Das Meer, eine Strasse und niemand ausser mir: Schade bloss, dass sich bei meinem Besuch auf Spetses die Sonne nicht gezeigt hat. Bild: Ralf Meile
Als Rennvelofahrer ist man privilegiert, wenn man in der Schweiz lebt. Aber so wie auch andere Mütter schöne Töchter haben, gibt es natürlich auch in der Ferne Perlen zu entdecken. Etwa die Insel Spetses in Griechenland.
Kürzlich war ich dem Himmel nah. Nicht, weil ich mit dem Rennvelo hoch hinauf auf einen Pass fuhr. Sondern schlicht deshalb, weil ich gerade auf einer fantastischen Achterbahn unterwegs war. Hoch und runter ging's, immer wieder, Kurven ohne Ende und kein Verkehr – ein herrliches Vergnügen.
Wochen vorher hatte ich mich auf Ferien in Griechenland vorbereitet und war dabei auf diese Insel gestossen:
Die pinke Linie stellt die einzige Strasse der Insel dar. karte: spetses marathon
Das Herz jedes Rennvelofahrers schlägt höher, wenn er so eine kurvenreiche Strasse sieht. Und so suchte ich Informationen zur Insel zusammen. Spetses heisst sie, liegt neben der griechischen Halbinsel Peloponnes im Argolischen Golf und hat nur einen Haken: Sie ist nicht besonders gross.
Spetses an einem schöneren Tag als bei mir. Bild: Shutterstock
Aber die Recherche zeigte auch: Sie ist gar nicht sehr weit von unserem Ferienquartier entfernt, die Strasse rund um die Insel ist in einem guten Zustand und eine Runde ist 26 Kilometer lang. Immerhin. Roger Federer spielt ja auch nicht nur Fünf-Sätzer, sondern trägt Showspiele aus. Also fiel der Entscheid: Ab nach Spetses!
Mit dem Velo im Wassertaxi geht's rüber. Bild: Ralf Meile
Es war ein Entscheid, der sich lohnen sollte. Meine kürzeste Tour in diesem Jahr war ohne lange zu überlegen eine der allerschönsten. Auch wenn leider Helios, der griechische Sonnengott, Pause machte. Die Sonne schaffte es an diesem Tag nicht, sich einen Weg durch die Wolkendecke zu bahnen.
Kaum losgefahren, muss schon ein erster Foto-Halt sein. Bild: Ralf Meile
Die Fotos sind deshalb vielleicht weniger eindrücklich. Aber auf dem Velo ist man manchmal auch ganz froh, wenn die Sonne nicht auf einen herunter knallt. (Okay, ich lüge mich gerade selber an. Natürlich hätte ich noch so gerne unter stahlblauem Himmel geschwitzt.)
Fast hätte es die Sonne geschafft, doch sie blieb dann doch hinter den Wolken. Bild: Ralf Meile
Was den Genuss der Insel-Umrundung nebst den wunderbaren Aussichten aufs Meer noch so besonders macht, ist der Umstand, dass Spetses praktisch autofrei ist. Denn nur im einzigen Ort, der wie die Insel Spetses heisst, leben Menschen und die bewegen sich auf Motorrollern fort. Auf meiner Runde begegnete ich gleich vielen Joggern wie Autos: zwei.
Richtig steil ist es nirgends, aber flach eigentlich auch nie. Bild: Ralf Meile
Das vielleicht Einzige, was den Spass trübt, sind die auf die Strasse gemalten Kilometerangaben. Sie erinnern einen daran, dass das Vergnügen wie auf jeder Achterbahnfahrt endlich ist und dass man dem Ausgangspunkt mit jedem Pedaltritt näher kommt.
Wenigstens gab's keinen Regen, auch wenn es manchmal so aussah, als würde er gleich kommen. Bild: Ralf Meile
Zurück in Spetses blieb die Frage: Gleich noch eine Runde? In der gleichen Richtung? Oder in der Gegenrichtung ein zweites Mal um die Insel? Ich entschied mich für die dritte Variante: gemütlich in einem Hafencafé zu sitzen und den Tag so zu geniessen wie die kurze Fahrt zuvor. Im Wissen darum, dass etwas einmalig Schönes manchmal auch einmalig bleiben sollte. Am Festland locken schliesslich noch andere Pfade.
Wer weiss: Vielleicht bin ich eines – sonnigeren – Tages noch einmal in Spetses. Bild: Ralf Meile
Jemand hat seine Fahrt um die Insel gefilmt. Video: YouTube/Kyriakos Productions