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Es ist die bitterste Rivalität in unserem Hockey und nur deshalb selten ein nationales Thema, weil Olten und Langenthal noch nie gemeinsam in der höchsten Liga spielten. Die Auseinandersetzungen zwischen dem SC Langenthal und dem EHC Olten sind selbst in normalen Zeiten Hochrisiko-Spiele. Mit dem ganzen Aufgebot an Sicherheitskräften. Es ist mehr als eine Rivalität. Es gibt immer wieder Zeiten, da ist Hass zu spüren. So wie jetzt.
Wahrscheinlich liegt die Erklärung in der Ähnlichkeit der Kulturen. Rivalitäten entzünden sich im Sport an Gegensätzen. Die klassischen Derbys sind jene zwischen Stadt und Land oder arm und reich. SCL Tigers gegen den SC Bern, ZSC Lions gegen Kloten, Ambri gegen Lugano. Und wenn es Derbys in einer Stadt sind, dann haben beide Klubs ihre ganz besondere Identität.
Aber zwischen Olten und Langenthal gibt es zu viele Ähnlichkeiten. Beide Städte sind ungefähr gleich gross, liegen im Mittelland, sind nur etwas mehr als eine Viertelstunde Zugfahrt voneinander entfernt. Dem Fremden kommt eine Farbe in den Sinn: Grau. Olten und Langenthal liegen in einem Nebelgebiet.
Auch wenn unser Staatsoberhaupt Johann Schneider-Ammann aus Langenthal kommt: Olten hat ein bisschen mehr politische Bedeutung und eine reichere Kulturszene. Der Langenthaler Schriftsteller Pedro Lenz lebt in Olten und der Titel seines Gastbeitrages im soeben erschienenen Jubiläumsbuch «70 Jahre SC Langenthal» lautet sinnigerweise: «Auch in Olten hat der SCL einen Fan». Dafür hat Langenthal etwas mehr wirtschaftliche Bedeutung. Letztlich stehen beide Städte für Durchschnittlichkeit und ihre Klubs für Zweitklassigkeit. Es reicht nicht ganz oder nur hin und wieder für nationale sportliche Bedeutung. Wenn Hass gescheiterte Liebe ist – dann wohl hier, zwischen den Hockeykulturen von Olten und Langenthal.
So gesehen ist der jüngste Skandal beim Spiel zwischen Langenthal und Olten nicht so erstaunlich. «Mer boxxe üch ih Rollstuel, ihr Wixxer!», stand auf einem Transparent von Oltner Fans. Der Spruch ist eine Anspielung auf den ehemaligen Olten-Spieler Ronny Keller, der bei einem Derby im Februar 2013 gegen Langenthal so hart gegen eine Bande gecheckt wurde, dass er seither querschnittgelähmt ist.
Möglicherweise sei die Plakataktion eine Retourkutsche der Olten-Fans auf Fangesänge der SCL-Fans, heisst es. Diese hatten angeblich in einem Testspiel gegen Kloten, dem ehemaligen Verein Kellers, Mitte August skandiert: «Wer ned gumpet, esch de Ronny Keller.»
Bei aller berechtigten Empörung über solche Provokationen sollte nicht vergessen gehen, dass selbst bei dieser bitteren Rivalität die Kraft der Versöhnung grösser ist als die Kraft des Hasses. Das hat gerade dieses Drama um Keller gezeigt.
Es passierte am 5. März 2013. Oltens Ronny Keller bleibt nach einem Zusammenstoss mit Langenthals Stefan Schnyder für immer an den Rollstuhl gefesselt. Nur drei Tage später stehen sich der SC Langenthal und der EHC Olten bereits wieder auf dem Eis gegenüber. Zum dritten Spiel im NLB-Halbfinale. Die Spieler haben entschieden, diese Serie fortzusetzen. Und die bange Frage: Wie werden die Fans reagieren?
Dieses schwierigste Derby bringt berührende und tröstliche Momente. Es wird ein Spiel der Versöhnung. Es ist keine orchestrierte, organisierte oder befohlene Versöhnung. Es ist eine stille, ehrliche und tief berührende Versöhnung. Im Schatten der Tragödie um Ronny Keller.
Wenn es denn je einen Beweis dafür gegeben hat, dass Sport auch verbindende und versöhnliche Kraft hat – hier ist er. Die Oltner entzünden vor dem Spiel Wunderkerzen, die Nummer 23 von Ronny Keller wird hochgehalten und bleibt während der ganzen Partie in der Mitte der Fangruppe. Die Oltner zeigen ein grosses Spruchband: «Ronny, zämme semer starch.»
Die Langenthalers Fans, hinter dem Tor auf der Gegenseite, entrollen ein grosses Spruchband, das die Gefühle der Menschen in diesem Stadion so gut ausdrückt: «Ronny, wir stehen hinter dir, wie wir auch hinter Stefan stehen. Keiner von euch sollte diesen Weg alleine gehen!» Und dann skandieren die Oltner Fans nicht mehr den Namen von Ronny Keller. Sondern jenen von Stefan Schnyder. Minutenlang.
Es ist ein berührender Moment der Versöhnung. Auch der Befreiung. Es gibt keine negativen Gefühle mehr. Stefan Schnyder ist auch für die Oltner kein «Täter» (was er ja auch hockeytechnisch nicht ist, es war kein Foul). Er ist, wie Ronny Keller, das Opfer einer Tragödie.
Und jetzt also der jüngste Skandal um die Spruchbänder im Zusammenhang mit Ronny Keller. Die Schlussfolgerung, dass diese primitiven Provokateure diese Fankultur nicht repräsentieren, dürfte richtig sein.