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«Böse» bedeutet im Schwingen «gut». Schwingerkönig Matthias Glarner ist «böse.» Im Eishockey steht die Bezeichnung für einen Verteidiger, der hart einsteigt.
Wer «böse» ist, wird respektiert, sorgt dafür, dass seine Mitspieler nicht herumgeschubst werden und wenn er auf dem Eis steht, heben seine Gegenspieler den Kopf wie ein Hund im Roggenfeld und achten sorgfältig darauf, nicht in einen Check zu laufen.
Nicht viele Schweizer Verteidiger geniessen bzw. genossen den Ruf, «böse» zu sein und werden bzw. wurden wegen ihrer Härte ligaweit gefürchtet. «Böse» waren etwa Ivan Griga (Gottéron, in den Zeiten der russischen Flugjahre), Edgar Salis (heute ZSC-Sportchef), Martin Steinegger (heute Biels Sportchef) oder Goran Bezina (Servette, neu bei Zagreb in der KHL).
Als «böse» gelten heute eigentlich nur noch Beat Forster (Davos) und Timo Helbling (Zug) und einige der jungen HCD-Verteidiger könnten «böse» werden. Es genügt eben nicht, gross und schwer zu sein (wie Servettes Eliot Antonietti). Der Ruf muss sich erst durch den Willen zur kompromisslosen Härte erarbeitet werden. Ein Provokateur oder ein Hitzkopf zu sein, genügt nicht.
Nun ist mit Christian Marti ausgerechnet ein Verteidiger drauf und dran, ein «böser» zu werden, der bis 2012 in Klotens Laufkultur ausgebildet worden ist. Den letzten Schliff hat er allerdings in den vergangenen vier Jahren in der Rumpelkultur von Servette und in Nordamerika erhalten. Im letzten Frühjahr hat er in Moskau seine erste WM bestritten und verteidigt jetzt für die ZSC Lions.
Christian Marti ist gross (192 cm), kräftig (95 kg), mutig, intelligent, und für seine mächtige Postur erstaunlich beweglich. Er ist kein Provokateur, aber in den Zweikämpfen macht er keine Gefangenen. Beste Voraussetzungen, um «böse» zu werden. In Langnau hat er soeben mit einem fürchterlichen Check den kräftigen Nationalstürmer Yannick-Lennart Albrecht zusammengefaltet (22/188 cm/88 kg). Dafür ist er von den guten Schiedsrichtern in der 30. Minute mit einem Restausschluss in die Kabine geschickt worden. Es drohen eine bis drei Spielsperren.
Nach dem Spiel war Christian Marti sichtlich froh und erleichtert, dass er sein «Opfer» nicht verletzt hatte. «Wir haben Albrecht bis zum Ende des zweiten Drittels auf der Bank behalten und ihn erst wieder eingesetzt, als wir sicher waren, dass er keine Gehirnerschütterung erlitten hat», sagte Langnaus Trainer Scott Beattie. Im letzten Drittel stürmte Yannick-Lennart Albrecht wieder.
Christian Marti ist, wie die meisten «Bösen» im Eishockey, neben dem Eis friedfertig, freundlich und wirkt so, als könnte er nicht einmal eine Fliege verscheuchen. «Ich wollte Albrecht checken, klar. Aber ich bin dabei nicht hochgesprungen und wenn, dann unbewusst.» Die Sache ist ihm nicht recht, fast wirkte er so, als habe er ein wenig ein schlechtes Gewissen. Erst später wird er erkennen, dass er in Langnau soeben den ersten Schritt auf dem Weg zur Reputation gemacht hat, «böse» zu sein.
Wenn die ZSC Lions wieder Meister werden wollen, brauchen sie auch einen oder zwei «böse» Verteidiger.