Eishockey in der Schweiz boomt. Während im Fussball mit einigen Ausnahmen die Stadien halbleer bleiben, waren bei der dritten Runde im Playoff-Viertelfinal drei der vier Stadien ausverkauft.
Damit das so bleibt, müssen sich die Eishockey-Klubs aber auch um die zukünftigen Fans kümmern. Wie reagieren die National-League-Vereine, wenn ein Kind sie anschreibt mit dem Wunsch, eine Autogrammkarte des Lieblingsspielers zu erhalten? Wir haben es herausgefunden. Wir machten den Test und bettelten im Namen eines kleinen Mädchens mit einem zuckersüssen Brief bei der ganzen Liga um Autogramme:
So beginnt die fingierte Liebeserklärung der Kleinen an den SC Bern (inklusive absichtlicher Schreibfehler). Auch alle anderen Klubs erhalten eine angepasste Version. Wir schmieren den Vereinen ordentlich Honig ums Maul, hoffen auf Mitgefühl und heben hervor, dass sich das Mädchen mit ihrer Hockey-Liebe noch gegen den Papa auflehnt. Dann platzieren wir den Herzenswunsch der kleinen Andrea:
Zusätzlich nennen wir einen Lieblingsspieler, der uns besonders wichtig ist. Die Kollegin aus der Sales-Abteilung, die freundlicherweise auch ihren Briefkasten zur Verfügung stellt, unterschreibt – und ab die Post. Nach knapp drei Wochen folgt jetzt der Tag der Abrechnung.
Vier Teams aus der National League enttäuschten die kleine Andrea und reagierten gar nicht auf die Anfrage. Dabei muss man allerdings beachten, dass der Brief auf Deutsch verfasst war und deshalb bei den Klubs aus dem Tessin und der Romandie eine gewisse Sprachbarriere bestand.
Ambri-Medienchef Marco Rigoni kann sich nicht erklären, was passiert ist: «Normalerweise landen die deutschsprachigen Anfragen bei mir.» Der Verein aus der Leventina erhalte wöchentlich solche Anfragen. «Wir reagieren sonst immer. Autogrammkarten verschenken wir in die ganze Schweiz und auch ins Ausland», erklärt Rigoni.
Auch von Fribourg-Gottéron erhielt das junge Mädchen keine Post. Allerdings sei das in diesem Fall eine Zeitfrage, wie Medienchef Stéphane Decorvet erklärt. «Ich kümmere mich bei Gottéron neben der Medienarbeit des gesamten Vereins inklusive Juniorenabteilung auch um das Merchandising und die Fan-Anfragen», sagt Decorvet. Normalerweise antworte er jeweils alle zwei bis drei Wochen auf solche Briefe. Im Fall der kleinen Andrea sei wohl aufgrund des Playoff-Starts noch keine Reaktion erfolgt.
«Im Normalfall werden solche Fanbriefe bei uns immer beantwortet», bekräftigt auch Dario Langenegger, Medienchef bei den SCL Tigers. In diesem Fall sei wohl irgendwo ein Missgeschick passiert und der Brief untergegangen. «Normalerweise läuft das über die Geschäftsstelle. Wenn die Spieler direkt angefragt werden, kümmern sie sich aber teilweise auch selbst drum», erklärt Langenegger.
Genf-Servette hat auf unsere Nachfragen nicht reagiert.
Der Verein aus der Stadt Zürich erfüllt den Wunsch von Andrea mit einer Autogrammkarte des erwähnten Lieblingsspielers, Roman Wick. Mehr liegt nicht drin, aber damit kann das Mädchen sicherlich leben. Schade, dass eine persönliche Antwort der ZSC Lions fehlt. Stattdessen senden sie das Schreiben von Andrea wieder zurück zum Absender.
Sandro Frei von der ZSC-Kommunikation erklärt: «Als grosser Verein kriegen wir viele solche Anfragen. Bei handgeschriebenen Briefen, oder sonstigen Briefen, die offensichtlich von einem Kind stammen, kommen wir dem Wunsch nach einer Autogrammkarte gerne nach.» Bei anderen Anfragen, insbesondere solchen per Mail, könne der Verein aber nur auf den Fanshop verweisen, da die Chance auf Missbrauch zu gross sei. Dafür könne man bei den Lions Trikots aus dem Fanshop kostenlos von einem oder mehreren Spieler signieren lassen.
Lausanne braucht von allen Klubs, die antworten, am längsten. Aber auch hier dauert es nicht allzu lange: 17 Tage nachdem sie ihren Wunsch abgeschickt hat, erhält die kleine Andrea eine Autogrammkarte von Wunschspieler Yannick Herren. Ebenfalls positiv erwähnenswert ist die persönliche Widmung auf der Autogrammkarte. Dass der welsche Klub aus Andrea dem Mädchen einen Jungen macht, ist ein kleines Malheur, das bei diesem Vornamen ab und zu passieren kann.
Noch grosszügiger fällt die Antwort des EHC Biels aus. Die Seeländer schicken nicht nur eine Autogrammkarte des Lieblingsspielers (Jonas Hiller), sondern gleich des gesamten Teams. Bemerkenswert ist auch die Reaktionszeit: Nur zwei Tage nachdem der Bettelbrief aufgegeben wurde, liegt das Bieler Päckchen im Briefkasten. Schade ist auch hier das Fehlen einer persönlichen Antwort.
Zehn Tage nachdem Andrea ihren Wunsch geäussert hat, kommt vom HC Lugano ein Couvert. Neben der Autogrammkarte von Wunschspieler Luca Fazzini haben die Tessiner auch noch ein unterschriebenes Mannschafts-Poster und einen HCL-Kleber beigelegt. Leider fehlt auch hier eine persönliche Antwort auf den Brief des kleinen Fans.
Die Zuger bestechen durch eine schnelle Reaktionszeit (einen Tag!) und durch eine grosse Diversität in den Geschenken. Neben der Autogrammkarte des Lieblingsspielers (Reto Suri) sind auch ein kleines Mannschaftsfoto, drei Sticker sowie ein Playoff-Foto dabei. Etwas irritierend ist dagegen die Dankeskarte an Sponsoren, die ebenfalls beiliegt. Da hätte der EVZ lieber in einen kurzen Brief an Andrea investiert.
Der EHC Kloten punktet mit Klasse und Masse. Die kleine Andrea erhält Autogrammkarten von der gesamten Mannschaft, inklusive jener von Lieblingsspieler Matthias Bieber. Was das Mädchen zudem erfreut ist die persönliche Antwort, in der sich die Zürcher Unterländer für den «herzigen Brief» bedanken.
Ginge es nur um die Masse der gesendeten Geschenke, wäre der HC Davos wohl auf dem Spitzenplatz gelandet. Die Bündner sind äusserst grosszügig: Neben Autogrammkarten der gesamten Mannschaft erhält Andrea auch noch ein grosses und ein kleines Mannschaftsfoto und einen HCD-Kalender. Leider wird die Grosszügigkeit etwas abgewertet durch den beiliegenden Brief, in dem nur steht: «Autogrammkarten. Freundliche Grüsse aus dem Fanshop.»
Der amtierende Schweizer Meister schnappt sich auch im Grosszügigkeits-Ranking den Spitzenplatz. Andrea freut sich über Autogrammkarten der gesamten Mannschaft und ein riesiges, unterschriebenes Mannschaftsposter. Zudem haben die Berner eine handgeschriebene Antwort beigelegt, in der sie sich bedanken, dass Andrea «ein grosser Fan» ist.
SCB-Medienchef Christian Dick zeigt sich erfreut über das Ergebnis: «Wir nehmen uns vor, jede Fan-Anfrage zu erfüllen – egal ob im In- oder Ausland.» Man müsse aber teilweise schon aufpassen, denn bei Fan-Anfragen werde auch Unfug getrieben. Und es gebe gewisse Grenzen: «Wenn jemand nach einem Trikot fragt, können wir diesen Wunsch natürlich nicht erfüllen.»