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Verkehrte Hockey-Welt. Nominell, auf dem Papier also, hat Biel eine «Operetten-Abwehr». In der Wirklichkeit, auf dem Eis, verlor Davos wegen einer «Operetten-Verteidigung». Ohne Félicien Du Bois (er dürfte am Wochenende zurückkehren), ihren besten Verteidiger, spielten die Davoser in der eigenen Zone naiv wie ein Aufsteiger.
Sie mussten wegen liederlichem Defensivverhalten sogar zwei Penaltys hinnehmen. Beim ersten traf Gaëtan Haas das Tor nicht, den zweiten versenkte Fabian Sutter zum 5:2. Beide Penaltys hatte ein langsamer Beat Forster verursacht. Auch der ausländische Defensiv-Verteidiger Daniel Rahimi war kein Rückhalt (Minus-2-Bilanz).
Die Frage ist natürlich: Hätte der HCD mit einem Torhüter vom Format eines Leonardo Genoni (jetzt beim SCB) in dieser Partie eine Chance gehabt? Nein. Gilles Senn wehrte zwar nur 84,21 Prozent der Schüsse ab (Jonas Hiller auf der Gegenseite 93,55 Prozent) und zwei Treffer waren haltbar. Aber hinter dieser Abwehr hätte ein grosser Goalie höchstens für eine knappere Niederlage sorgen können.
Arno Del Curto war nach dem Spiel in Eile. Er wollte so schnell wie möglich in den Teambus und dort die Videos bearbeiten. Was die Trainer ja heute dank der Technik schon bei der Heimfahrt machen können. Aber beunruhigt war er nicht.
Der HCD hat ja auch vor einem Jahr im September hohe Niederlagen erlitten. 1:5 in Biel und gleich anschliessend 1:5 in Kloten. In Biel ging Leonardo Genoni damals mit einer Fangquote von 87,80 Prozent vom Eis. In Kloten wurde er nach zwei Dritteln und fünf Gegentreffern (Fangquote 77,30 Prozent) im letzten Drittel durch Gilles Senn ersetzt.
Dieser kurze Blick zurück zeigt uns, dass bei den September-Niederlagen der Goalie noch keine Rolle spielt. Die Torhüter werden erst später ins Zentrum der Analyse rücken. Wenn mehrere Partien gegen die Titanen der Liga gespielt sind. Und bevor Arno Del Curto an seinen Torhütern zweifelt, wird er eine weitere Ausländerlizenz einlösen.
Die HCD-Niederlage bringt immerhin eine erfreuliche Erkenntnis. Arno Del Curto bleibt sich und seinem Stil treu. Es hätte ja sein können, dass er zur Absicherung seines Experimentes mit den beiden jungen Goalies Gilles Senn und Joren van Pottelberghe defensiver spielen lässt. Dass er zu einem «Heinz Ehlers der Berge» wird. Was im Sinne der Unterhaltung natürlich zu bedauern wäre.
Doch das ist nicht der Fall. Das HCD-Spiel ist dynamisch wie eh und je. Wenn es denn Schwierigkeiten geben sollte, dann werden die Davoser versuchen, ihren Mängeln davonzulaufen. Der Wille zur Offensive, zum schnellen, öffnenden ersten Pass ist unverkennbar. Nur kommen diese Pässe jetzt eben nicht immer an.
Der HCD spielt also auch in einer durchaus kritischen Aufbauphase spektakuläres Tempohockey. Spektakel ist also garantiert, unabhängig vom Resultat. Aber noch ist nicht zu erkennen, ob der HCD wieder ein Spitzenteam sein kann. Die zentrale Frage in den nächsten Wochen wird in diesem Zusammenhang sein, wie die Gegner auf das Torhüter-Experiment reagieren werden.
Kritisch kann es werden, wenn die jungen Goalies die Gegner zu frechem Forechecking und Offensivspiel ermutigen. Weil die Erfolgsaussichten gegen Gilles Senn und Joren van Pottelberghe nun mal grösser sind als in der Vergangenheit gegen Leonardo Genoni. Die Frage ist dann nicht so sehr, wie gut die Goalies sind. Sondern ob die HCD-Abwehr tempofest ist und ob die jungen Verteidiger intensive gegnerische Störarbeit aushalten.
Für den HCD ist die erste Saison-Niederlage vorerst unerheblich. Für Biel (und Trainer Kevin Schläpfer) ist der Sieg hingegen enorm wichtig. Ein seltsames Bild: Kulttrainer Kevin Schläpfer geht wegen einer im Sommer eingefangenen Infektion im Knie noch immer an Krücken. Er humpelt an die Bande und die Trainings leitet er von einem Barhocker aus, den er neben dem Eisfeld aufstellt.
Der Trainer lahmt, aber Biel rockt. Der Einfluss von Torhüter Jonas Hiller dürfte eine viel grössere Rolle spielen als es auf den ersten Blick scheint. Wahrscheinlich hätten die Bieler dieses Davos auch mit Simon Rytz im Kasten besiegt. Jonas Hiller musste sich nicht auf den Kopf stellen, um den Sieg zu sichern. Aber Biel spielt mit bemerkenswerter Selbstsicherheit und Ruhe ein mutiges, dynamisches Hockey.
Die Mannschaft wirkt stabiler, spielt weniger wild und hektisch als vor einem Jahr. Und das hängt zweifelsfrei mit der Präsenz von Jonas Hiller zusammen. Er verändert von innen heraus die Mannschaft. Ein Aussenseiter, der sich auf einen grossen Torhüter verlassen kann, lässt sich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen. Und das alles stärkt die Position von Trainer Kevin Schläpfer, der im Laufe der letzten Saison erstmals in die Kritik geraten ist.