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Du willst nur das Beste? Voilà:
Wir können es die «Macht des grossen Geldes» nennen. Oder etwas romantischer die ewige Auseinandersetzung zwischen «Geld gegen Geist.» Oder das unerbittliche Gesetz des Kapitalismus. Am Ende des Tages ist das Resultat immer das Gleiche: Das grosse Geld siegt. Die Romantiker verlieren immer.
Alle Titel im 21. Jahrhundert teilen sich die Titanen des Geldes. Nur die ZSC Lions, Lugano, Davos und der SC Bern haben seit dem Jahre 2000 Meisterschaften gewonnen. Seit Einführung der Playoffs im Frühjahr 1986 kommen noch der EHC Kloten und Zug dazu. Auch das waren bzw. sind Klubs, die volle Kassen hatten bzw. haben.
Womit wir nicht sagen wollen, dass der Erfolg käuflich ist. Auch die Titanen des Geldes gewinnen eine Meisterschaft nur dann, wenn sie es verstehen, Geld und Geist zu verbinden. Die ZSC Lions und Davos haben sechs der letzten acht Meisterschaften gewonnen, weil sie im der Sportabteilung besser arbeiten als die Konkurrenz. Also mit mehr Geist. Und Lugano wartet trotz Investitionen von über 100 Millionen ins Hockeygeschäft seit 2006 auf den nächsten Titel. Weil in der Sportabteilung mit weniger «Geist» gearbeitet wird.
Aber am Ende einer langen, schweren Meisterschaft haben die «Kleinen» noch nie triumphiert. Weil es ein gerüttelt Mass an finanziellen Mitteln braucht, um eine so lange und schwierige Meisterschaft zu gewinnen. Zwischen September und April sind über 60 Ernstkämpfe zu bestreiten. Nur die Titanen können sich genug Spieler leisten, die am Ende der Saison dazu in der Lage sind, eine Meisterschaft zu entscheiden. Die Tiefe des Kaders ist ein entscheidender Faktor. Deshalb haben es Servette und Gottéron bis heute nie geschafft.
Selbst in der NHL spielt das Geld eine entscheidende Rolle. Dort ist zwar der Einsatz der finanziellen Mittel in die Mannschaft seit Einführung der Lohnobergrenze («Salary Cap») kein entscheidender Faktor mehr. Die finanziellen Spiesse sind für alle gleich lang. Oder fast gleich lang. Wer mehr Geld hat und in einem grösseren Markt operiert, ist dazu in der Lage, in seinem Hockeyunternehmen ausserhalb der Kabine das bessere Personal zu rekrutieren. Stanley Cup-Siege von «Kleinen» (sog. «small market teams») bleiben die Ausnahme. Aber sie schaffen es immerhin ab und zu bis ins Finale.
Für die Romantiker des Hockeys, für die Kleinen, für die Mannschaften der Herzen, bleiben nur die Brosamen, die vom Tische des Ruhmes fallen. Sie können von Zeit zu Zeit die Playoffs auf Kosten eines Titanen erreichen. Immer wieder erwischt es einen Grossen, der seine sportlichen Hausaufgaben nicht gemacht hat. Lugano hat schon zweimal die Playoffs verpasst. Den SC Bern hat es im Frühjahr 2014 sogar als Titelverteidiger erwischt.
Leidenschaft, Mut, Taktik und Intelligenz können also gegen Geld etwas ausrichten. Das Strickmuster des Erfolges der «Kleinen» ist fast immer das Gleiche: Fleissiges Punktesammeln im Herbst, wenn die Grossen noch daran sind, die Abläufe in den spielerischen Maschinenräumen zu optimieren. Meistens unterschätzte einer der Titanen seine Probleme («es reicht auf jeden Fall»), versucht es mit Geld (neue Trainer und Ausländer) statt mit Geist und verfällt in der Schlussphase der Qualifikation in Hektik. Den «Kleinen» gelingt es, sich über die Ziellinie in die Playoffs zu retten – und dann ist Feierabend.
Nie ist ein echter Aussenseiter bis ins Finale gelangt. Ambri war 1999 noch ein Titan, der sich eine grosse Mannschaft leisten konnte, Servette ist der am besten gemanagte Aussenseiter und das beste und finanzkräftigste Sportunternehmen des Welschlandes und Gottéron setzte nie so viel Geld ein wie in der Saison der letzten Finalteilnahme von 2013. Chris McSorley bestätigt die These vom grossen Geld: Er scheiterte im Finale gegen die ZSC Lions und den SC Bern an Gegnern, die das bessere «letzte Bataillon» aufs Eis schicken konnten. Die eine ausgeglichenere Mannschaft, eine bessere dritte und vierte Linie hatten und ihre besten Spieler weniger forcieren mussten. Genau das Gleiche gilt für die Finalniederlage von Gottéron im Frühjahr 2013 gegen den SC Bern.
Endet nun auch die Qualifikation mit einem Triumph des grossen Geldes? Vieles spricht dafür. Auf jeden Fall ist es ein überaus reizvolles Duell «Geld gegen Geist.» Kloten und Bern gegen Lausanne und Ambri.
Lausanne und Ambri sind «Mannschaften des Herzens». Kloten und Bern Mannschaften des Geldes. Geld spielt beim SCB und in Kloten keine Rolle. In Kloten ist es – wie in Lugano – in unbegrenzten Mengen verfügbar. Kanadische Ölmilliardäre sorgen für randvolle «Kriegskassen». In Bern gibt es wohl Limiten. SCB-General Marc Lüthi setzt den Grundsatz durch, dass nur Geld ausgegeben wird, das erwirtschaftet werden kann. Aber bei einem Jahresumsatz von über 50 Millionen Franken sind die finanziellen Mittel ungleich grösser als in Genf, Lausanne, Ambri, Langnau oder Biel.
In Lausanne ist Heinz Ehlers drauf und dran, zum dritten Mal in Serie in die Playoffs zu kommen. Der schlaue Taktiker hat ein Defensivsystem eingeschult, mit dem das Angriffsspiel jedes Gegners blockiert werden kann. Auch jenes der Titanen. Er beweist, dass Mut, Taktik und Intelligenz stärker sein können als Geld.
In Ambri ist es Hans Kossmann gelungen, die Leidenschaft zu entfachen und das Team taktisch zu ordnen. Wie in Lausanne sind auch in Ambri Mut, Taktik und Intelligenz in vielen Spielen stärker als Geld. Aber die besten Spieler müssen, weil die Mannschaft zu wenig ausgeglichen ist, stark forciert werden. Es kann sein, dass Ambri ganz, ganz knapp scheitert. Weil die Punkte fehlen, die im Herbst vor dem Amtsantritt von Hans Kossmann verschenkt worden sind. Das Hockey-Drama, das Ambri in dieser Qualifikation schreibt, hätte dann den Titel: «Ein Trainer kommt zu spät». Frei nach Gorbatschow: «Den Trainer, der zu spät kommt, bestraft das Leben.»
Noch ist keine Entscheidung gefallen. Und doch zeichnet sich ab, dass am Ende Geld nicht nur den Titelkampf, sondern bereits den «Strichkampf» entscheidet.
Dabei ist stossend, dass nicht alle die gleichen Voraussetzungen haben. Gerade im Profisport sollte sorgfältig darauf geachtet werden, dass die wenigen beeinflussbaren äusseren Faktoren für alle gleich sind. Das ist eine der Voraussetzungen für die Glaubwürdigkeit des Sportes. Wofür die Engländer den Begriff «Fairplay» erfunden haben. Übrigens nicht, weil sie die besseren Sportsmenschen sind. Sondern bloss, weil sie geordnete Verhältnisse für das Wettgeschäft brauchten.
Nun ist es so, dass der Spielplan von den Teams abgesegnet wird. Und wer weiss denn im Sommer, welche Partien am Schluss entscheidend sein werden? Alles legal.
Aber der Spielplan ist nicht fair. Schlimmer: bei der Gestaltung des Spielplans hat die Ligaführung die Kontroll- und Sorgfaltspflicht grob verletzt. Das ist unverzeihlich und darf in Zukunft nicht mehr vorkommen. Spielplangeneral Willi Vögtlin ist künftig zu beaufsichtigen. Sein aktueller Spielplan kann die Meisterschaft verfälschen.
Der Spielplan muss in einer Profiliga, so gestaltet sein, dass nach der zweiten Nationalmannschaftspause alle noch gleich viele Partien zu bestreiten haben. Denn nach der Februar-Nationalmannschaftspause haben die Teams gänzlich unterschiedliche Voraussetzungen, diese allerletzte Phase der Qualifikation unterscheidet sich vom Rest. Die Titanen justieren ihr Spiel im Hinblick auf die Playoffs und es gibt für die Kleinen gelegentlich billige Punkte zu gewinnen.
Es kann, es darf nicht sein, dass nun Lausanne bloss noch drei, Kloten aber fünf Partien spielen kann. Und dazu kommt, dass die Kloten Flyers von einer Kuriosität des Spielplans profitieren. Sie dürfen in den zwei letzten Runden zweimal gegen Langnau antreten. Für eine Profiliga ein völlig unhaltbarer Zustand. Die «Mannschaften der Herzen» werden betrogen.
Lausanne und Ambri sind auch in der Deutschschweiz in diesem Strichkampf so etwas wie ein Team der Herzen. Aber die Chancen für die letzten wahren Romantiker unseres Hockeys sind, wie wir soeben ausgeführt haben, sind stark beeinträchtigt. Sie werden möglicherweise keinen Platz in den Playoffs haben. Aber der Platz im Herzen der Hockeyliebhaber ist ihnen sicher. Die Playoffs wären für Ambri sowieso nach ein paar Viertelfinaltagen zu Ende. Die Gunst des Publikums aber bleibt. Sie hat kein Verfalldatum. Das ist zwar nur ein kleiner Trost. Aber immerhin ist es ein Trost.
Für Kloten und Bern wäre hingegen das Verpassen der Playoffs trostlos.