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Bill Clintons Wahlstratege James Carville prägte einst den Satz «It’s the Economy, Stupid!». Um seinen Kandidaten an die Hauptsache im Wahlkampf zu erinnern. Ans Thema Wirtschaft. Bill Clinton folgte dem Rat und gewann 1993 den Wahlkampf gegen George Bush.
Nach der ersten Finalpartie lassen wir uns von der Hauptsache ablenken. Alle reden vom famosen schwedischen Trio des HC Lugano. In der Tat: Wenn wir einem neutralen Beobachter den Auftrag erteilen, uns die drei besten Spieler des HC Lugano zu nennen, dann dauert es keine zehn Sekunden und wir bekommen ohne «Wenn» und «Aber» eine Antwort: Linus Klasen (30), Tony Martensson (35) und Fredrik Pettersson (29).
Wenn wir hingegen die Frage nach den drei besten SCB-Spielern stellen, dann werden wir wahrscheinlich erst nach einer Stunde eine zögerliche Antwort mit vielen «Wenn» und «Aber» erhalten: Martin Plüss (38), Cory Conacher (26) und Simon Moser (29). Aber der Plüss sei halt schon 39 und eigentlich zu alt, der Conacher zu wenig diszipliniert und wenn der Moser bloss öfters ins Tor treffen würde!
Damit sind wir mitten drin in der zentralen Diskussion über die vermeintliche Hauptsache in diesem Finale: Schwedische Akkordarbeit gegen Berner Beamtentum. Will heissen: Klasen, Martensson und Pettersson haben in der ersten Finalpartie fast eine halbe Stunde Eiszeit bekommen und würden gerne noch mehr spielen. Luganos vierte Linie musste sich mit exakt vier Kurzeinsätzen begnügen. Linus Klasen sieht kein Problem: «Wir haben die ganze Saison für diesen Moment gearbeitet. Ich habe kein Verständnis, wenn jetzt jemand müde wird.»
Trotzdem sagt SCB-Trainer Lars Leuenberger, «es ist nicht sicher, dass die Kräfte der Schweden bis zum Schluss reichen werden.» In seiner Mannschaft wird die Eiszeit gleichmässig aufgeteilt, es wäre fast möglich, wie in einem Bundesamt einen Arbeitsplan (nicht einen Ferienplan!) zu erstellen. Diese korrekte Aufteilung macht Sinn, weil der SCB keine Stars hat, deren forcierten Einsatz sich lohnen würde. Die Chance der Berner liegt im Kollektiv, im Verteilen der Belastung auf möglichst viele Beine und Arme. Je länger die Serie dauert, desto besser für den SCB.
Aber eben: Diese Eiszeit-Diskussion lenkt bloss von der Hauptsache ab: «It’s the Goaltending, Stupid!» («Entscheiden werden die Goalies, Dummkopf!») Das müssten wir eigentlich aus Erfahrung wissen. Charismatische Goalies haben unsere Playoff-Geschichte geschrieben. Helden wie Renato Tosio, Marco Bührer (SCB), Ari Sulander, Lukas Flüeler (ZSC), Jonas Hiller, Leonardo Genoni (Davos), Cristobal Huet (Lugano) oder Ronnie Rüeger (Zug, Lugano).
Die Torhüterleistung ist so zentral, dass sogar Finalversager wie Dino Stecher (Gottéron) und Tobias Stephan (Servette) ihren Ehrenplatz in der Hockeygeschichte haben. In 30 Jahren Playoffs gibt es bloss drei Meistergoalies ohne «Heldenstatus»: Thierry Andrey, Urs Räber und Markus Bachschmied. Lugano war damals 1986, 1987, 1988 und 1991 im Finale so überlegen, dass ein Durchschnittsgoalie reichte.
Die Ausgeglichenheit im aktuellen Finale ist so gross, dass die Torhüter entscheiden werden. Aber erstmals in diesem Jahrhundert hat noch keiner der beiden Finalisten einen Torhüter, der in den Schuhen der ruhmreichen Vorgänger stehen könnte. Elvis Merzlikins (21) und Jakub Stepanek (29) waren in der ersten Partie mit Fangquoten von 88,89 Prozent bzw. 77,27 Prozent zwei der schwächsten Finalgoalies aller Zeiten.
Wenn einer von beiden in den nächsten Tagen seine Bestform findet, wird sein Team Meister. Wenn es Jakub Stepanek ist, wenn er eine Form findet wie Renato Tosio im Finale von 1989, dann verglüht Luganos schwedischer Offensivzauber wie eine Sternschnuppe.
Elvis Merzlikins oder Jakub Stepanek? Jakub Stepanek. Er hat die grössere physische Präsenz, er ist erfahrener, mental robuster und wird mit dem Druck und dem Rummel in dieser Finalserie besser fertig werden.