Eric Blum ist einer der Schweizer Silberhelden, die an der WM 2013 sensationell bis in den Final vorgestossen waren. Der 34-Jährige verteidigt seit Jahren für den SC Bern. Doch seit mehr als einem Monat ist Blum ausser Gefecht. Fabrice Herzog vom HC Davos verletzte ihn mit einem Check gegen den Kopf schwer.
Nun spricht Eric Blum ausführlich über den fatalen Moment am Valentinstag und darüber, wie es ihm heute geht. Im «Blick» macht er aus seinem Herzen keine Mördergrube.
Beim Unfall erlitt Blum eine schwere Hirnerschütterung, er brach sich die Nase und verletzte sich an der Schulter. «Grundsätzlich bin ich glücklich», betont Blum. Den Alltag verbringe er ohne Einschränkungen. Sein eineinhalb Jahre alter Sohn verlange ihm physisch nicht viel ab. «Doch der Sport fehlt.»
Vergangene Woche durfte der Verteidiger im Kraftraum erstmals wieder aufs Velo sitzen. Dazu macht er im auf Hirnerschütterungen spezialisierten Concussion Center in Zürich Koordinationsübungen für die Augen und lässt sich von einem Physiotherapeuten behandeln.
Diese sanfte Rückkehr ist ein Fortschritt, denn die ersten Tage nach dem Foul seien hart gewesen, beschreibt Blum: «Ich war total erschöpft, lag eine halbe Woche nur im Bett.» Anschliessend habe er sich für zwei Tage Belastungstests unterzogen. «Ich fühlte mich hinterher wie ein zerknülltes Blatt Papier und spürte ein Verlangen nach Zucker. Ich kaufte mir ein Süssgebäck, setzte mich mit geschlossenen Augen in die Sonne und dachte: Ich kann in dieser Welt nicht mehr bestehen.»
An die Aktion, die seinen Alltag auf den Kopf gestellt hat, besitzt der Hockeyspieler keine Erinnerung. «Als ich später auf dem Video den Check sah, war es, wie wenn ich einem Fremden zuschauen würde.» Er habe sich die Szene erst mit etwa drei Wochen Abstand angeschaut, denn «ich wusste, dass es mich aufwühlen wird und ich sauer werde. Ich hatte keinen Bock auf einen emotionalen Ausbruch.»
Dem Übeltäter Fabrice Herzog, der sich per SMS entschuldigte, habe er nicht geantwortet. «Der Check ist mir unverständlich. Ich habe mit Herzog kein Problem. Doch sein Statement vor dem Einzelrichter stiess mir sauer auf.» In seinem Urteil fasste Einzelrichter Karl Knopf zusammen: «Dieser (Herzog, Anm.d.Red.) führte im Wesentlichen aus, dass er bis zum Check lediglich geglitten sei, ohne an Geschwindigkeit zuzulegen. Er habe Blum lediglich den Weg abschneiden wollen und er habe keine aktive Bewegung in Richtung Blums gemacht. Dieser habe sich für ihn nicht in einem offensichtlichen Zweikampf mit einem anderen Spieler befunden und er sei nicht abgesprungen, sein Ellbogen sei am Körper gewesen. Aus technischer Sicht sei dieser Kontakt korrekt.»
Herzog hatte nach dem Foul beteuert, dass ihm die Aktion sehr leid tue. Er habe keine Erklärung dafür, weshalb er Blum so erwischt habe. «Ich war im Forechecking, fuhr auf Blum zu, der von Marc Wieser bereits gestört wurde. Mir ist klar: Ich habe in diesem Moment die falsche Entscheidung getroffen.»
Der Davos-Spieler kassierte acht Spielsperren. Einzelrichter Knopf schrieb von einem «besonders rücksichtslosen» Verhalten Herzogs und angesichts der Tatsache, dass dieser ein Wiederholungstäter war: «Dem Beschuldigten mangelt es offensichtlich am Respekt für seine Gegenspieler im Allgemeinen und für den Kopf seiner Gegenspieler im Speziellen.»
Jüngster Leidtragender ist Eric Blum. Diese Hirnerschütterung sei die mit Abstand schwerste, die er in seiner Karriere erlitten habe, schildert er. «Ich konnte mir drei Wochen lang nicht einmal einen Match im Fernsehen anschauen, weil die Bewegungen Schwindel auslösten.» Auch seine zweite Leidenschaft, die Musik, litt. «Ich hatte Konzentrationsschwierigkeiten, konnte nicht Gitarre spielen, weil es zu laut war.»
Nun sei es etwas besser geworden, er könne die Auftritte seiner Teamkollegen wieder im TV mitverfolgen. Symptomfrei sei er jedoch noch nicht, er habe leichten Schwindel und Kopfschmerzen. Blum weist im «Blick» darauf hin, weshalb er so offen über seine Gefühlswelt und seine Gesundheit spricht: «Es gibt Sportler, die genau wegen solcher Vorfälle depressiv wurden. Es ist wichtig, dass dies thematisiert wird.»
Ein Rücktritt sei kein Thema, betonte Blum. Natürlich habe er sich solche Gedanken gemacht, «ich mache mir auch Sorgen. Ich bin nicht aus Eis und Stahl. Es nagt.» Doch er habe trotz des Unfalls keine Angst vor dem Spiel. Im Gegenteil: «Ich hatte trotz aller Umstände in dieser Saison Spass und freute mich unglaublich, als ich erstmals wieder in die Garderobe kam und die Atmosphäre aufsaugen konnte. Man ist als Langzeitverletzter zwar Teil des Teams, aber trotzdem fühlt es sich fremd an.»
Wann Blum aufs Eis zurückkehren und wieder für den SC Bern auflaufen kann, ist offen. «Mir wurde gesagt, ich solle mir keine falschen Hoffnungen machen, Tag für Tag nehmen und die Fortschritte anerkennen.» (ram)