Im Sport (und eigentlich auch im richtigen Leben) ist es wichtig, gute Ausreden zu haben. Deshalb gibt es den Witz, ein umsichtiger Sportchef oder Trainer schliesse sein Abendgebet stets mit dem Satz ab: «Herr, so nimm mir denn alles, aber nicht meine Ausreden». Einen Einfaltspinsel zu finden, der selbst die absurdesten Ausreden in den Medien verbreitet und polemisiert, ist nicht schwierig.
Idealerweise lassen sich Ausreden gleich noch zu einer kernigen Verschwörungstheorie veredeln. Wie im Falle von Ambri. Was ist das für ein Wehgeschrei: Ambri musste nach dem Spengler Cup am 2. Januar in Lausanne antreten, zwei Tage später daheim gegen die ZSC Lions und am nächsten Tag in Genf. Was für eine ungeheuerliche Belastung! Was für gewaltige Reisedistanzen! Fünf Stunden im bequemen Reisebus! Unerhört! Kein Wunder, hat es drei Niederlagen nacheinander abgesetzt. Die Liga ist ausgeglichen wie nie seit der Einführung der Playoffs (1985/86). Bereits 54 Partien sind in der Verlängerung oder nach Penaltys entschieden worden. Während der ganzen letzten Qualifikation waren es lediglich 38. Da spielt jedes Detail eine Rolle. Auch der Spielplan.
Diese himmelschreiende Benachteiligung Ambris durch den Spielplan kann doch kein Zufall sein. Schliesslich ist Liga-Spielplanchef Willi Vögtlin ein ehemaliger SCB-Manager, wohnt im Bernbiet, betreibt im Kanton Bern eine Weinhandlung und hat sicherlich unter der Kundschaft zahlreiche SCB-Anhänger. Und siehe da: Der SCB, der auch schwer um die Playoffs ringt, durfte nach dem Spengler Cup zweimal bequem zu Hause spielen (gegen Biel und Lugano) und musste bloss nach Rapperswil-Jona reisen. Ganz klar eine SCB-Verschwörung. Eigentlich müsste die Liga ein Disziplinarverfahren gegen Willi Vögtlin und den SCB eröffnen. Um herauszufinden, ob er Wein-Hoflieferant für die 16 SCB-Beizen ist. Und zudem sollte Willi Vögtlin offenlegen, wie viele SCB-Heimspiele er oben in der Loge von Marc Lüthi verfolgen durfte und was er dabei konsumiert hat und ob er Speis und Trank bezahlen musste.
Willi Vögtlin amtet als Hüter der Pokals 😉 pic.twitter.com/orPHMAL84v
— Swiss Ice Hockey (@SwissIceHockey) April 21, 2018
Eigentlich müsste die Liga-Justiz ermitteln. Aber das wird nicht passieren. Verbandspräsident Michael Rindlisbacher ist Berner, ehemaliger SCB-Verwaltungsrat und verdankt sein hohes Amt SCB-Manager und -Mitbesitzer Marc Lüthi. Denis Vaucher ist sogar Stadtberner. Wo man ein wichtiges Verbandsbüro aufmacht, kommt ein Bär zum Vorschein. Kurzum: eine SCB-Verschwörung.
Und wie sieht die Wirklichkeit aus? Ein wenig anders. Die Spielpläne werden von den Klubs vor der Saison durch Unterschrift genehmigt. Alle haben schon im Sommer schriftlich ihr Einverständnis mit dem aktuellen Spielplan gegeben.
Mehr noch: Willi Vögtlin reist Jahr für Jahr vor Publikation des Spielplanes zu jedem einzelnen Klub, um eben diesen Spielplan Punkt für Punkt durchzugehen und zu erläutern. Mitte Mai reiste er über den Gotthard und sass mit Ambris Geschäftsführer Nicola Mona zusammen. Ob die beiden da was ausgeheckt haben? Dem Spielplan entnehmen wir nämlich, dass Ambri von den letzten drei Partien der Qualifikation zwei daheim austragen darf. Und dann erst noch gegen die dann wohl schon für die Playoffs qualifizierten Servette und Davos, die sowieso nicht mehr voll gehen. Ja, die Davoser werden Ambri im zweitletzten Spiel so oder so als Dank für die tollen Darbietungen beim Spengler Cup absichtlich gewinnen lassen. Die kennen sich in solchen Sachen aus. Und im letzten Spiel darf Ambri gar noch in Lugano antreten. Was, wenn die beiden sich absprechen und auf SCB-Kosten ein «Päckli» machen? Das ist bei der aktuellen Tabellenlage nicht einmal ganz auszuschliessen.
Der SCB aber muss drei der letzten vier Spiele auswärts bestreiten und erst noch nach Davos (!), Lugano (!) und Lausanne reisen. Was für gewaltige Reisedistanzen! Ausgerechnet im drittletzten Spiel ist die Reise nach Davos geplant – wo doch SCB-Manager Marc Lüthi gegen den Spengler Cup ist und spitze Bemerkungen gegen das wunderbare Turnier macht. Da werden die Davoser kämpfen bis zum Umfallen, um die «Spengler-Cup-Hasser» aus Bern zu demütigen. Eine atemberaubende Benachteiligung! Kurzum: eine Ambri-Mafia. Ambris Grosser Vorsitzender Filippo Lombardi hat halt gute Beziehungen nach Italien und wird Willi Vögtlin sicherlich geholfen haben, unten in der Toskana und im Piemont oder wer weiss, vielleicht sogar in Sizilien günstig für seine Weinhandlung einzukaufen.
SCB-Manager Marc Lüthi sollte schon mal eine gehörige Spielplanausreden-Polemik vorbereiten und Willi Vögtlin für diese miserable, ganz offensichtlich gegen den SCB gerichtete Spielplangestaltung den Zutritt zum Hockey-Tempel verwehren.