYSTONE

Die Tiger haben schon monatelang den Pulverdampf vom Kampf um jeden Quadratzentimeter Eis nicht mehr in die Nase bekommen. Höchstens beim legendären Cup-Match gegen den SC Bern (1:4). Föhnfrisierte offensive Taubentänzigkeit genügt. Struppig-grimmige defensive Bissigkeit, wie sie in den Playoffs gefragt sein wird, kann in der Praxis nicht mehr wirklichkeitsnah geübt werden. 

Und niemand vermag zu sagen, ob die Torhüter wirklich etwas taugen und ob der kanadische Topskorer Chris DiDomenico am Ende nicht doch nur ein egoistischer und leicht zu provozierender Operetten-Gretzky ist. 

Chris DiDomenico wird nach dem wohl unbeabsichtigten Angriff auf einen Schiedsrichter bald wieder zum Einsatz kommen dürfen.
Chris DiDomenico wird nach dem wohl unbeabsichtigten Angriff auf einen Schiedsrichter bald wieder zum Einsatz kommen dürfen.Bild: Sandro Stutz/freshfocus

Bei den Lakers ist die Gefahr erheblich, dass sich alle ans Verlieren gewöhnen und nicht mehr davon lassen können. Lieber harmonisch untergehen als zerstritten siegen. Die Mannschaft besteht aus vier vierten Linien und vier erstklassigen Ausländern. Aber in einer Ligaqualifikation könnten nur zwei Ausländer eingesetzt werden. 

Bei Aufeinandertreffen ein offenes Duell

Logisch und gerecht wäre es nun, wenn am Ende von der Saison die SCL Tigers die NLB gewinnen und die Lakers die Playouts verlieren und die beiden Teams schliesslich in der Ligaqualifikation um den letzten Platz in der NLA spielen würden. 

Aber eben: Wir können es nicht oft genug wiederholen: Eishockey ist ein unberechenbares Spiel, das auf einer rutschigen Unterlage ausgetragen wird. Auf Glatteis gibt es keine Logik. 

Bisher haben sich die Lakers in den Playouts gegen höher eingestufte immer gerettet und sind noch nie abgestiegen. Die Ligaqualifikation ist ihnen stets erspart geblieben. Ja, die SCL Tigers haben den Abstieg im Frühjahr 2013 ausgerechnet durch eine Playout-Niederlage gegen die …Lakers eingeleitet.  

Im Direktduell von beiden Teams hatte zuletzt Rapperswil die Nase vorn.
Im Direktduell von beiden Teams hatte zuletzt Rapperswil die Nase vorn.Bild: KEYSTONE

Dass die SCL Tigers die NLB-Playoffs gewinnen werden, ist noch keineswegs sicher. Vielleicht wäre es ja gut, wenn das 2:10 von Langenthal zu einer schweren Krise und inneren Unruhen und trotz Platz 1 zu einer Trainerentlassung und einer heftigen emotionalen Entladung in den Playoffs führen würde. Doch damit ist nicht zu rechnen. 

Aber vielleicht bescheren uns die Hockeygötter ja doch eine Ligaqualifikation mit den SCL Tigers und den Lakers. Nichts wäre reizvoller und gerechter als eine Direktbegegnung von diesen beiden Teams, die äusserlich so verschieden und doch innerlich auf eine unheimliche Weise gleich sind. 

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Langnau kann immer auf seine Anhänger zählen.
Langnau kann immer auf seine Anhänger zählen.Bild: KEYSTONE

Eigentlich ist die Situation absurd. Durchschnittlich wollen noch 4348 Fans die Lakers sehen. Obwohl die Gegner HC Davos oder ZSC Lions oder Ambrì oder EV Zug oder SC Bern heissen. Im Grossraum Emmental-Oberaargau-Entlebuch lassen durchschnittlich 5063 Menschen jede Woche mehrmals alles stehen und liegen und eilen herbei um die SCL Tigers zu sehen. Obwohl die Gegner GCK Lions oder Ajoie oder Red Ice Martigny oder Hockey Thurgau heissen. 

Die Lakers sind für die NLA zu schwach und die Langnauer für die NLB zu stark. Es ist Zeit, dass dieser unerträgliche Zustand im Frühjahr 2015 endlich korrigiert wird.  

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37 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Wilson_Wilson
15.01.2015 16:35registriert Dezember 2014
Lieber Herr Zaugg, es weiss nun wirklich der hinterletzte eishockeyinteressierte Mensch in diesem Land, dass Sie die Lakers in der NLB und Langnau in der NLA sehen wollen. Braucht es dazu gefühlt 500 Artikel in einem Winter? Es ist sinnlos. Die Ausgangslage ist einfach: Wer die Ligaquali gewinnt, gehört in die NLA. Basta. Übrigens: Im Gegensatz zu den Tigers hat es Rappi immer geschafft, in der NLA zu bleiben. So viel schlauer können die Emmentaler also nicht sein.
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Santo
15.01.2015 13:58registriert November 2014
Wenn man gemäss Zaugg die Zuschauerstatistik zur Hand nimmt und gemäss dieser dann die NLA-Tauglichkeit prüft, müssten auch andere Teams eine Klasse tiefer spielen u.a. davos (4613). Hätte in diesem Fall, aber auch nichts dagegen. Andererseits hätte kloten, den Abstieg mehr verdient als rappi, da sie nur durch das Unvermögen von Verbandsbossen in der NLA bleiben durften.
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Coach Cpt. Blaze
15.01.2015 14:40registriert August 2014
Haha.
Es ist Zeit, dass in diesem Frühling ein unerträglicher Zustand endlich korrigiert wird
Haha.
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