Eigentlich sind sie einfach zu gut. Viel zu gut. Seit Jonathan Hazen und Philip-Michaël Devos im Sommer 2015 nach Ajoie gekommen sind, hat stets einer der beiden die Skorerwertung der zweithöchsten Liga gewonnen. Fünfmal haben die beiden 30-jährigen Kanadier die Ränge 1 und 2 in der Skorerliste belegt. Auch diese Saison.
Sie sind so produktiv, dass sie sich für taktisches Eishockey und damit für die National League nicht mehr eignen. Ihr Trainer Gary Sheehan sagt es so: «Sie haben inzwischen zu viele schlechte spielerischer Gewohnheiten …» Was er damit sagen will: schlechte Gewohnheiten sind es nur im taktischen, aber nicht im spielerischen Sinne. Die Gegenspieler in der Swiss League sind langsamer. Sie lassen seinen beiden offensiven Titanen so viel Zeit und Raum, dass sie sich eine Spielweise angeeignet haben, die in der höchsten Liga nicht mehr funktionieren könnte. System-Trainer wie Heinz Ehlers oder Kari Jalonen würden durch die beiden taktischen Freidenker um den Hockey-Verstand gebracht.
Seit den Zeiten von Slawa Bykow und Andrej Chomutow bei Gottéron hat es bei uns nie mehr ein Team gegeben, das über eine so lange Zeitspanne (seit 6 Jahren) so sehr von zwei Spielern abhängig ist wie Ajoie. Von den bisher neun Treffern im Halbfinal gegen Langenthal hatten Jonathan Hazen und Philip-Michaël Devos bei neun den Stock im Spiel.
Der Coach einer «normalen» Mannschaft versucht in der Regel, seine beste Linie gegen die schwächste des Gegners laufen zu lassen und mit einer defensiven Formation den besten gegnerischen Sturm zu neutralisieren.
Bei Ajoie funktioniert es auch in diesem Halbfinal anders: Garry Sheehan setzt seine beiden Kanadier wenn immer möglich gegen die beste Formation der Langenthaler um Eero Elo, Topskorer Dario Kummer und Marc Kämpf ein. Immer wieder «Gelbhelm» gegen «Gelbhelm». «Weil wir gar keine Linie haben, die defensiv gut genug ist, um Langenthals besten Sturm im Schach zu halten.»
So kommt es, dass Philip-Michaël Devos und Jonathan Hazen, die ja geradezu Gegenentwürfe zu Defensiv-Stürmern sind, nicht nur Ajoies produktivste, sondern zugleich Ajoies wichtigste Defensivspieler sind. Sie binden allein mit ihrer Präsenz die besten gegnerischen Stürmer.
Langenthal versucht deshalb das Spiel so schnell wie möglich ins gegnerische Drittel zu verlagern. Damit das Offensivspektakel der beiden Kanadier nicht vor dem eigenen Tor stattfindet. Die aber machen es genau gleich. Diese Ausgangslage führt immer wieder zu mitreissendem hin und her, zu Tänzen der offensiven Gaukler, die allein den Matchbesuch wert sind.
Die Stärke von Jonathan Hazen und Jean-Michaël Devos ist ihre völlige Unberechenbarkeit. Sie sind schlaue, stocktechnische Magier, erstaunlich flink und vor allem: sie spekulieren mit höchstem Risiko und überraschen so immer wieder ihre Gegenspieler, schneiden Passlinien ab, tauchen auf einmal wie aus dem Nichts in bester Abschlussposition auf.
Wehe dem Torhüter, der sich einen Konzentrationsfehler leistet: schlau nützt Jonathan Hazen schon in der Startminute einen Scheibenverlust von Pascal Caminada zum 1:0 aus. Fortan werden die Langenthaler während der restlichen 59 Minuten und 33 Sekunden vergeblich einem Rückstand nachrennen.
Gary Sheehan gehört zu den wenigen glücklichen Coaches, die zwei Spieler zur Verfügung haben, die einfach funktionieren, die er einfach aufs Eis schicken und machen lassen kann. So wie einst Glen Sather in Edmonton Wayne Gretzky alle Freiheiten geben konnte.
Ajoies beste Skorer spielen zusätzlich auch im Powerplay, oft sogar im Boxplay. Garry Sheehan schätzt, ohne nachzuschauen, dass auch in Langenthal mehr als 20 Minuten Eiszeit zusammengekommen sind. Er hat recht: Jonathan Hazen kam auf 24:02 Minuten und Philip-Michaël Devos auf 24:25 Minuten. Marathonmänner.
Kein Problem. Energie haben die beiden genug. Sie sind eben nicht nur verspielte Schillerfalter. Sie sind auch zäh, robust und mutig. Skorer, Gaukler und zugleich Vorkämpfer und Leader.
Die gegnerischen Teams stellen sich natürlich auf diese Besonderheit ein. Langenthals Luca Christen:
Das Ziel sei es, die Scheibe zu erobern und schnell zu kontern. Was immer wieder gelingt und zu zwei Treffern führt, die Luca Christen orchestriert hat.
Eigentlich ist es schier unfassbar, dass der «Schoren-Josi» – Langenthal spielt in der kultigen «Flachland-Valascia» Schoren - auch nächste Saison nicht in der National League spielt. Er war in der Qualifikation der drittproduktivste Verteidiger der Liga und jetzt ist er gar der punktbeste der Playoffs (8 Spiele/6 Assists).
Der 22-jährige Huttwiler hat in Langenthal bereits um zwei Jahre verlängert und darf erst Ende der nächsten Saison vorzeitig in die höchste Liga wechseln. «Ich wollte Sicherheit», sagt Luca Christen. Zum Zeitpunkt, als Sportchef Kevin Schläpfer eine Offerte vorlegte, hätten sich die Sportchefs der National League noch nicht festlegen wollen. Und so habe er erneut bei Langenthal unterschrieben. «Ich denke, dass noch eine Saison bei Langenthal gut für meine Entwicklung ist.»
Da hat er wohl recht. Er wird seinen Weg machen. Er hat das Potenzial zu einer schönen Karriere in der höchsten Liga und vielleicht sogar für die Nationalmannschaft. Und doch: in diesem Fall hat Langnaus Sportchef Marc Eichmann – bis im letzten Frühjahr bei Langenthal tätig – ganz einfach versagt und einen hochkarätigen Transfer verschlafen.
Luca Christen hätte den Langnauern nächste Saison Andrea Glauser (zu Lausanne) bald einmal bei weitem ersetzt.
in der zwischenzeit verkrieche ich mich in die ecke und beweine wie jede saison meinen unaufsteigbaren ehc olten :-(
Schön zuzusehen, was sie aus ihrer Trickkiste zaubern. Als Gegenspieler siehst du dann halt nicht immer so vorteilhaft aus.