Der Bann ist gebrochen. Die Geister, die Patrick Fischer, der Zauberlehrling an der Bande gerufen hat, haben die Schweizer zu einem nie gefährdeten Sieg getragen.
Gegen Österreich war die Flucht nach vorne noch nicht einwandfrei gelungen (3:2 n.V). Zu viele Fehler und Disziplinlosigkeiten. Zu grosse Hektik. Zu wenig Ordnung. Der Gegner konnte sich in die Verlängerung retten.
Den Slowaken gelang diese Rettung nicht. Sie hatten nie eine echte Chance. Die Wucht und das Tempo der Schweizer brachte sie von allem Anfang an in Rücklage. Daraus vermochten sie sich nur in der zweiten Hälfte des ersten Drittels vorübergehend zu lösen. Aber da lagen sie schon 0:1 im Rückstand. Mit dem 2:0 nur 22 Sekunden nach der ersten Pause war die Partie entschieden – es war bereits das Schlussresultat.
Dieses Spiel hat erstmals auf dem Eis bestätigt, was auf dem Papier längst ersichtlich ist: wir haben das beste WM-Team seit den silbernen Tagen von 2013. Wir haben die Spieler fürs Halbfinale. Zudem kehrt Sven Andrighetto nach der abgesessenen Sperre ins Team zurück und die Chancen stehen gut, dass bereits im Laufe der Gruppenspiele weitere Verstärkungen aus der NHL eintreffen werden (Timo Meier, Roman Josi, Kevin Fiala). Und dann wäre es definitiv gar das nominell beste WM-Team seit der Rückkehr in die A-Gruppe (1998) oder seit 20 Jahren.
Namen sind zwar nur auf dem Dress aufgenähte Buchstaben. Die entscheidende Frage ist, ob es Nationaltrainer Patrick Fischer nun gelingt, die Ruhe, die Abgeklärtheit und die taktische Stilsicherheit ins Team zu bringen, die bisher während seiner Amtszeit bei den Turnieren von 2016, 2017 (WM) und 2018 (Olympische Spiele) fehlten – und die damals 2013 unter Sean Simpson aus einer sehr guten erst eine grosse Mannschaft gemacht und den historischen Triumph ermöglicht haben.
Die gute Ausgangslage nach dem Sieg über die Slowaken nimmt viel Druck von den Spielern und dem Coach. Nun sind die Voraussetzungen gegeben, dass die Mannschaft von Spiel zu Spiel stilsicherer wird und bis zum Viertelfinale ein Niveau erreichen kann wie 2013.
Reto Berra ist ganz offensichtlich wieder ein grosser, charismatischer Torhüter. Er hat gegen die Slowaken erstmals seit dem Halbfinale von 2013 (3:0 gegen die USA) in einem WM-Spiel keinen Gegentreffer zugelassen (25 Schüsse abgewehrt) und wurde zum besten Spieler der Partie gewählt.
Die «Special Teams» (Powerplay, Boxplay), bisher eine notorische Schwäche unter Patrick Fischer, ist spektakulär überwunden worden: das 2:0 erzielte Mirco Müller nur 22 Sekunden nach der ersten Pause in Unterzahl. Und der erste WM-Treffer von SCB-Vorkämpfer Tristan Scherwey (zum 1:0) steht für die Dynamik der Mannschaft über vier Linien und eine gute Mischung. Gegen Österreich war noch die Durchschlagskraft des «Zauberduos» Nino Niederreiter/Enzo Corvi (zwei Tore) spielentscheidend.
Gegen die Slowaken haben die «Handwerker» Mirco Müller und Tristan Scherwey und nicht die Künstler die Entscheidung herbeigeführt. Sie standen bei beiden Treffern auf dem Eis. Schon immer war der richtige Mix aus Künstlern und Handwerkern der Schlüssel zum Erfolg.
Mit diesem Sieg ist der Weg in die Viertelfinals frei. Dazu braucht es mindestens Platz vier neben den Titanen Schweden, Russland und Tschechien. Wir haben gegen die Slowakei eine gute, aber (noch) nicht eine grosse Schweiz gesehen.
Für die Viertelfinals reicht bereits eine gute Schweiz. Um ins Halbfinale zu kommen, müssen die Schweizer eine grosse Mannschaft werden. Die Spieler dazu haben sie.