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Nur grosse Namen. Keine Aussenseiter. Jeder der acht Viertelfinalisten war mindestens zweimal im Finale und sechs gewannen schon die Meisterschaft. Bereits in der ersten Runde treffen also die Titanen aufeinander und zwei Finalpaarungen aus der Neuzeit werden neu aufgelegt: Davos gegen Kloten (2009, 2011) und die die ZSC Lions gegen den SC Bern (2012). So gesehen sind es die besten Viertelfinals seit Einführung der Playoffs (1986). Zumindest auf dem Papier. Aber vielleicht scheint das ja nur so.
Wir können jetzt schon eine griffige Bezeichnung für die Viertelfinals 2016 kreieren: Es sind die «Viertelfinals der grossen Illusionen.» Eine Illusion ist die falsche Wahrnehmung der Wirklichkeit, die zu falschen Hoffnungen verleitet. Oder volkstümlicher: Wunschdenken.
Die ZSC Lions haben die Qualifikation dominiert und wecken die Illusion der «Unverwundbarkeit». Aber so gut diese mächtige Hockeymaschine auch funktioniert und so gross der Hype um den amerikanischen «Kinderstar» Auston Matthews (18) sein mag: die Zürcher sind auf der Torhüterposition nur durchschnittlich besetzt. Gegen den SCB kann es reichen. Aber spätestens ab dem Halbfinale brauchen die Zürcher die Rückkehr von Meistergoalie Lukas Flüeler in guter Form. Auston Matthews veredelt zwar das Offensivspiel. Aber er ist nicht dazu in der Lage, das Team als Leitwolf zu führen.
Mit der Playoff-Qualifikation ist beim SC Bern das Selbstverständnis zurückgekehrt, gross und mächtig zu sein. Die Berner sehen sich gegen die ZSC Lions nicht als Aussenseiter. Schliesslich waren sie 2005 die ersten, die vom 8. Platz aus einen Qualifikationssieger (Lugano) eliminiert haben. Und sie selber sind schon dreimal als Qualifikationssieger in der ersten Runde gescheitert – gegen Kloten (2006), Fribourg (2008) und Zug (2009). Aber es ist bloss eine Illusion zu glauben, der SCB habe gegen die ZSC Lions eine echte Chance.
Die Kloten Flyers haben sechs der sieben letzten Partien der Qualifikation gewonnen. Das nährt die Hoffnung, die Flyers seien in Hochform und mit guten Chancen gegen Davos. Eine reine Illusion. Die Klotener haben keinen Torhüter, der die Davoser aufhalten kann und sie sind physisch zu wenig robust, um das Tempospiel des Meisters während einer ganzen Playoff-Serie auszuhalten.
Luganos Hoffnung auf den ersten Sieg in einer Playoff-Serie seit 2006 ist berechtigt. Aber es ist eine Illusion, davon auszugehen, Zug lasse sich durch Härte einschüchtern. Der Einkauf des rauen kanadischen Power-Stürmers Maxim Lapierre (188 cm/100 kg) ist das Produkt dieser Illusion und wird die Mannschaft bloss davon abhalten, auf ihre spielerische Stärke zu vertrauen. Aber das Scheitern gegen das raue Servette in den beiden letzten Viertelfinals führt zur Illusion, es bedürfte bloss ein bisschen mehr Härte und endlich ins Halbfinale zu kommen.
Die Zuger sind kleiner und leichter und haben mit Tobias Stephan den besseren Torhüter als Lugano. Aber es ist eine Illusion zu glauben, Tobias Stephan alleine könne gegen Lugano die Differenz machen.
Servette ist taktisch eines der besten und härtesten Teams der Liga. Aber die Annahme, Gottéron werde sich einschüchtern lassen, ist eine Illusion.
Die Viertelfinals stehen beim grossen Publikum ganz im Zeichen der beinahe gestrauchelten Titanen SC Bern und Kloten. Die Ausgangslage ist für diese beiden Teams hoffnungsvoll: die Playoffs sind erreicht. Der Druck ist weg. Aus den Krisenteams sind sozusagen über Nacht gefährliche Aussenseiter im Titelrennen geworden. Bern und Kloten können nun die ganze Saison retten und allen Spott und alle Schmähungen vergessen machen. Aber auf meisterlichen Ruhm zu hoffen, ist eine Illusion.
Die Wirklichkeit sieht nämlich ziemlich düster aus. Bis heute hat erst einmal ein Team aus dem Tabellenkeller doch noch die Meisterschaft gewonnen. Die ZSC Lions holten im Frühjahr 2012 unter Bob Hartley vom 7. Platz aus den Titel. Ja, der Kanadier, der heute wieder in der NHL arbeitet (Calgary), stand der Entlassung lange Zeit näher als der Meisterfeier. Hätte er das Auswärtsspiel am 23. Dezember 2011 in Genf verloren, wäre er gefeuert worden. Doch die Zürcher gewannen auf wundersame Weise 4:3 nach Penaltys und diese Partie ist heute ein wichtiger Bestandteil der Legende um Bob Hartleys Person.
Es gibt kein zweites Beispiel eines solchen Titelgewinnes «aus der Tiefe des Raumes». Am nächsten kommt noch der ZSC-Titelgewinn von Harold Kreis im Frühjahr 2006 von Platz 6 aus. Daneben ist der HC Davos von 2015 der einzige Meister, der in der Qualifikation (5.) nicht mindestens Platz 4 erreicht hat.
Ein Anhänger der Kloten Flyers wird nun sagen: Halt! Wir sind 1995 auch vom 7. Platz aus Meister geworden! Stimmt. Aber das war ein anderer Modus. Damals wurden die Playoffs nach einem fixen Tableau gespielt. Die Klotener konnten also nach dem Sieg im Viertelfinale den Platz des zweitplatzierten Lugano übernehmen und hatten so im Halbfinale gegen Bern (6.) ein Freilos.
Wir können davon ausgehen, dass Kloten und Bern nicht Meister werden. So viel steht vor den «Viertelfinals der Illusionen» fest. Alles andere ist offen.