New Jerseys General Manager Ray Shero ist ein charismatischer Kommunikator. Er versteht es, viel zu sagen und doch wenig zu verraten. Er würde als Politiker eine grandiose Karriere machen. Immerhin lässt er durchblicken, dass er sich nach dem Gewinn der Draft-Lotterie früh für Nico Hischier entschieden hat.
Nachdem New Jersey das Erstziehungsrecht erhalten hatte, reiste Shero im Frühling nach Bern. Um seinen Kandidaten besser kennen zu lernen. Er erzählt: «Ich war noch nie in Bern und hatte Nico noch nie vorher persönlich getroffen. Ich nahm den Zug von Zürich nach Bern und er kam mit dem Zug von Naters. Bei der Einfahrt in den Bahnhof dachte ich: ‹Wow, da ist aber was los, hoffentlich finde ich ihn›. Aber er wusste genau, wo und wann ich ankomme und erwartete mich schon auf dem Perron. Ich dachte für mich: ‹Hey, das ist richtig gut.›»
Diese präzise Organisation, für uns Schweizer ja selbstverständlich, hat den Bub des legendären Fred Shero sichtlich beeindruckt. «Wir haben uns zum Essen getroffen, dann kam der Kaffee und schliesslich sassen wir fünf Stunden zusammen. Ich sagte Nico, dass dieses Treffen für mich sehr wichtig sei und mir sehr gefallen habe.» Das Eis war, im besten Wortsinne, gebrochen, der Nummer-Eins-Draft aufgegleist.
War es ein schwieriger Entscheid? Ray Shero sagt: «Wir hatten das erste Ziehungsrecht und waren deshalb nicht unter Druck. Niemand konnte uns in die Quere kommen, wir konnten alle Optionen prüfen.» Aber rund um einen solchen Draft gebe es hohe Erwartungen.
Zwischen den Zeilen seiner Ausführungen lässt sich herauslesen, dass der Entscheid für ihn klar war. Er hat ihn für sich behalten und das Geheimnis bewahrt. Niemand ausser ihm wusste, dass Hischier die Nummer Eins wird. «Das hat die Spekulationen in den Medien angeheizt und war ja für euch Journalisten gut …»
Shero sagt, der Schweizer Pass habe keine Rolle gespielt. «Es geht um den Spieler Nico Hischier.». Aber er sei sich schon bewusst, dass dieser Draft für das Schweizer Hockey etwas Besonderes sei.
Wie sieht die Zukunftsplanung aus? Shero sagt, Hischier werde nun nacheinander das Development Camp, das Rookie-Camp und das NHL-Camp durchlaufen. «Es ist klar, dass wir für ihn einen Platz im Team reserviert haben.» Aber ob seine Neuerwerbung gleich in der NHL zum Einsatz kommen werde, könne er jetzt noch nicht sagen. Er nimmt auch gleich Druck weg und hält den Ball flach. «Wir kündigen Nico Hischier nicht als den nächsten Connor McDavid oder Auston Matthews an. Das sind nicht unsere Erwartungen. Aber er wird unsere Organisation auf eine positive Art und Weise verändern.»
Was sind die ganz besonderen Vorzüge Hischiers? Shero nennt die vielen hockeytechnischen Qualitäten, aber er kommt auch immer wieder auf die charakterlichen Eigenschaften zu sprechen. Auf die Art und Weise, wie sich Nico Hischier als Junior in Halifax ins Team integriert hat.
Der ganz persönliche Eindruck, den er beim intensiven Gespräch in Bern von Nico Hischier gewonnen hat, dürfte auch eine sehr wichtige Rolle gespielt haben. Glücklicherweise sind die beiden auf dem Rückweg zum Bahnhof nicht noch in die Reitschule geraten …