Verliert Tom Lüthi erstmals seit 2002 seine Position als Nummer 1 aller Töffdinge an Dominique Aegerter? Das war die Diskussion in den Wochen vor dem Saisonstart. Vor dem GP von Katar in Doha.
Nun sind die drei freien Trainings und das Abschlusstraining gefahren. Und noch einmal hat Tom Lüthi den Lauf der Zeit angehalten, die alte Töff-Hierarchie auf und neben der Piste wieder hergestellt und seine Position als Nummer 1 behauptet.
In den freien Trainings schien sich die «alte Ordnung» aufzulösen: 4. Dominique Aegerter. 6. Tom Lüthi. Aber dann schlägt das «Imperium» zurück. Im Abschlusstraining (Qualifying), als es wirklich zählt, ist Tom Lüthi wieder vorne. Die Bestzeit verliert er erst in der turbulenten Schlussphase. Schliesslich steht er auf Position vier und damit in der zweiten Startreihe.
Dominique Aegerter erreicht hingegen seine Zeiten aus dem freien Training nicht mehr. Er muss das Rennen heute (18.15, live SFR Info) aus der vierten Reihe (11.) beginnen. Und es passt, dass die «Schweizer Illustrierte» vier Tage lang eine Fotografin und eine Chronistin nach Doha geschickt hat, um Tom Lüthis schöne und kluge blonde Freundin Fabienne Kropf zu portraitieren.
Die Aufmerksamkeit der Medien gilt eben immer noch dem 125er-Weltmeister und Sportler des Jahres 2005. Bis die «Schweizer Illustrierte» beim Töff-Saisonstart auch für Dominique Aegerter ins Morgenland reist, wird wohl noch einige Zeit vergehen.
Tom Lüthi ist die Erleichterung anzumerken. Dass er die Bestzeit verloren hat, bringt ihn nicht aus der Ruhe. «Natürlich ist es besser, aus der Poleposition zu starten. Da ist man zwei Meter weiter vorne. Aber es ist auch möglich, aus der zweiten Reihe ein Rennen zu gewinnen.»
Dominique Aegerter kann die Enttäuschung nicht ganz verbergen. Jetzt, als es das allererste Mal in dieser Saison zählte, hat er gegen Tom Lüthi verloren. «Ich war einfach zu nervös. Ich ging oft an die Box zurück um Änderungen vorzunehmen und am Ende hat es nicht gereicht.»
Dass seine letzte Runde gestrichen worden ist, weil nach einem Sturz – der zweitplatzierte Sandro Cortese erlitt einen Knöchelbruch und weiss noch nicht, ob er den Fuss in den Stiefel bringt und das Rennen fahren kann - die rote Flagge gezeigt wurde, spielt kaum eine Rolle: Er wäre dann halt 9. geworden und könnte aus der 3. Reihe starten. Immer noch hinter Tom Lüthi.
Aber Dominique Aegerter führt seine Nervosität nicht auf die grösseren Erwartungen zurück. «Ich bin im Abschlusstraining immer nervöser als im Rennen. Es geht nur um eine einzige perfekte Runde und damit habe ich nach wie vor Mühe. Im Rennen, wenn es über eine lange Distanz geht, bin ich ruhiger.» Der im Abschlusstraining eingehandelte Rückstand muss noch nicht viel heissen. Der «andere Berner» ist der beste Starter und er kann schon in der ersten Runde zum Tom Lüthi aufschliessen.
Und doch fällt eines auf: Vor einem Jahr war Tom Lüthi beim Saisonstart hier in Katar nicht dabei. Er kurierte zu Hause seine Sturzverletzungen aus. Und Dominique Aegerter war in Abwesenheit seines grossen Rivalen ruhiger, gelassener – und schneller: 5. im Abschlusstraining (2. Reihe) und 4. im Rennen.
Leidet Dominique Aegerter also doch an einem «Lüthi-Komplex»? Tom Lüthi war, als er seine Karriere begann, sein grosses Idol. Psychologen würden sagen, dass es sehr schwierig ist, ein Idol einfach einen ganz normalen Konkurrenten zu verwandeln. Solche «Küchentisch-Psychologie» mag Dominique Aegerter gar nicht. «Hört endlich auf mit diesem Gerede vom Lüthi-Komplex.»
Ein erster Schritt zur Überwindung dieses Komplexes wäre heute im Rennen ein Sieg gegen sein einstiges Idol. Dann hätte Tom Lüthi die helvetische Töff-Hierarchie vorerst nur für einen Tag und ein Training wieder hergestellt.