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Bykow/Chomutow verzaubern die Schweiz und sorgen für Playoff-Spektakel

Die beiden Spieler, Slawa Bykow (links) und Andrej Chomutow (rechts), von Fribourg-Gotteron in AKtion, im November 1990. (KEYSTONE/Karl-Heinz Hug)
Als würde Gottéron heute mit Crosby und Owetschkin auflaufen: Bykow (links) und Chomutow.Bild: KEYSTONE

Bykow/Chomutow verzaubern die Schweiz und sorgen für Playoff-Spektakel

Im März 1990 gelang dem HC Fribourg-Gottéron der Transfercoup, der weltweit Schlagzeilen machte. Der Klub aus der hinteren Tabellenhälfte der NLA verpflichtete Wjatscheslaw Bykow und Andrej Chomutow, zwei der besten Spieler der Welt.
23.03.2020, 12:2823.03.2020, 13:46
Rolf Bichsel / Keystone-sda
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Perestroika, Glasnost und «Monsieur 100'000 Volt» Jean Martinet (verstorben 2016) ermöglichten den sensationellen Transfer. Fribourg stach sogar die Québec Nordiques aus der NHL aus. Slawa Bykow und Andrej Chomutow kamen als erste Spieler von Weltformat in die Schweiz; ihre Verpflichtung löste die turbulenteste Zeit in der Klubgeschichte Gottérons aus.

So stellten die «Freiburger Nachrichten» das Duo damals vor. Finde den Fehler …
So stellten die «Freiburger Nachrichten» das Duo damals vor. Finde den Fehler …bild: freiburger nachrichten

Vor der Ankunft von Bykow und Chomutow fand in Freiburg Spektakel primär neben dem Eis statt. Gottéron verschliss in fünf Jahren sechs Trainer und stand finanziell permanent am Abgrund. Anfang 1990 hatten sich die Jung-Internationalen Mario Brodmann, Mario Rottaris und Samuel Balmer eigentlich schon zum Transfer nach Lugano entschieden. Fribourg bat sie inbrünstig um Bedenkzeit. Als das Trio erfuhr, dass die Russen kommen, wollte keiner mehr weg. Paul-André Cadieux entschloss sich zu einem Comeback als Cheftrainer.

Der Präsident auf dem Trottinett

Aber zurück in den Frühling 1990, als sich um Chomutow und Bykow erst Gerüchte rankten. Die Playoffs liefen. Fribourg spielte als krasser Aussenseiter gegen Meister Bern. Im ausverkauften Hexenkessel St-Léonard ging es im zweiten Spiel hoch zu und her. Unvergessen die Prügelei zwischen Stürmer Mario Brodmann und Goalie Renato Tosio. Als Sieger nach Punkten ging Brodmann aus dem Fight heraus, weil er Tosios Handschuhe ins Publikum «verschenkte», was ihm eine Tracht Prügel von Berns Topskorer Alan Haworth eintrug. Die Prügelei verhalf Fribourg zum Sieg: Innerhalb von 183 Sekunden skorte Gottéron bei reduziertem Spielerbestand auf dem Eis drei Goals vom 2:3 zum 5:3 (Schlussresultat 5:4).

Zwei Fahnen an der Hallendecke erinnern an die Zeiten von Bykov und Khomutov waehrend dem Eishockey Meisterschaftsspiel der National League A zwischen HC Fribourg Gotteron und EHC Biel am Freitag, 17. ...
Schon lange hängen die Trikots der beiden Klublegenden unter Fribourgs Hallendach.Bild: KEYSTONE

Bern gewann später die Serie, an diesem Abend jubelte aber erstmals das «neue Gottéron». Präsident Martinet drehte mit dem Trottinett zum Gaudi der Fans Ehrenrunden auf dem Eis. Direktor, Grossrat und Hauptmann Martinet begriff als einer der ersten, dass Sport primär Show sein muss. Deshalb ging Martinet das finanzielle Wagnis mit Bykow und Chomutow ein.

Die Russen kommen!

Das führte ein Jahr später zum turbulentesten Spiel und zur aufregendsten Playoff-Serie auf Schweizer Eis. Bykow und Chomutow verbuchten schon in der ersten Saison beide über 100 Skorerpunkte. Fribourg (4.) traf im Viertelfinal auf Ambri-Piotta (5.). 60 Tore fielen in den fünf Spielen; Chomutow und Bykow erzielten 20 davon.

Im ersten Match feuerte Freiburg 70 Schüsse aufs Ambri-Tor ab, führte dreimal mit zwei Goals Vorsprung und verlor 5:6 nach Verlängerung. Ambri gewann die ersten zwei Spiele der Serie und besass beim Stand von 2:1 einen «Match-Puck» in der Valascia.

Einige Impressionen der beiden Magier.Video: YouTube/raaaaaaaul

Dann folgte jenes Spiel, das noch Jahrzehnte später die Gemüter erhitzte. Ambris Goalie Pauli Jaks wurde schon nach elf Minuten und vier Gegentoren ausgewechselt. Das Schützenfest ging munter weiter. Nach 46 Minuten stand es 7:7. Ambri ging in der 53. Minute erstmals in Führung. 75 Sekunden vor Schluss glich Gottéron zum 8:8 aus. 49 Sekunden vor Schluss gelang Brodmann das 9:8 für Fribourg. Mike Bullard traf tatsächlich noch für Ambri, allerdings Sekundenbruchteile nach der Schlusssirene. Es rächte sich für Ambri, dass die parteiischen Zeitnehmer zuvor bei mehreren Spielunterbrüchen beim Stand von 8:7 die Uhr hatten laufen lassen.

Die Ungekrönten

Nach diesem Drama fehlte Ambri in Spiel 5 die Kraft: Gottéron zog mit einem 7:2-Heimsieg erstmals in die Halbfinals ein, Bykow und Chomutow erzielten sechs der sieben Tore.

Danach war die Luft draussen und Fribourg scheiterte im Halbfinal mit 0:3 am SC Bern. In den folgenden drei Jahren führte der geniale Russen-Sturm Gottéron drei Mal in den Playoff-Final, zwei Mal als Qualifikationssieger. Doch auf den ersten Meistertitel warten sie an der Saane bis heute: Bern (1992) und Kloten (1993 und 1994) waren jeweils zu stark.

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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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das Otzelot
23.03.2020 14:30registriert April 2016
Auch als SCB Fan kommt man nicht umher, vor Bykow und Chomutow den Hut zu ziehen. Was die beiden aufführten war schlicht Weltklasse.
Was aber tierisch nervte, waren die beiden Satelliten Brodmann und Schaller.
Bin fast versucht zu sagen, dass selbst ich neben den beiden gut ausgesehen hätte.
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Auti Aare
23.03.2020 16:49registriert Dezember 2018
Noch als kleiner Junge nahmen mich meine Tante oder mein Onkel jeweils zu den Heimspielen mit. Unvergesslich, was die beiden Russen auf dem Eis zauberten. Ich bin froh, diese zwei Extraklasse-Spieler mehrmals live gesehen zu haben. Und mein Chomutow-Leibchen hab ich immer noch :-)
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LAZIO1900
23.03.2020 15:12registriert März 2019
Was viele nicht wissen, die Beiden wären eigendlich zuerst dem EHC Olten angeboten worden, allerdings wollte der Präsi seinerzeit keine Russen.. 🤪
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Bald wieder «grande»? Dank einem Umdenken und Goalie Schlegel ist Lugano wiedererstarkt
Der HC Lugano kann sich am Donnerstag (20 Uhr) im Showdown gegen den Qualifikations-Zweiten Fribourg-Gottéron erstmals seit 2018 für die Playoff-Halbfinals qualifizieren. Das ist auch einem Umdenken zu verdanken.

In den ersten fünf Saison nach der Einführung der Playoffs, die 1986 erstmals ausgetragen wurden, holte der HCL viermal den Schweizer Meistertitel. «Grande Lugano» war geboren. Bis 2006 kamen immerhin drei weitere Titel dazu. Seither aber waren die Final-Qualifikationen 2016 und 2018 das höchste der Gefühle. Zweimal verpassten die Bianconeri gar die Playoffs (2008, 2011).

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