Am 4. Februar 2018 verliert der HC Davos in Rapperswil-Jona den Cupfinal gegen die damals noch zweitklassigen SCRJ Lakers sensationell mit 2:7. Es ist kein Grund zur Beunruhigung. Trainer Arno Del Curto geht zur Tagesordnung über. Der HCD beendet die Qualifikation auf Rang 6 und scheidet im Playoff-Viertelfinal gegen Biel aus.
Im Rückblick auf die mehr als 20 Jahre währende «Ära Del Curto» sagte Präsident Gaudenz Domenig einmal, diese Finalniederlage gegen die Lakers sei das erste Zeichen des Autoritätsverlustes des Trainers und seiner Entfremdung von der Mannschaft gewesen. Nur habe man das nicht erkennen können oder wollen. Der Anfang vom Ende einer der grössten Trainerkarrieren war also eine krachende Niederlage im Cupfinal.
Nun hat auch Trainer Christian Wohlwend den Cupfinal schmählich gegen ein Team aus der zweiten Liga verloren. Mit beinahe dem gleichen Resultat (3:7) wie damals Arno Del Curto. Und seine Mannschaft war gegen Ajoie eher noch chancenloser als damals Arno Del Curtos HCD gegen die Lakers. Der Anfang einer neuen HCD-Ära ist eine «vernichtende» Niederlage im Cupfinal. So wie eine ähnliche Pleite das Ende der vorangegangenen war.
Ist im Cup Wahrheit? Offenbart die Schmach von Lausanne erste Anzeichen eines Autoritätsverlustes von HCD-Trainer Christian Wohlwend? Fakt ist: beim ersten ganz grossen Spiel seiner HCD-Trainerkarriere hat er versagt. Nun mögen wir einwenden: eine Niederlage im Cup ist doch bloss ein «Betriebsunfall». Gegen unterklassige Gegner haben in diesem Wettbewerb auch schon andere verloren, ohne dabei Schaden an der Hockey-Seele zu nehmen.
Sogar der grosse Kari Jalonen ist mit dem SCB im Herbst 2016 sensationell gegen die Ticino Rockets aus dem Cup geflogen und dann noch zweimal Meister geworden. Auf dem Weg in den Final hat Ajoie Lausanne, die ZSC Lions und Biel aus dem Weg geräumt.
Und doch ist diese Final-Niederlage schon ein wenig beunruhigend. Es stimmt: die Grossen nehmen den Cup im Eishockey nicht ernst. Zu wenig Prestige ist mit einem Sieg verbunden. Das Scheitern der Titanen aus der höchsten Liga ist inzwischen keine Überraschung mehr. Aber das gilt nicht für den Final. Alles wird mobilisiert, wenn eine Mannschaft erst einmal den Final erreicht hat und die Chance bekommt, in einem ausverkauften Stadion (bisher waren alle Finals ausverkauft) und bei TV-Direktübertragung im staatstragenden TV einen Titel zu gewinnen. Eine Final-Niederlage ist schmerzlich. Sie enthält ein wenig Wahrheit und darf zu einer Analyse herangezogen werden.
🔚 60' Wieder nicht. Der Cupfinal und Davos, das wird weiterhin keine Lovestory. Zwar kommt Davos durch Wieser erst auf 3:4 heran, kassiert aber in der 53. die Vorentscheidung durch PP-Treffer Nummer 5.
— Hockey Club Davos (@HCDavos_off) February 2, 2020
Gratulation an @HC_Ajoie_off, dieser Cupsieg ist eindrücklich.#HCAvsHCD 7:3 pic.twitter.com/vBq5ePpsdD
Das Resultat einer solchen Analyse: es war kein «Betriebsunfall». Ajoie war bereit, der HCD nicht. Aufgeputscht von der Stimmung gingen die Jurassier ihren Gegenspielern unter die Haut. Mit dieser Intensität kamen die Davoser nicht zurecht und produzierten frustriert über die unerwarteten Schwierigkeiten eine Serie von Strafen.
An einem guten Abend ist der HCD die schnellste Mannschaft des Landes. Aber das Lauf- und Tempohockey der höchsten Liga, mit dem Kreisen in den Ecken («Helikopter-Offensive»), mit viel Ost-West-Hockey ist etwas anderes als das raue, schnörkellose, geradlinige Nord-Süd-Hockey eines Spitzenteams aus der zweiten Liga. Die Davoser vermochten ihren taktisch schlauen, mutigen Gegenspielern nicht mehr davonzulaufen. Sie brauchten mehr als eine halbe Stunde, um im Spiel anzukommen. Aber da führte der Aussenseiter nach vier Powerplay-Treffern bereits 4:0. Und in der Schlussphase sollte eine weitere Frustrations-Strafe (Mattias Tedendby) die Aufholjagd stoppen und zum 5:3 führen.
Niemand wird es je so sagen. Aber es ist, wie es ist: Die Davoser haben ihren Gegner unterschätzt. Es gibt im HCD einen Trend zur Überheblichkeit, der sich bereits beim Spengler Cup beim absichtlich preisgegebenen Spiel gegen das Team Canada gezeigt hat.
Hat Christian Wohlwend noch alles im Griff? Für ihn spricht ein ganz wichtiger Unterschied zur Finalniederlage von 2018. Damals führten die Lakers nach 30 Minuten 5:1 und alles war vorbei. Der HCD vermochte nicht mehr zu reagieren. Am Sonntagnachmittag stand es nach 30 Minuten 4:0. Aber der HCD war dazu in der Lage zu reagieren. Nach 50 Minuten führte Ajoie nur noch 4:3 ehe ein weiteres Powerplay Ajoie den entscheidenden 5. Treffer ermöglichte.
Der Untergang des HC Davos in der ersten Spielhälfte, insbesondere das Versagen im Boxplay ist beunruhigend. Die Rückkehr in der zweiten Spielhälfte hingegen beeindruckend und beruhigend. Christian Wohlwend erreicht seine Spieler also nach wie vor und es gibt noch kein Grund zu grosser Sorge. Aber zu ganz, ganz leisen Zweifeln. Ein wenig Wahrheit ist im Cup eben schon. Der HCD-Trainer hat bisher in seiner ersten Saison eigentlich alles richtig gemacht und eine Mannschaft, die im letzten Frühjahr noch die Playouts erdulden musste, in die Spitzengruppe der Liga zurückgeführt.
Aber den Schwefelgeruch dieser Cupfinal-Niederlage wird er erst nach überzeugenden Leistungen in den Playoffs ganz los sein.
Es wat sehr eindrücklich mit welcher Leidenschaft Ajoie gespielt hat! Und ihre Fans wahren der absolute Wahnsinn! Da wurde vor, während und nach dem Spiel durchgesungen.
Ob jetzt Davos gut oder schlecht war spielt keine Rolle. Ajoie hat sich den Titel verdient!
Ein HCD Sympathisant
Polemik zum Abwinken. Dieser Beitrag ist noch schlechter als die Leistung und Diszipliniertheit von Davos gestern.