Der 3:0-Sieg gegen die Lakers mag den Verstand der Zuger erfreut haben. Das Gemüt wärmte dieses Spiel nicht, und die Seele wühlte es auch nicht auf. Alles lief in geordneten Bahnen und endete mit einem logischen Resultat. Ungefähr so unterhaltsam wie diese Partie wäre in diesen Wochen die Zuger Lokalpolitik, wenn nur Männer politisieren würden.
Was nach so einem Spiel schreiben? Zu den Zeiten von Doug Shedden (53) stellte sich diese Frage für die Chronistinnen und Chronisten nicht. Es genügte, den Ausführungen und Ansichten des Kanadiers zum Spielgeschehen beizuwohnen.
Doug Shedden lieferte immer und ungefragt Stoff für irgendeine Polemik. Entweder schmähte er den Gegner (ach, wie hätte er die Lakers nach diesem 3:0 verhöhnt), sparte, wenn nötig, nicht mit Kritik an den eigenen Jungs und auch die Schiedsrichter kamen selten ungeschoren davon. Unvergesslich bleibt eine tägliche Rubrik der «Neuen Luzerner Zeitung» jeweils während der Playoffs. «Daily Doug». Jeden Tag erfreute der Kanadier die Leser mit einem ausgesucht kernigen Spruch zum Hockey-Tagesgeschehen. So etwas hat vorher und seither nie mehr ein Trainer gewagt.
Doug Shedden ist ein verbaler Offensivspieler – er war schliesslich der Stürmer, der einst den Pass zum ersten NHL-Tor von Mario Lemieux gab. Seine Art zu kommunizieren ist nicht ganz ohne Risiko.
In unzähligen Sitzungen haben der Manager und der Sportchef ihrem Coach ins Gewissen geredet und zu grösserer Zurückhaltung ermahnt. Der grosse Entertainer konnte immerhin sechs Jahre im Amt gehalten werden. Eine biblische Amtsdauer für einen verbalen Feuerkopf wie Doug Shedden. Aber am Ende der letzten Saison musste er dann halt doch gefeuert werden.
Zugs neuer Trainer Harold Kreis (56) achtet auf sorgfältiges verbales Defensivspiel – schliesslich hat er ja auch als Verteidiger in Deutschland Kultstatus. Der kanadisch-deutsche Doppelbürger ist das Gegenstück zu seinem Vorgänger. Ein verbaler Maschinist nach dem Schema des nordamerikanischen Profisportes, ideal auch als Mediensprecher fürs Bundesamt für Statistik. Einer, der genau weiss, was er sagt. Er weiss, dass ein gegnerischer Coach aus jeder ungeschickten Äusserung eine Motivation drechseln kann. Dass unbedachte Worte die eigenen Spieler gegen den Chef aufbringen.
Eine kluge Trainerwahl. Ähnlich wie der SC Bern (der unter Guy Boucher wieder ein Spitzenteam geworden ist) haben die Zuger nicht eine Kopie des alten Trainers geholt. Vielmehr haben sie einen Chef verpflichtet, der im Wesen und Wirken wie das Gegenstück zu seinem Vorgänger auftritt. Das funktioniert sehr oft.
Harold Kreis ist ein ruhiger, besonnener Analytiker, und so konnte er nach dem 3:0 gegen die Lakers nichts zur Unterhaltung beitragen. Sprüche über den Gegner oder gar gegen die eigenen Spieler sind für ihn tabu. Er habe nur ein einziges Mal eigene Spieler kritisiert. In Mannheim. Drei oder vier Tage später sei er entlassen worden. Der Einwand, ein bisschen Sprüche klopfen mache durchaus Sinn, weil ein paar Hunderttausend glückliche Leser doch eine Handvoll verärgerter Spieler bei weitem aufwiegen, lässt er nicht gelten. «Das wäre das Konzept eines Wahnsinnigen.» Selbstironie hat Harold Kreis schon.
Zugs neuer Cheftrainer ist der trockenste Kommunikator seit Bill Gilligan. Der Amerikaner war sogar noch vorsichtiger. Reden ist Halbfinal. Doug Shedden scheiterte fünfmal hintereinander im Halbfinale. Schweigen hingegen kann meisterlich sein. Bill Gilligan holte mit dem SC Bern die Titel 1989, 1991 und 1992 und kam darüber hinaus sogar mit den Lakers (!) ins Halbfinale. Harold Kreis führte Lugano zur bisher letzten Meisterschaft (2006) und machte auch die ZSC Lions zum Meister (2008).
Doug Shedden wartet noch immer auf seinen ersten Meistertitel.