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Die ZSC Lions spielen «bernischer» als der SCB – deshalb führen sie

Zuerichs Spieler versammeln sich um Goalie Lukas Flueeler vor dem dritten Eishockey Playoff-Halbfinalspiel der National League zwischen dem SC Bern und den ZSC Lions, am Samstag, 31. Maerz 2018, in de ...
Die ZSC Lions nach dem Sieg im ersten Spiel gegen den SCB.Bild: KEYSTONE
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Die ZSC Lions setzen auf das «China-Prinzip» – und führen deshalb gegen den SCB

Die ZSC Lions drängen den Meister an den Abgrund des Scheiterns. Weil sie ihre Kräfte besser einteilen als SCB-Trainer Kari Jalonen.
02.04.2018, 10:0302.04.2018, 10:12
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Viele Faktoren können dieses Halbfinale der Titanen entscheiden. Die Torhüter, die «Special Teams» (Powerplay, Boxplay) oder die Launen der Hockey-Götter: der Assist zum SCB-Siegestreffer in der Verlängerung kam ja in Zürich ungewollt vom Linienrichter.

Einzelne Faktoren kann der Coach durch seine Arbeit im Training beeinflussen. Andere – wie die Launen der Hockey-Götter – gar nicht.

Aber in einem Bereich haben die Bandengeneräle die absolute Entscheidungshoheit: Wie stark sie ihre Spieler forcieren. Sie sind dazu in der Lage, den Energie-Haushalt ihrer Mannschaft zu steuern.

Ohne Störung keine Chance

Die Energie ist in dieser Serie ein entscheidender Faktor. Weil die ZSC Lions nur eine Chance haben, wenn sie durch bissiges Forechecking permanent für Störungen im Maschinenraum der grossen, mächtigen Hockeymaschine SCB sorgen. Läuft diese Maschine ungestört, werden sie überrollt.

SC Bern Cheftrainer Kari Jalonen waehrend dem Eishockey-Meisterschaftsspiel der National League zwischen dem EHC Kloten und dem SC Bern am Dienstag, 30. Januar 2018, in Kloten. (KEYSTONE/Patrick B. Kr ...
Berns Cheftrainer Kari Jalonen.Bild: KEYSTONE

ZSC-Cheftrainer Hans Kossmann hat es schon während der Viertelfinalserie gegen Zug gesagt und er betont es auch jetzt wieder: «Wir können die Belastung gut verteilen.» Was so banal tönt, ist das Erfolgsgeheimnis der ZSC Lions: das «China-Prinzip».

Den Begriff hat der grosse Servette-Zampano Chris McSorley kreiert. Als er die SCB-Überlegenheit zu erklären versuchte: «Es ist als ob man gegen die chinesische Armee kämpft. Immer wenn man glaubt, es ist überstanden, rollt eine neue Welle heran.» Er meinte damit: Der SCB ist über vier Linien so tief und gut besetzt, dass der Gegner am Ende zermürbt wird.

Am Ende entscheidet die vierte Linie

Diese Dominanz über vier Linien ist das logische Produkt der wirtschaftlichen Potenz des grössten Hockey-Konzerns im Lande mit einem Umsatz von gut und gerne 60 Millionen. Die Berner haben genug Geld für vier Angriffsreihen und vier Verteidigerpaare. Am Ende einer ausgeglichenen Playoffserie entscheidet oft die bessere vierte und nicht die bessere erste Formation.

Aber die Berner sind drauf und dran, diesen Vorteil ohne Not preiszugeben. Nicht mehr sie, sondern die ZSC Lions haben bisher das «China-Prinzip» erfolgreich angewendet. Die Zürcher spielen «bernischer» als der SCB. Deshalb führen sie mit 2:1 Siegen.

ZSC Lions Cheftrainer Hans Kossmann waehrend dem Eishockey-Meisterschaftsspiel der National League zwischen dem EHC Kloten und den ZSC Lions am Samstag, 20. Januar 2018, in Kloten. (KEYSTONE/Patrick B ...
ZSC Lions Cheftrainer Hans KossmannBild: KEYSTONE

Klotzen statt China

Der SCB-Trainer setzt in diesem Halbfinale auf eine andere Variante. Auf ein legendäres militärisches Prinzip. Heinz Guderian, einer der grössten Panzergeneräle aller Zeiten, prägte einst den Grundsatz: «Klotzen, nicht kleckern». Also konzentrierter, massiver Einsatz der besten Kräfte um die Entscheidung zu erzwingen. Keine Verzettelung.

Daran hält sich SCB-General Kari Jalonen. Er nützt die Breite seines Kaders nicht. Gegen die ZSC Lions hat er bisher lediglich 17 Spieler 7 Minuten oder länger eingesetzt. Hans Kossmann auf der Gegenseite 22. Das sind fünf mehr. Ein ganzer Block.

Noch erstaunlicher ist die Differenz bei den Stars. Kari Jalonen hat gegen die ZSC Lions 6 Spieler 20 Minuten oder länger pro Partie aufs Eis geschickt: Roman Untersander, Eric Blum, Simon Moser, Mark Arcobello, Maxim Noreau und Thomas Rüfenacht.

Hans Kossmann hat hingegen bisher im Halbfinale nur einem einzigen seiner Stars mehr als 20 Minuten Arbeitszeit pro Spiel zugemutet: dem kanadischen Verteidigungsminister Kevin Klein.

Der ZSC und das «stehende Heer»

Die ZSC Lions profitieren von ihrem «stehenden Heer». Vom eigenen Farmteam mit Spielern, die mit System und Umfeld vertraut und nahtlos ins Spiel integriert werden können. So ist es Hans Kossmann möglich, die Belastung auf mehr Spieler, auf vier Linien, zu verteilen. Die Energie besser zu verwalten. Nur so sind die Zürcher dazu in der Lage, das SCB-Spiel bereits im Ansatz zu stören und für Unruhe im SCB-Maschinenraum zu sorgen.

Am Ende des Tages zählt das Resultat. Gewinnt Kari Jalonen dieses Halbfinale und den Titel, gibt es in Bern keine Fragen. Die Stars dürfen, müssen in den entscheidenden Partien stärker belastet werden. Deshalb sind sie Stars. Deshalb werden sie besser bezahlt.

Dieses extreme Forcieren der Stars ist manchmal ein Merkmal von Meisterteams. Aber manchmal auch von Meistern, die bei der Titelverteidigung scheitern.

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22 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bettina Lüthi
02.04.2018 11:08registriert November 2015
Und das obwohl Genoni beschlossen hat nochmals Meister zu werden??? Gibts ja nicht
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KönigHockey
02.04.2018 11:24registriert März 2018
Wenn man Zauggs Artikel liest, die er diese Woche geschrieben hat, stellt man sich schon oft die Frage warum der SCB nicht die Liga wechselt und beispielsweise die NHL in Grund und Boden spielt! Diese unbezwingbare, unaufhaltbate in allen Belangen überlegene Hockeymaschine...
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Bullet-Tooth-Joni
02.04.2018 11:00registriert September 2015
Wieso so martialisch? Das ist Sport und nicht Krieg. Diese beiden Dinge so konsequent zu vermischen naja. Kriegsrethorik im Sport finde ich sowieso etwas vom lächerlichsten, wer das tatsächlich auch noch ernst meint banalisiert und verharmlost etwas vom schrecklichsten was wir Menschen uns gegenseitig antun.

Das der Z seine Kaderbreite bis dato besser nutzt als der SCB ist wiederum ein Faktum, welches imA besonders am SA deutlich geworden ist, da muss ich dem Samichlaus schon recht geben.
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