Es gibt im Eishockey verschiedene Stürmer. Beispielsweise den Flügelstürmer, der auf den Aussenbahnen patrouilliert, den Mittelstürmer, dem es obliegt, das Spiel zu orchestrieren, den Defensivstürmer, der vor allem hinten aushilft, den Zweiweg-Stürmer, der sich vorne und hinten nützlich macht und, als Krönung, den Nationalstürmer: Er darf für die Nationalmannschaft, also für sein Vaterland tätig sein.
Nun gibt es neu auch einen «Bundesstürmer». So dürfen wir ohne viel Boshaftigkeit Lausannes Denis Malgin bezeichnen. Er ist nämlich nachweislich erst nach dem finanziellen Hilfeschrei seines aktuellen Arbeitgebers verpflichtet worden. Und selbst wenn er nur für Gottes Lohn bis zum Saisonstart der NHL spielen sollte – Kosten verursacht er Lausanne halt doch.
Was die Liga-Generäle so empört: Am 21. März hat der Bundesrat das Covid-19-Nothilfepaket für Profiklubs im Eishockey und Fussball bewilligt. Dabei geht es um Kredite, die strengen Auflagen unterliegen und in der Frist von fünf Jahren in fünf Raten – fällig am 31. Juli 2021, 2022, 2023, 2024 und 2025 – zurückbezahlt werden müssen.
Diese Kredite sollen verhindern, dass Sportunternehmen in eine existenzbedrohende Liquiditätskrise geraten. Zwei Hockeyclubs haben solche Kredite beantragt.
Am 13. Mai hat Lausanne einen Antrag auf ein Darlehen von 5,0 Millionen gestellt. Das BASPO hat am 24. Juni 2020 einen Kredit von 2,2 Millionen bewilligt und das Geld am 1. Juli 2020 ausbezahlt.
Am 15. Juni 2020 hat Ambri einen Antrag auf ein Darlehen von 2,4 Millionen gestellt. Das BASPO hat das Gesuch bereits am 18. Uni 2020 vollumfänglich abgelehnt.
Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben also Lausanne mit 2,2 Millionen ausgeholfen. So dürfen wir ohne Bosheit sagen, dass der nach der Auszahlung des Bundeskredites zusätzlich verpflichtete Denis Malgin ein «Bundesstürmer» ist. Von Bundesgeld finanziert.
Wie kann das sein? Die Liga konnte bei dieser Kreditvergabe nicht mitreden. Ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen hat die eingereichten Anträge geprüft und das BASPO hat sich bei der Bewilligung auf den entsprechenden Prüfungsbericht bezogen. Das bedeutet konkret: Aus der Sicht des BASPO geht es Ambri, das spart und leidet, ächzt und stöhnt, finanziell so gut, dass keine Soforthilfe nötig ist. Lausanne hingegen, das singt und lacht, transfertechnisch prasst und die Preise in die Höhe treibt, ist so notleidend, dass aus der Sicht des BASPO sofort mit Bundesgeld geholfen werden muss. Und also geholfen worden ist.
Wahrlich und wahrhaftig: Gross muss die finanzielle Not in Lausanne sein.
Eine seriöse, umfassende Abklärung des Gesuches aus Lausanne unter vollumfänglichen Einbezug der Liga-Verantwortlichen hätte wahrscheinlich zu einer Ablehnung des Kreditgesuchtes geführt. Doch der Unmut aus den Büros der Liga ist reine Heuchelei: Die Lizenzprüfungskommission der Liga hat bisher die Lizenz für Lausanne jedes Mal durchgewunken. Die tüchtigen BASPO-Beamten sind also nicht blinder oder naiver als die professionellen Lizenz-Prüfer der Liga, die doch ihre Pappenheimer kennen sollten.
Die Macher in Lausanne sind eben schlau. Das ersehen wir auch aus den Unterlagen über den Kauf/Verkauf des Klubs. Im Frühjahr hat eine Investorengruppe den Klub gekauft. Im Kaufvertrag finden wir auf Seite 7 einen interessanten Passus: sollte Lausanne bis am 31. Dezember 2020 in einem Spiel mehr als 5000 Zuschauerinnen und Zuschauer im Stadion haben, wird eine Zahlung von 1,4 Millionen Dollar an den nordamerikanischen Verkäufer fällig. Das ist viel Geld, das man sicherlich lieber in der «Transfer-Kriegskasse» sieht.
Die Klubs hatten Anfang Saison die Bewilligung, zwei Drittel der Sitzplätze zu nützen. Lausanne durfte in den drei Heimspielen vor dem Ausschluss des Publikums 6000 Frauen, Männer und Kinder ins Stadion lassen.
Am 1. Oktober kommen zur Saisoneröffnung gegen Langnau 4518 Menschen (5:2)
Am 10. Oktober wohnen 4723 Schaulustige der Partie gegen Davos bei (4:3).
Am 23. Oktober wollen 4343 Fans das Spiel gegen Ambri sehen (3:2).
Allenthalben war die Verwunderung über diese offiziell gemeldeten Zahlen gross. Selbst Liga-Generäle, die beim Spiel waren, meinten, es seien viel mehr und auf jeden Fall mehr als 5000 Fans im Stadion gewesen.
Jetzt kennen wir den Passus aus dem Kaufvertrag und wundern uns nicht mehr. Sicherlich hat Lausanne korrekte Zahlen gemeldet. Wahrscheinlich waren ja schon viel mehr Zuschauerinnen und Zuschauer in er schönen Arena. So wie es die Zeitzeugen vermutet haben. Aber viele waren wahrscheinlich gratis da und zählen im Sinne des Kaufvertrages nicht.
Lausannes Management ist eben tüchtig, versteht sich aufs Melken der Bundeskasse und aufs korrekte Zählen des Publikums.
Dieser Artikel tönt wie ein Stein, der das Potential hat, eine ganze Geröllhalde ins Rutschen zu bringen.
Ich bin gespannt und erwarte beste Unterhaltung.